Neue Forschungen zur Herrschaft Wertenstein
und den Baronen von Roussillon als Lehensinhabern
von Lothar Baus

Zeichenerklärung:
[...] drei Punke in eckigen Klammern = Auslassungen im Original
[ ] Text in eckigen Klammern = erläuternde Einfügungen
[?] Fragezeichen in eckigen Klammern = unentzifferbares Wort in Sütterlinschrift
Die Herrschaft Wertenstein, ein sogenanntes Afterlehen der Grafen von Oberstein, war
nur ein kleiner Punkt auf dem riesigen Flickenteppich von Herrschaftsgebieten im
ehemaligen Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Die Freiherren von Roussillon,
die zweitletzten Lehensinhaber vor der französischen Revolution, waren von 1690 bis
1754 damit belehnt. Seit dem Jahr 1748 kaufte die Benediktinerabtei Tholei Anteil für
Anteil von den Baronen von Roussillon und anderen Erben auf, bis sie 1754 im
vollständigen Besitz von Wertenstein war. Außer dem geschichtlichen Interesse an der
deutsch-französischen Adelsfamilie, ist ein literarisch-kulturelles mit dem Namen
Roussillon verknüpft. Aus dieser Familie stammte eine Goethe-Geliebte, von Goethe und
den Darmstädter Freunden und Freundinnen >Urania< genannt, nach einer der neun
Musen. Und wie bei einem alten Märchen aus längst vergangenen Zeiten, so ist auch hier
vom Staub der Jahrhunderte so viel zugedeckt worden, dass nur noch mit großer Mühe
einige wenige Spuren in Kirchenbüchern und Archiven zu finden sind. Bis heute konnte
nicht zweifelsfrei und eindeutig geklärt werden, ob nun die ältere Sophie Henriette (*
7.9.1727) oder die jüngere Henriette Alexandrine von Roussillon (*19.1.1745) Goethes
Freundin war. Da ich davon überzeugt bin, dass mehrere gewichtige Indizien für das
jüngere Fräulein von Roussillon sprechen, erfolgt meine Darstellung der Geschichte der
Barone von Roussillon aus der Perspektive von deren Eltern.
Henriette Alexandrine von Roussillon erblickte am 19. Januar 1745 in Saarbrücken das
Licht der Welt. Am 20. Januar wurde sie in der katholischen Basilika des heutigen
Stadtteils St. Johann getauft.
Der Vater, Rittmeister Franz Alexander Moritz Christian Ludwig von Roussillon (kurz
Ludwig oder frz. Louis genannt), Baron von Wertenstein und Freisen, war von Beruf
Offizier. Er wurde am 22.12.1700 als zwölftes Kind des Jacques de Rossillon und der
Johanna Louise, geb. Gräfin von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg, geboren. Er
entstammte einer typisch adeligen Offiziersfamilie, die, weil sie keine oder nur geringe
Einkünfte aus Grundbesitz besaßen, bei den Grafen und Herzögen ihrer Nachbarschaft in
Diensten standen.
Ludwig von Roussillon begann seine militärische Laufbahn auf die damals übliche Art
und Weise: er wurde zuerst Page; und zwar am Hofe des Markgrafen Karl von Baden-Durlach. Wie er selber in einem Brief an den Markgrafen erwähnt, lebte er seit frühester
Kindheit an dessen Hof. Am 21. September 1721 wurde er zum Hof-Juncker und
Fähndrich bei der Wöllwartischen Compagnie ernannt, die zum löblichen Baden-Durlachischen Schwäbischen Crays-Regiment zu Fuß" gehörte. Am 19. August 1723
widerfuhr Ludwig von Roussillon ein böses Mißgeschick, das schwerste Auswirkungen
auf sein ganzes späteres Leben haben musste. Er verletzte in alkoholisiertem Zustand,
während eines unsinnigen Geplänkels, seinen besten Freund und Regimentskamerad
Wilhelm von Teuffel zu Birkensee mit einem Degenstich am Auge. Die Wunde infizierte
sich, höchstwahrscheinlich durch unsachgemäße Behandlung, und der Freund starb am
31. August unter Krämpfen, es war wohl Wundstarrkrampf. Ludwig wurde verhaftet und
verhört. Das Protokoll über das Verhör wie auch seine ganze Militärakte liegt im
Generallandesarchiv Karlsruhe (Dienerakten Nr. 76/6414). Wegen des schroffen und für
ihn unehrenhaften Verhaltens seiner Vorgesetzten geriet er in Panik und floh in der Nacht
vom 12. zum 13. September 1723 aus seinem Gefängnis. Wenige Tage später, am 22.
September, ließ er folgendes >Bitt-Memorial< an den Markgrafen von Baden-Durlach
schreiben (das Schreiben ist eindeutig nicht von seiner Hand):
Durchleuchtigster Marggraf, gnädigster Fürst und Herr
Wann Ewgl. Hochfürstl. Durchl. weltberühmte erbarmungsvolle Gnad und Milde mir
nicht von Kindesbeinen an, mehr dann überflüssig bekan[n]t wäre, würde Ich, [ein]
durch das Verhängniß im höchsten Grad unglückseelig Gewordener, mich niemahlen
erkühnet haben, Ewgl. Hochfürstl. Durchl. /: die Ich durch mein, ach leyder! allzu groß
begangenes Verbrechen, allzu hart beleydiget zu haben in meinem biß in den Todt
betrübten Gemüth, zu doppeltem Leydwesen, meines ohnedem gequälten Hertzens
gnügsam empfinde :/ durch dieß mein aller unterthänigstes und höchst flehendliches
Bitte-Memoriale, zu beschwehren.
Da aber, Durchleuchtigster Marggraf, Gnädigst. Fürst und Herr! Ewgl. Hochfürstl.
Durchl. angebohrene hohe Clemence [Milde] männiglichen [im Sinne von: vielen],
sonderlich aber dero Getreuen, durch ein unglückerliges [unglückliches] fatum
gefallenen Diener und Unterthan, noch niemahlen versaget, wohl aber Gegentheils
höchst rühmlich zu statten kommen. Mein biß in den Todt mich reuend und quälender
Zustand Ewgl. Hochfürstl. Durchl. aber, ohne Weitläufiges anführen, mit allen
Umbständen sonderlich aus dem bey meiner Verhör geführten Protocollo zur Genüge
bekan[n]t, worauf Ich mich auch allhier beziehe, welches genugsam ausweiset, daß diese
unglückseelige Entleibung meines vorher jederzeit gewesenen besten Freundes
keineswegs vorsetzlich und promeditate, sondern bloß allein aus einer in der Natur
selbsten erlaubten Nothwehr, und zwar in Trunckenheit, beyder!, geschehen, daß
dannenhero Ich in meinem [?] und leydtragenden Hertzen tröstlich Vergebung von Gott
nicht nur empfinde, sondern auch das aller unterthänigste Vertrauen zu Ewgl.
Hochfürstl. Durchl. in tiefster Submission trage, dieselben in genauer Erwägung aller
Umbständen dieses Facti, mir dero gndl. Pardon nicht versagen, mithin mich in meine
biß dahin treulich geleistete Dienste, ohne Kränkung meines ehrlichen Nahmens, und
Verschimpfung meiner gantzen Familie, in Gnaden wieder auf- und anzunehmen gnädigst
geruhen werden. Item weiß ich gar wohl, daß durch meine Entfernung und heimliche
Echappirung aus dem mir höchst beschwerlichen Arrest, meine Sache nicht verbessert,
wohl aber verschlimmert, undt bey Ewgl. Hochfürstl. Durchl. mich in nicht geringen
Verdacht eines bößen Gewissens, und folglich in noch schwerere Ungnad gesetzt haben
werde.
Da aber, Durchleuchtigster Marggraf, gnädigster Fürst und Herr, der gerechte und
allwissende Gott hierin mein Hertz und Sinn am besten weiß, auch überdieß mein Verhör
sat[t]samb erweißet, daß Ich zu meiner Defension [Verteidigung] satis ponderosa
argumenta vor mir habe, und dannenhero gar keine Ursach gehabt, als trauete Ich
meiner gerechten Sachen nicht, mich aus dem Staub zu machen, sondern contestire
vielmehr bey meinem guthen Gewissen, daß die Furcht vor einem allzu lang währenden
und unleydlichen Gefängnüß verursachet, diese Resolution zu ergreifen. Wannenhero
Ewgl. Hochfürstl. Durchl. unterthänigst umb Gnad und Vergebung dieserthalben
fußfälligst anrufe, mit der noch weitern gantz flehendlichen Bitte, nicht nur das von mir
Begangene in Gnaden zu vergeßen, sondern auch mich in meine vorige Dienste
wiederumb gnädigst auf und anzunehmen, und mich also gegen alle meine Verfolger
kräftigst zu schützen. Sol[l]te Ich aber, gegen alles Verhoffen, in meinem dermahligen
elenden Zustand auch noch so unglückseelig seyn, daß Ewgl. Hochfürstl. Durchl. mich
dero Diensten dimittiren wollten, so sehe Ich zwar mein Unglück verdoppelt, und werde
also gemüßiget, der Fügung Gottes mich gedultig zu unterwerfen. Zu Ewgl. Hochfürstl.
Durchl. aber habe Ich dennoch das feste Vertrauen, daß dieselben in Regard meiner
denenselben von Jugend auf geleisteten treuen Diensten, und von denenselben in der Zeit
dargegen empfangenen unzählbaren hohen Gnadenbezeigungen, mir auf mein ferner
unterthänigstes Schreiben, darinnen Ich den Ort meines jetzigen Aufenthalts kund
machen werde /: welches, daß es dießmahls hierinnen nicht beschieht, Ewgl. Hochfürstl.
Durch. nicht ungnädigst nehmen werden :/ einen christlichen Pardon und hohe
Recommendation an andere Herrschaften, nebst einen ehrlichen Abschied zu nicht
geringem Houlagement, und desto beßerer Fortkom[m]ung in meinem betrübten Exilio in
allen Gnaden mittheilen werden.
Auch bitte Ewgl. Hochfürstl. Durchl. Ich nochmahls wehmütigst dieselben an mir die
Barmhertzigkeit erweißen, und mich wieder zu Gnaden annehmen, mithin in die bißher so
treu geleistete Dienste, umb Gottes und meines dermahligen elenden Zustands willen,
gnädigst restituiren, und da Ich so unschuldig in dieß Unglück gekom[m]en, mich nicht
gar verstoßen [zu] wollen.
Ewgl. Hochfürstl. Durchl. sage ich indeßen unterthänigsten Dank, vor alle mir von
Kindesbeinen an erzeigte hochfürstl. Gnade und bin bereit solche jeder Zeit mit Guth und
Blut hinwieder zu demeriren, der Ich niemahlen nachlaßen werde, vor Ewgl. Hochfürstl.
Durchl. hohes Wohlseyn, beständige Gesundheit, langes Leben und glückseel. Regirung,
den Höchsten inbrünstig anzuflehen. Mich aber empfehle zu beständig Hochfürstl. Gnad,
und in Erwartung einer erfreulichen Resolution, verharre in tiefster Submission
Datum, den 22ten September 1723
Unterthänigst treu gehorsambster Knecht bis in den Tod
Ludwig Christian von Rossillon
Erst nachdem seine Schulden, die er bei seiner Flucht zurückgelassen hatte, im Jahr
1727 zum Großteil beglichen waren, erhielt er vom Markgraf von Baden-Durlach das
gewünschte Pardon.
Vermutlich durch Protektion seines älteren Bruders Carl von Roussillon, der in
Diensten des Grafen Ludwig von Nassau-Ottweiler stand, erhielt Ludwig von Roussillon
eine Lieutenantsstelle beim Idsteinischen Kreis-Contingent; und zwar mindestens seit
dem Jahr 1726.
Im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden fand ich weitere Akten und Urkunden zur
militärischen Laufbahn des Ludwig von Roussillon. Wiederum ist mit großer
Wahrscheinlichkeit zu vermuten, dass er seine schnelle Karriere den Verdiensten seines
älteren Bruders Carl zu verdanken hatte. Nachdem am 6. September 1730 der Capitaine
Johann Eberhard Ludwig von Langel gestorben war, übernahm Carl von Roussillon an
dessen Stelle die Führung über das Idsteinische Kreis-Contingent. Ludwig von Roussillon
wurde vom Lieutenant zum Hauptmann befördert und zum Compagnie-Verwalter des
Ottweilerischen Kreis-Kontingents ernannt, der bisherige Compagnie-Verwalter, der
Major Philipp Henrich Schröder, zum würklichen Capitaine" bestellt.
Ernennung des Compagnie-Verwalters, Major Schröder, zum würklichen Capitaine"
Von Gottes Gnaden Wir Charlotta Amalia verwittibt und gebohrene Fürstin zu Nassau
/ect. ect./ thun kund und bekennen hiermit: Nachdeme unsers jüngern Prinzen Wilhelm
Heinrich Liebden bey vormahligem Abgang des bey dem Ottweilerschen Creyß
Contingent bisher als Hauptmann gestandenen Carl von Roussillon diesen nach
Absterben des von Langels die Itsteinsche Compagnie gnädigst anvertrauet worden hatt
[an Stelle] der bisherig Usingsche Compagnie diejenige vom Ottweilerschen und
Saarbrückschen Creyß-Contingent übernom[m]en, Wir [?] unseren Major und lieben
Getreuen Philippe Henrich Schroeder alß bißherig Compagnie-Verwalther gäntzlich
überlaßen und dieseswegen ihn als würklichen Capitaine in Gnaden bestellet. Alß[o]
haben wir diese unsere Resolution gnädigst unserm Major Schroeder in Gnaden anfügen
wollen.
In Urkunde deßen haben wir gegenwärttiges Patent eigenhändig unterschrieben [?]
Signatum Usingen, den 16. Oktober 1730
Carl von Roussillon wechselte von der Ottweilerischen Compagnie
zum Idsteinischen Kreis-Contingent
Von Gottes Gnaden Wir Charlotta Amalia verwittibt und gebohrene Fürstin zu Nassau
etc.etc. verkünden und bekennen hiermit: daß nachdeme der bey Unserem Itsteinschen
Creyß-Contingent bißher gestandene Capitaine Joh. Eberhard Ludwig von Langel
unterm 6. Septembris [1730] Todes verblichen und dann deßen erledigte Stelle wieder
anderwärtts zu besetzen. Wir darauf unsern bey der Ottweilerschen Compagnie bißher
gestandenen Hauptmann und lieben Getreuen Carl von Roussillon bey Unserem
Itsteinschen Creyß-Contingent in eben solcher qualité gnädigst declarirt und bestellet
haben. Alß haben wir Herrn Carl von Roussillon gegenwärtiges Patent, mit Unserer
eigenhändig Unterschrift [?] ausfertigen lassen. Signatum. Usingen, den 16ten Oktober
1730.
Hauptmanns-Patent für den bisherigen Lieutenant
Ludwig von Roussillon und Ernennung zum Compagnie-Verwalter
Von Gottes Gnaden Wir Charlotta Amalia, verwittibt und gebohrne Fürstin zu Nassau
/etc. ect./ verkünden und bekennen hiermit: Nachdeme Wir die durch das unterm [6.
Sept.] laufenden Jahres [1730] erfolgte Absterben des bey unserem Idsteinschen Creyß-Contingent gestandenen Capitain Johann Eberhard Ludwig von Langell erledigte
Compagnie und Hauptmanns Stelle dem bey unserer Ottweilerschen und Saarbrück'schen
Contingent biß anhero gestandenen Hauptmann Carl von Roussillon in Gnade conferirt,
dahingegen letztere Compagnie von unserem geliebten jüngeren Prinzen Wilhelm
Heinrich Liebden übernommen worden und so dann hierbey unsern bey dem Itsteinschen
Creyß-Contingent bißher gestandenen Lieutenant und lieben Getreuen Ludwig von
Roussillon bey der von unsers jüngsten Prinzen Liebden übernommenen oberrheinschen
Compagnie als würkl[ichen] Hauptmann und Compagnie-Verwalter zu declariren und zu
bestellen gnädigst resolvirt; also haben wir Ihm, Ludwig von Roussillon, darüber
gegenwärtiges Patent des Endes gnädig[lich] ertheilet, [um] sich bey dem löblichen
Creyß damit behörig zu legitimieren. Urkundlich Unserer eigenhändig Unterschrift [...]
Usingen den 16ten Oktober 1730
Im gleichen Zuge erhielt Carl Dietrich von Oheim die Lieutenants-Stelle bei der
Idsteiner Kreis-Compagnie, die der zum Hauptmann beförderte Ludwig von Roussillon
früher besaß.
Die Patente wurden von der verwittweten Fürstin Charlotta Amalia von Nassau
ausgestellt und unterschrieben, die die gesetzliche Vormünderin ihrer beiden Söhne war.
Lieutenants-Patent für Carl Dietrich von Oheim
Von Gottes Gnaden Wir Charlotte Amalia /ect. ect./ verkünden und bekennen hiermit:
Nachdem Wir Unsern bey dem Itsteinschen Creyß-Contingent bißher gestandenen
Lieutenant und lieben Getreuen Ludwig von Roussillon bey Unserer hierauf geliebten
Prinzen Wilhelm Henrich Liebden übernom[m]enen Compagnie also Hauptmann und
Compagnie-Verwalter vom Ottweilerschen und Saarbrückschen Creyß-Contingent zu
bestellen und bißherig und auch lieben getreuen Carl Dieterich von Oheimb an dessen
Stelle Lieutenant bey unserem Itsteinschen Creyß-Contingent zu declariren und zu
bestellen gnädigst resolvirt, alß haben Wir Ihm, Carl Dieterich von Oheimb
gegenwärttiges Patent darüber der Endes gnädigst ertheilet, um sich gemäs bey löbl.
Creyß Ausschreib- und Oberstes Ambt geziemend legitimieren zu können.
Urkundl. pp Signatum, Usingen, den 13. Octobris 1730.
Im gleichen Konvolut befindet sich eine Liste von allen Lieutenants, die in der
Idsteinischen Kreis-Compagnie dienten, bis zur Auflösung des Heiligen Römischen
Reiches deutscher Nation:
Acta betreffend die Besetzung der Lieutenantsstelle
bey der Idsteinischen Kreis-Compagnie
Ludwig von Roussillon [bis 1730]
Carl Dietrich von Oheim [ab] 1730
Wilhelm Heinrich von Bendleben 1741
Johann Erasmus von Laßberg 1747
Georg Albrecht Adrian von Specht 1751
Hans Christian Ernst von Spitznah 1756
Johann Friedrich Carl von Schott 1763
Friederich August von Hayn 1766
Friedrich Wilhelm von Maltitz 1767
Carl August Sigismund von Ziegesar 1776
Johann Wilhelm von Hayn 1779
Carl Franz Ludwig Marschall von Bitterstein 1791
[Vorname unbekannt] von Eptingen 1794
Ein Grund, weshalb die Freiherren von Roussillon schließlich die Herrschaft
Wertenstein mit umliegendem Grundbesitz verkaufen mussten, war der Kinderreichtum
ihrer Eltern. Außerdem musste man, wenn man beim Militär Karriere machen wollte,
seine Hauptmanns-Charge sozusagen kaufen. Kurt Hoppstädter schrieb dazu treffend in
seinem Artikel >Der Saarbrücker Hofadel im 18. Jahrhundert<: Unter den Familien des
Hofadels besaßen nur die eine solide Grundlage für ihre Existenz, die über Vermögen
verfügten oder im Lande draußen einen Besitz hatten und ihren Salär, den ihnen der Fürst
gewährte, als angenehmen zusätzlichen Nebenverdienst betrachten konnten. Viele aber
entbehrten dieses Rückhaltes und, da ihnen ihr Stand und ihre Stellung bei Hofe gewisse
Verpflichtungen hinsichtlich ihres Auftretens und ihrer Kleidung auferlegten, blieb oft
Schuldenmachen der einzige Ausweg."
Als im Jahr 1734 der Polnische Erbfolgekrieg ausbrach und die französische Armee bis
an den Rhein bei Mainz vorrückte, begannen die rechtsrheinischen Staaten eilig ihre
Streitmacht aufzurüsten. Dies war der Anlass für Ludwig von Roussillon, seinen Bruder
Christian, der als der Älteste mit der Herrschaft Wertenstein belehnt worden war, um
einen Vorschuss zu bitten aus dem noch auszubezahlenden elterlichen Erbteil. Er und
auch sein Bruder Carl brauchten das Geld dringend, um sich Feld-Equipage (Feld-Uniform) anschaffen zu können.
Er schrieb am 11. Mai 1734 von Usingen aus (Der Brief liegt zwischen den
Notariatsakten des Amtes Schaumburg zu Tholei, Seite 546):
[Der Anfang fehlt]
[?] könt danach, wan alles das Capitale nicht stehen solle, bis zu seiner Abtragung in
Kürze wieder sehe [?] mich die Obligation eine Rahte [?] ich verlasse mich auf der
Brüder, kan ein ander Mahl wieder [?] ihr mich bereit mich wan es jetzt nicht so hoch
nödig hette, so wolle er nicht begehren. Aber wie er [Carl von Roussillon] bericht, sich
in Felt-Equipage zu setzen, da erfordert es viel Geld, ich will auch hoffen, ihr wird zu
daime [daheim] sein glücklich ankome. Hir ist noch alles ganz wohl, mich könen erst von
[?] von der Schnepenjacht, an dasige sämptliche hohe gnädige Herrschaft mein ganz
unterth. [Kompliment?] bitt' zu machen, womit [?]
beharre, mon chère frère,
Usingen, le 11 Marty 1734
Votre très humble et très obeissant serviteur et fidele frère
Louis de Rossillon
Seite 547: 2. Brief des Ludwig von Roussillon an seinen Bruder Christian von
Roussillon, Herr von Wertenstein:
[Der Anfang fehlt]
[?] als schon geschossen kompt. Der Corporal [?] man strich nager [nach] Ottweiller
beurlaubt und mir gegenwerdigeß Schreiben von Hr. [?] und dem Atvokaten Huard wie
ich es bräuchte [?] ihr schleunigst hin umb die Sache zu befördere, Er möchte sich aber
wohl angett manquiren, da aber nun die Sache so weit gekome, es der Familie zum besten
gereiche, so müßt ihr auch was dazu aufnehme, aber ich bitte, es auch dahin zu besten
anzuwende und weill ihr nun ohnedem auf Zweybrücken gehen wolt, so [?] es so viel
neher macht mir, daß die Sache entlich quitt ausgehet nachbalt und [?] bekannt mitt den
Herrn Foregnie [Feignies] 40 bis 50 G(ulden) werden wohl in allem daher hinreichend
sein,
ade mon chère frère, lebt wohl, ich bin
izt in Biberich [Biebrich bei Wiesbaden] L[ouis] de R[ossillon]
Ein Jahr später brauchte Ludwig von Roussillon wiederum dringend Geld, zur
Beförderung meiner Ehren", wie er an seinen Bruder Christian schrieb. Der Major
Schröder hatte den Dienst quittiert und ihm wurde die Stelle des würklichen Capitains",
das heißt des Hauptmanns der Ottweilerischen und Saarbrückischen Kreis-Compagnie
angeboten.
Notariatsakten des Amtes Schaumburg zu Tholey, Seite 548: 3. Brief des Ludwig von
Roussillon an seinen Bruder Christian von Roussillon, Herr von Wertenstein:
Mon très chère frère
In Folge unserer letzten Abrede [?] Sie bey den Krämer mit der Folmacht, daß ihr,
mon chère frère, solt in Nahmen meiner 200 G[ulden] aufnehmen, welche ich zu
Beförderung meiner Ehren anjetzo von Nöthen habe, weilen nun der Hr. Maior Schröder
quidire wird und ich dessen Compagni bekommen werde. Obgedachte zweyhundert
Gulden sollen auf die Freysener Rende versichert werden und solle der Schulteiß alda die
Pension verrichte, auch mit dieser Clausule [Klausel], daß woferne ich das Leben
behalten solle, ich selbige ohne der Familie beschwerden selbsten abdrage werden,
widrigen Falls aber daß ich for dem Feind oder sonsten sterben würde, da solle der
Creditor oder der Darlehner des [Kapitals] sich [?] ob besagte Sum[m]a der 200
hundert Gulden an meinem Erbentheil erhalle und durch Kraft dies mit und ohne Recht
bis er durch einer meiner Gebrüder oder deren [Erben] abgedragen würde, auch solle
bis dahin die Pension durch den zeitigen Schulteißen zu Freysen järlig richtig
abgedragen werden. Bitte auch, mon chère frère, in die Folmacht wan's dienlich oder
angenome wird, setzen zu lassen, daß ich ein hundert Gulden für das erste Mahl abdrage
ließe, und nachgehents das Übrige auf daß es mir nicht zu schwer fiele und ich der
Interesse [Zinsen] in soweit auf eine Zeit das ganze Capitale übergebe werde. Es were
mir ein großer Gefallen, wan ihr mache dettet, daß ihr solches zu [?] bekome köntet,
weile bey jetzige Conjuncturen es geferlig werde, dan mir [?]sampt [samt] dem Gelt weg
genommen werden könde.
Der Erstgeborene des Jacques de Rossillon, Christian, erbte das Lehen Wertenstein und
damit die Herrschaft über einige Dörfer in der Umgebung. Nach dem Tod seiner Frau
Maria Charlotte Juliane, geb. Baronesse von Wangelin, im Jahr 1733, geriet er in immer
größere finanzielle Schwierigkeiten. Er hatte dreizehn Kinder zu versorgen, wie sein
Vater. Die Schulden begannen dem Herrn von Wertenstein schließlich über den Kopf zu
wachsen. Offensichtlich verkaufte er um das Jahr 1737 die Herrschaft an seinen jüngeren
Bruder Ludwig (Louis) von Roussillon. Ich fand im Testament der Catharina Christiana
von Roussillon auf einer Liste mit unbezahlten Waren des Christian von Roussillon die
Anmerkung: alß Herr Louis von Roussillon die werdnsteinisch Guther [Güter]
übernommen [hat] hat er auch die Schulden zu zahlen sich anheischig gemacht".
Erstmals im Jahr 1737 quittierte Ludwig von Roussillon den Erhalt der Flachsabgaben
der Untertanen von Freisen: 1737, 38 Pfd. Flachs je Hausstatt [erhalten] am
29.12.1737: Ludwig von Roussillon".
Das Lehen Wertenstein wurde offensichtlich 1737 von Christian von Roussillon an den
jüngeren Bruder Ludwig übertragen; dieser übernahm als Gegenleistung alle Schulden
seines Bruders. Ein notarieller Vertrag über diese Transaktion ist nicht bekannt, wurde
wahrscheinlich auch nicht erstellt. Nach dem Tod des Ludwig von Roussillon im Jahr
1745 sollte deswegen seine Ehefrau Maria Anna von Roussillon in große finanzielle
Schwierigkeiten geraten.
Am 23. März 1737 kaufte Ludwig von Roussillon von einem weiteren Bruder, Hans
Friedrich von Roussillon, durch notariellen Vertrag dessen Viertelanteil ab:
Notarielle Überschreibung des Erbanteils am Lehen und Grundbesitz der Herrschaft
Wertenstein des Friedrich von Roussillon an seinen Bruder Ludwig von Roussillon
vom 23. März 1737, Prévoté Schaumburg, Band 4, Tabellion Blandin
Kundt zu wissen und offenbar seye jedermänniglichen so gegenwärtig er Instrument [zu]
sehen oder hören dieß: so daß auf heute dato den dreyundzwanzigsten Marty des Jahres
siebenzehenhundertdreißigundsieben vor mir dem unterschreibenden geschwornen
Tabellion General in dem Herzogthumb Lothringen residirent in dem Ambt Schaumburg
zu Tholey, anjetzo mich befindent in dem Schloß Wertenstein und in Gegenwart derer auf
der nachgenan[n]ten hierzu legitime requirirte glaubwürdigen Gezeug [Zeugen];
persönlich kommen und erschinen ist: der hochwohlgebohrene Herr, Herr Friederich
Freiherr von Roussillon, Herr zu Wertenstein, Freyßen und anderen Orten, jetztmahliger
unter seiner Römisch-Kayßerlichen Königlichen Katholischen Majestät, des
hochlöblichen Regiments von Waldeck zu Fuß wohlbestel[l]ter Lieutenant, welcher
vorbracht und vor mir frey öffentlich zu verstehen gegeben was gestalten Er durch einen
steten, festen immer wehrenden und unzerbrechlichen Kauf zu kaufen und zu verkaufen
geben, cediret und abandoniret, bester Weise es dann auch geschehen kann oder mag,
dem auch hochwohlgebohrenen Herrn, Herrn Ludwig, Freiherr von Roussillon, Herr zu
Wertenstein und Freyßen und anderen Orten, jetztmahligen Haubtmann unter dem
hochlöblichen Nassauischen Regiment zu Fuß des Oberrheinisch Crayßes, alß seinem
Herrn Bruder, all seine Prätension und Ihme zukommende Erbschaft schon erwehnte
Herrschaft Wertenstein, bestehend in einem vierten Theil in den sogenannten Dörfern
Frayßen, Weyersbach, Bleiderdingen, Heimbach und Leitzweiler, wie dann auch in den
Höfen Weibweiler und Wallenberg und das bey letzterer Commission hießiger Herrschaft
cedirten Lands auf dem Weyersbacher Berg gelegen, begreifend ohngefehr dreyhundert
Morgen, in ausgemachter vierter Theil bestehen kan[n] oder mag, es seye an Regalien,
Jurisdictionalien, Renthen und Gefällen, Hoch- Mittel- und Niedergerichtigkeiten,
Unterthanen, Frohnden, Bett, Zinßen, Gülten, Zehenden [?] Jagdten und [?] in [genauer]
Summe sich es [?] noch vorbehalten, es möge solches alles herkommen in oder außer
dem Landt, vor und umb die Summa zweytaußend und zweyhundert Gulden rheinischer
Wehrung, jeder Gulde zu sechzig Creutzer gerechnet, wovon achthundert Gulden Herrn
Verkäuffer schon bester Seyts erlegt worden und worüber Er Hr. Käuffer bestens quittiret
auf deßhalbe die Exception non numerat pecunia völlig renunciret, die übrige
vierzehnhundert Gulden sollen in zweyen Terminen folgender Gestalt erlegt werden, daß
wann Herr Käuffer sich [ver]heirathen würde oder sol[l]te, Er [an] Herrn Verkäuffer
alßdann vierhundert Gulden bezahlen solle, die restirende taußend Gulden aber nach
Verfließung zweyer Jahren von heute dato an, wobey dann ausdrücklich verabredet
worden, daß wenn geg[en] Verhoffen Herr Verkäuffer durch ein Unglücksfall oder
sonsten sol[l]te undienstbar werde[n], und sich dißfalls nicht mehr kön[n]te vorstehen, so
verspricht Herr Käuffer Ihne zu unterhalten sein Leben lang und solle zugleich zu
verzehren haben einhundertfünfzig Gulden vorgemelter Wehrung, so Er in allem Fall
doch zu genießen haben solle, alß gehörig zum Kauffschilling und fangt solche
Genießung, nach Verfließung zweyer Jahren wie oben gemelt [im Sinne von: angegeben],
und cessiret nach seinem Absterben des Herrn Verkäuffer, welcher sich krafft dießes,
vorgemelter seiner Praetensionen und Erbschafft [selber] enterbet vor [für] sich und seine
Nachkommende zu Ewigen Zeiten, tenuncirend auf alle Exceptionen und Beneficia Juris
sie mögen Nahmen haben wie sie wolle, erdacht sein oder nacherdacht werden, welcher
[alle] Partheien also eingewilliget, und versprochen zu halten und der Obligation aller
Ihrer anderer Hab und Güther, gegenwärtiger und zukünftiger, dessen in specie Ihrer
hochfreyherrlichen Gnade Herr Christian von Roussillon auch zu finden, welchem man
die Praeferentz dießes Kauffs gegeben hat worden, alles getreulich und ohne einigen
Spitzfund noch Arglist. So geschehen Wertenstein Tag und Jahr wie vorgemelt, in
Gegenwart des hochwohlgebohrenen Herrn Joseph Florent Freyherr von Feignies, Herr zu
Gonnesweiler, Tholey und anderen Orten und dem Herrn Philipp Henrich [?] vorzeit
Advocatus zu Birkenfeldt, wozu man auch erbath die Ehrsamen Johannes Schneider und
Michael König, Schultheiß und Gerichtsleut zu Hopstätten alß Zeugen, so sich nebst
obgemelter Parthei eigenhändig unterschrieben.
Fr[iedrich] von Roussillon
Ludwig von Roussillon
Christian von Roussillon Herr zu Wertenstein
F. J. Freyherr von Feignies [der Schwager des Ludwig von Roussillon]
Ludwig von Roussillon war im Jahr 1737 sozusagen formell im Besitz von drei
Vierteln an der Herrschaft Wertenstein, hatte aber dafür hohe Schulden machen, bzw.
noch die Schulden seines Bruders Christian mit übernehmen müssen. Schulden zu haben,
das war schon immer eine gefährliche Sache. Außer dem unangefochtenen Besitz der
Herrschaft Wertenstein erhoben die Barone von Roussillon noch Erbschaftsansprüche an
der sogenannten Winterhauch, einem großen Waldgebiet zwischen Oberstein und
Baumholder. Jedoch dieser Besitz war nicht frei verkäuflich, da noch bei den höchsten
französischen und deutschen Gerichten um die Erbschaftsrechte mit dem Grafen
Christian Reinhard von Leiningen-Heidesheim gestritten wurde. Darauf werde ich weiter
unten noch ausführlich eingehen. Höchstwahrscheinlich spekulierte Ludwig von
Roussillon auf einen günstigen Ausgang des Winterhauch-Prozesses. Doch der zog sich
länger hin, als im schlimmsten Falle befürchtet. Er dauerte nicht nur Jahre, sondern
Jahrzehnte. Mit dem Erlös aus dem Verkauf seines Ertbteils an der Winterhauch, hätte er
wohl mit einem Schlag ein Großteil seine Schulden tilgen können.
Zu allem Unglück meldeten sich jetzt unvermutet weitere Verwandte, die
Erbschaftsansprüche auf einen Teil der Herrschaft Wertenstein zu haben glaubten. Eine
Tochter des Jacques de Rossillon und seiner Gemahlin Johanna Louise, geb. Gräfin von
Leinigen-Dagsburg-Falkenburg, namens Louise (* 20.10.1685), heiratete den Bürger
Stefan Hild, Sohn eines Weiersbacher Schuhmachers. Mit ihm hatte sie drei Söhne. Diese
bekamen Kenntnis von dem Versuch des Ludwig von Roussillon, die Erbanteile seiner
Brüder aufzukaufen. Da ihre Mutter Louise, geb. Freiin von Wertenstein, bereits
verstorben war, wandten sich die Gebrüder Hild an ihre Onkel Carl und Ludwig von
Roussillon und forderten von ihnen ihr mütterliches Erbteil an dem Lehen, dem
Herrenhaus Wertenstein und dem umfangreichen Grundbesitz, über 300 Morgen Land
und zwei Bauernhöfe namens Weibweiler und Wallenberger Hof bei Heimbach/Nahe.
Eigentlich wäre ihr Erbanspruch nur ein Sechstel gewesen, denn es lebte noch eine
Schwester ihrer Mutter, das Fräulein Catharina Christiana von Roussillon, in
Saarbrücken. Da diese jedoch keine Ansprüche an das Erbe stellte, bzw. die Hild nicht
bei der Durchsetzung ihrer Forderung gerichtlich unterstützte, erhöhte sich der Anteil der
Gebrüder Hild auf ein Fünftel.
Nach dem Lothringischen Landrecht, frz. Coutumes Generales de Lorraine, besaßen die
weiblichen Kinder aus dem sogenannten höheren" Adel kein Erbrecht am Lehen. Sie
wurden mit Geld aus dem Vermögen ihrer Eltern abgefunden. Ludwig von Roussillon, in
rechtlichen Dingen wahrscheinlich beraten von seinem Schwager Joseph Florentin de
Latre de Feignies, stellte sich selbstbewusst auf den Standpunkt, dass die Familie von
Roussillon zum höheren Adel zu zählen sei und er deswegen den Kindern seiner
Schwester Louise, die einen Bürgerlichen geehelicht habe, nichts vom Lehen ausbezahlen
müsse. Zumindest würde ihnen nicht das verlangte Sechstel oder Fünftel vom
Gesamterbe zustehen.
Gewiss versuchten die Gebrüder Hild zuerst auf gütlichem Wege zu einer Einigung mit
ihren adeligen Verwandten zu gelangen. Mehrere Briefe wurden gewechselt, jedoch der
Onkel Ludwig von Roussillon versuchte, die endgültige Entscheidung auf den St.
Nimmerleinstag hinauszuschieben. Schließlich klagten die Gebrüder Hild vor dem
Conseil d'État zu Lunéville auf Auszahlung eines Fünftelanteils an der Herrschaft
Wertenstein, das Erbteil ihrer Mutter Louise Hild, geb. Freiin von Roussillon. Um mit
ihrer Forderung bei Gericht Recht zu bekommen, mussten sie jedoch eine unehrenhafte
Familiengeschichte preisgeben. Und zwar wußten sie, dass ihre Großmutter Amelia
Sibylla, geb. Gräfin von Dhaun-Falkenstein, mit ihrem Mann, dem Grafen von
Leiningen-Dagsburg-Guntersblum, nur in einer sogenannten Gewissensehe" lebte und
nach zehn Jahren Ehe von diesem verstoßen wurde. Diese Tatsache genügte
offensichtlich dem französischen Gerichtshof zu Lunéville, um den Freiherren von
Roussillon die Ehre einer altadeligen Familie abzuerkennen. So kam es, dass die
Gebrüder Hild, gegen alle Erwartung des Barons Ludwig von Roussillon und seines
Rechtsberater, des Barons de Latre de Feignies in Gonnesweiler, beim Conseil d'État zu
Lunéville den Prozess gewannen. Am 15. Janaur 1739 erging das Urteil, das die
Beklagten Carl und Ludwig von Roussillon auf Auszahlung eines Fünftels der Herrschaft
Wertenstein verurteilte.
Am 5. März 1739 erging ein zweites Urteil des Conseil d'État, in welchem Ludwig von
Roussillon aufgefordert wurde, eine Erklärung bei Gericht abzugeben über alle Einkünfte
aus den ererbten Gütern seit dem 25. Oktober 1726, seit dem Tode seiner Mutter Johanna
Louise von Roussillon.
Am 20. August 1739 erging ein drittes Urteil, worin die Beklagten Carl und Ludwig
von Roussillon aufgefordert wurden, innerhalb eines Monats die Urteile vom 15. Januar
und 5. März des selben Jahres umzusetzen.
Nun kam es offenbar wiederum zu einem länger andauernden Briefwechsel zwischen
den Gebrüdern Hild und ihren adeligen Onkeln Carl und Ludwig von Roussillon. Es
vergingen vier Jahre, da beschlossen die drei Gebrüder Hild, in die Heimat ihrer Mutter
zu reisen, um mit ihren adeligen Verwandten persönlich zu einer gütlichen Einigung zu
gelangen. Wie der Zufall es wollte, befand sich der Hauptmann von Roussillon ebenfalls
in der Nähe, nämlich bei seinem Schwager, dem Baron de Latre de Feignies in
Gonnesweiler, das nicht weit von Hoppstädten-Weiersbach entfernt liegt. In einem Brief
an die Gebrüder Hild signalisierte der Baron von Roussillon schließlich, dass er gewillt
sei, sich gütlich mit seinen Neffen zu einigen.
In der allergrößten Vorfreude auf einen positiven Ausgang des jahrelangen
Prozessierens, reisten die Gebrüder Hild nach Hoppstädten-Weiersbach.
Aber der Hauptmann von Roussillon, in seiner großen finanziellen Not - zu viel Geld
hatte der Erwerb der Herrschaft und das jahrelange Prozessieren gekostet - spielte mit
falschen Karten. Der Bürgermeister von Weiersbach hatte seine Instruktionen. Er machte
die drei Gebrüder Hild mit viel Branntwein betrunken. Anschließend wurden sie nach
Gonnesweiler gefahren. Hier lud man sie direkt vorm Wirtshaus aus, wo sie wiederum
viel Wein zu trinken erhielten. Als sie völlig betrunken waren, kamen die beiden kleinen
Söhne des Hauptmann von Roussillon, um sie zum Herrenhaus des Barons von Feignies
zu führen. Mit großer Freundlichkeit wurden sie von ihrem Onkel, dem Baron von
Roussillon, dessen Frau Gemahlin und dem verwandten Ehepaar von Feignies
empfangen. Man bedauerte gegenseitig, dass man sich nicht früher gütlich geeinigt und so
viel Geld an Advokaten und Gerichtskosten vergeudet habe. Der Hauptmann von
Roussillon war auch keineswegs knauserig. Er akzeptierte ohne langes Feilschen ihre
Forderung von fünftausend Écus d'Empire und noch dazu die Erstattung aller Kosten, die
sie im Zusammenhang mit der Durchsetzung ihrer Ansprüche bis heute hatten. Der
Einigungsvertrag wurde von dem Baron Joseph Florentin de Feignies eigenhändig
aufgesetzt und die Madame de Feignies führte dem Carl Hild sogar die Hand bei der
Unterschrift unter den Vertrag, so betrunken war er gewesen. Zum Abschluss des
Vertrags spendierte der Hauptmann von Roussillon noch ein Glas Schnaps für alle, um
auf die gütliche Einigung anzustoßen. Dann wurden die Herren Hild wieder zurück ins
Wirtshaus geführt, wo sie übernachten konnten. Ein wahrhaft herzliches Familientreffen
und man solle noch einmal etwas gegen die Adeligen sagen, von wegen alle Ausbeuter
und Blutsauger.
Am anderen Tag, als die Gebrüder Hild ihren Rausch ausgeschlafen hatten, kam die
doppelte Ernüchterung. In dem Vergleichsvertrag, den einer von ihnen in seiner
Manteltasche fand, stand anstatt fünftausend Écus d'Empire nur - fünfhundert. Sie hatten
den Vertrag unterschrieben, ohne ihn vorher genau durchgelesen zu haben.
Sofort rannten die Herren Hild zum Haus des Freiherrn von Feignies, um den
Hauptmann von Roussillon zu sprechen und den offensichtlichen Irrtum zu berichtigen.
Doch dieser war mit seiner Familie bereits abgereist. Auch der Baron von Feignies war
nicht mehr für sie zu sprechen und hinter dem Eingangstor standen zwei bewaffnete
Bediente mit drohenden Mienen. Da wussten die Gebrüder Hild, dass sie von ihrem
Onkel betrogen worden waren. Jetzt fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen. Es war
die gleiche Methode, wie man beim Militär junge Rekruten anwirbt. Man macht sie
betrunken und wenn sie nicht mehr wissen, was sie tun, lässt man sie einen Revers
unterschreiben, in welchem sie sich für viele Jahre zum Militärdienst verpflichten. Ihre
Gutgläubigkeit und Vertrauensseligkeit hatte sie so leichtsinnig und blind werden lassen.
Mehrere Tage suchten sie verzweifelt nach Rat und Unterstützung. Ihre Rechtsanwalts-
und Gerichtskosten überstiegen bei weitem die Summe von 500 Ecus. Schließlich fanden
sie den Weg zum Notar der Prévoté Schaumburg in Tholei. Hier gaben sie folgende
Aussage zu Protokoll:
Notariat der Prévoté Schaumburg, notarielle Niederschrift Nr. 149
[Seite 336]
Aujourd`hui seizième décembre milseptcentquarantetrois [1743] pardevant le tabellion
général au Duché de Lorraine résidant en la prévôté de Scha(u)mbourg à Tholaye
soussigné et en présence des témoins dignés de foy cy après nommés sont comparus
personnellement vers les huit heures du matin en notre tabellionage les sieurs Jacque,
Michel et Charles les Hild; le premier sergeant au régiment de Normandie en garnison à
Cambrai, les deux autres soldates dans Royale artillerie bataillon de Varesse la garnison à
Grenoble, actuellement à Weyersbach tous résidants [Seite 337] les quels ont declaré
qu`ayant procu au Conseil d'État du Roy indécise au sujet de la succession de demoiselle
Louise de Roussillon feu leurs mère concernant la seigneurie de Wertenstein et autres
prétentions contre les Sieurs Charles, Louis, Frederick et la demoiselle Christiane de
Roussillon leurs oncles et tante maternelle de sorte que trois arrêtes seraient déjà
intervenu dont le dernier leurs était inconnu jusqu' [aujourd`] huy et que le procès était
prêt à être décidé sur la fond de la constitution et comme les dits Sieurs Charles et Louis
de Roussillon ont reconnu leurs bon droit et qu`ils ne pouvaient en obtenir gain de cause
contre les comparants lesquels ont fait suffisement reconnaître par leurs lectures et pièces
produites qu`ils étaient véritables héritiers les ont recherché différente fois pour une
accommodement et enfin par leurs subtils arcifius et leurs solliciteurs préposés à cet effet.
Notament le sieur Jacob Schneider prévôt local de la dite Seigneurie de Wertenstein qui
par beaucoup d'eau de vie les à totalement grisé. Ils se sont transportés au lieu de
Gondesweiller où on les fit appeler au cabaret ou ils ont encor [?] beaucoup de vin
aujourd'hui pour de dimanche de quoy les fils de Roussillon était informés de leurs
situation et qu`ils étaient hors de raison les firent appeler au domicile du S[ieu]r Baron
[Seite 338] de Feignies beaufrère dudit S[ieu]r Louis de Roussillon et profitant de ce
moment pour subtiliser un accommodement sur la demande faite par les comparants de la
somme de trente cinq mille livres outre les frais et dépenses daproles, leurs jardin ad
verses. Les voyant sans raison ne sachant ce qu`ils faisaient par leurs discours la
gagement et celle promise leurs ont présentés a les chandelle vers les six heures du soir
un accommodement du quel ils n`avaient aucune connaissance et dressé à leurs désir,
qu`ils leurs ont fait signer sans savoir la teneur de celuy cy qui est si vray qu'on n`était
obligé de conduire la main au dit Sr. Charle Hild, différentes fois, la première fois par
Madame de Feignies et la seconde par le Sieur Wahlen son baillif de cour ont donné et
obligé de prendre une somme de quinze Ecus d' empire qu'il ont trouvé ce matin à leurs
poches et aujourd` huy matin étant dégrisé ils ont reconnu la surprise manifeste pour
qu`ils comptaient trouver dans leurs accommodement cinq mille Ecus argent d' empire
outres les frais et dépens dont les dites sieurs et dames de Roussillon devaient être
chargés d'acquitter jour à qu`il leurs advenait de la dite [Seite 339] succession quoi qu`il
leurs en advint d'avantage suivant les prépositions qui on [?] fait entre les [?] cy devant et
au lieu des cinq milles il ne s`entrouvant que cinq cent insent en le ditte accommodement
ce qui fait retard considérable aux comparants, la [?] est d' autant plus clair voyant qu`ils
ont antidite le dit accommodement du quatorze décembre tandis qu`elle a été passé les
quinze jours d`hier et dimanche ayant bien préconnu que les comparants était surpris de
boisson et [?] de la baratine l' accommodement serait nul s`il on le datait du même jour et
le improcesse de deux témoins suspecte ne (»schprechent«?) la langue francaise dans lui
le S[ieu]r W le S[ieu]r Vahlen baillif et l`autre Jean Vassendiller prevôt local et [?] du dit
Sieur de Feignies beau frère de S[ieu]r Louis de Roussillon qui lui même à écrit
l'accommodement; c`est pourquoy les dits comparants ont protesté protestant
formellement contre le dit accommodement surpris aux fins qu`il ne puisse leurs [?] ny
préjudicier on facon quelconque et déclarant qu`ils seront pouvoir contre juliy au Conseil
d'État du Roy pour le faire déclarer nul et comme non avenu même pour se faire relever
de leurs [Seite 340] signatures surprises dans la boisson [?] de [?] et jour de dimanche et
encore unitament le tous sans préjudice tante au principal usufruits dommages intérêts et
dépenses aussi que de raison aux déclarations en outre qu`ils feront mettre le dernier arrêt
obtenu contre les dits sieurs de Roussillon a circulation dont acte fait et passé les ans et
jours avant dit en présence des Sieurs Francois Robert, Sergent en la prévôté de
Scha[u]mbourg et tous les [?] Tholaye, témoins (à leveguis?) les quels ont signés avec les
parties après [?] lecture faite [?] que nous la langue francaise.
[Unterschriften] Jacque Helt, Michel Helt, P. C. Hild, F. Robert (Tabellion)
Unleserlich Unleserlich Unleserlich [Unterschriften der Zeugen]
Die deutsche Übersetzung lautet:
[Seite 336]
Heute den sechzehnten Dezember tausend siebenhundert vierzig drei [1743] vor dem
Generalnotar im Herzogtum Lothringen, amtierend in der Prévauté Schaumburg zu
Tholey, unterzeichnend und im Beisein weiter unten genannter glaubwürdiger Zeugen;
persönlich sind erschienen gegen acht Uhr des Morgens in unserer Kanzlei: die Herren
Jakob, Michael und Carl Hild, der erste Sergeant im Regiment Normandie in der
Garnison zu Cambrai, die beiden anderen Soldaten im Königlichen Artillerie-Bataillon
von Varesse in der Garnison zu Grenoble, zur Zeit alle in Weiersbach wohnhaft, [Seite
337] welche erklärt haben, einen noch nicht entschiedenen Prozess angestrengt zu haben
beim Staatsrat des Königs, betreffend die Erbschaft der verstorbenen Demoiselle Louise
von Roussillon, ihrer Mutter, bezüglich der Herrschaft Wertenstein und anderer
Ansprüche gegen die Herren Karl, Ludwig, Friedrich und das Fräulein Christiana von
Roussillon, ihre Onkels und die Tante mütterlicherseits, in der Form, dass drei Urteile
bereits ergangen wären, von denen das letztere ihnen unbekannt wäre bis heute; und dass
der Prozess vor seiner Entscheidung stünde auf Grund der Verfassung; und da die
besagten Herren Karl und Ludwig von Roussillon ihr [der Gebrüder Hild] gutes Recht
bereits anerkannt haben und dass sie keinen Gewinn daraus ziehen können gegen die
Komparanten [die Vergleichenden], und da sie hinreichend haben erkennen lassen durch
ihre Schreiben und durch die vorgelegten Beweise, dass sie die wirklichen Erben
[wirklich erbberechtigt] wären, und dass sie verschiedene Male angestrebt haben, einen
Vergleich herbeizuführen, durch ihre feinfühligen (Bestrebungen?) und zuletzt durch die
zu diesem Zwecke vorgeschickten Bittsteller. Der Herr Jakob Schneider, örtlicher Prévot
der besagten Herrschaft Wertenstein, beschwipste sie total mit viel Schnaps; danach
wurden sie nach Gonnesweiler gebracht, wo man sie in ein Wirtshaus bestellte, wo
sonntags viel Wein getrunken wird. Daraufhin wurden die Söhne [des Ludwig] von
Roussillon über ihren Zustand informiert und als sie [die Gebrüder Hild] außer
Verstand waren, ließ man sie zum Wohnsitz des Barons [Seite 338] von Feignies rufen,
dem Schwager des besagten Herrn Ludwig von Roussillon, und man nutzte diesen
Moment dazu aus, um eine subtile Einigung herbei zu führen über die von den
Vergleichenden [den Gebrüdern Hild] vorgetragene Bitte über eine Summe von fünf
tausend Livres, dazu noch die Unkosten und Auslagen. Als man sie dann im Vollrausch
[sans raison] sah, nicht mehr wissend was sie taten, haben sie ihnen ein sehr schönes
Versprechen gemacht, sie würden gegen sechs Uhr abends einen Vergleich abschließen,
von dem sie [die Gebrüder Hild] keinerlei Erkenntnis hätten, der aber nach ihrem
Wunsch zustande käme, den sie dann unterschrieben, ohne den Inhalt davon zu kennen.
Es ist wahr, dass man dem besagten Charles Hild dabei die Hand verschiedene Male
führen musste, das erste Mal von der Frau von Feignies und das zweite Mal von Herrn
Wahlen. Ihr Hofamtmann hat sie gezwungen, eine Summe zu nehmen von 15 Écus
d`Empire, die sie diesen Morgen in ihren Taschen gefunden haben; und heute Morgen,
als sie wieder nüchtern waren, haben sie zu ihrer großen Überraschung erkannt, da sie
meinten in ihrem Vergleich den Betrag von fünf tausend Ecus d'empire zu finden und
noch dazu die Unkosten und Spesen, womit die besagten Herren und Damen von
Roussillon belastet werden sollten, quittiert zu haben zum Tag an dem zukäme von der
besagten [Seite 339] Erbschaft das was ihnen noch außerdem zustünde nach den
Vorschlägen, die gemacht wurden zwischen den oben genannten Partnern; jedoch an
Stelle von fünftausend befand sich nur [das Wort] fünfhundert in dem genannten Vertrag;
was einen erheblichen Minderbetrag ausmacht für die Vergleichsschließenden. Die Sache
ist noch klarer ersichtlich, weil sie den besagten Vergleich vorausdatiert haben auf den
14. Dezember, während er aber schon gestern vor 15 Tagen abgeschlossen wurde und
am Sonntag, wo sie genau vorausgesehen haben, dass die Vergleichspartner vom Suff
befallen wären und von der (baratine) [?], da wäre der Vergleich nichtig, weil man ihn
nicht mit dem gleichen Tag datiert hätte und auch wegen der Nichtprozessfähigkeit von
zwei suspekten Zeugen, die die französische Sprache nicht verstehen [wörtlich ne
sprechent"?), wie der Herr W. der Herr Wahlen, Amtmann, und der andere Jean
Wassendiller, örtlicher Prevot des besagten Herrn de Feignies, Schwager des M[onsieur]
Ludwig von Roussillon, der den Vertrag selbst geschrieben hatte.
Deswegen haben die besagten Vergleichsschließenden [die Gebrüder Hild] protestiert,
formell widersprechend gegen das besagte überlistete Abkommen, und damit sie deshalb
in keinerlei Form beim Gericht vorbelastet wären erklärten sie, dass sie etwa gegen Juli
die Sache vorbringen könnten beim Staatsrat des Königs um den Vergleich für null und
nichtig erklären zu lassen und auch um sich entbinden zu lassen von [Seite 340] den im
Rausch gegebenen Unterschriften am Sonntag und eindeutig von allem vorher
Zugesagten, hauptsächlich von schädlichen Nutzungsrechten, Zinsen und Ausgaben,
sowie von der Begründung der Erklärungen. Außerdem wollten sie das zuletzt ergangene
Urteil gegen die Herren von Roussillon in Umlauf bringen [sie wollen es öffentlich
machen zur Blamage der Freiherren von Roussillon], dessen Akte vor Jahr und Tag
gemacht und vollzogen wurden; gesprochen im Beisein der Herren Francois Robert,
Sergeant in der Herrschaft Schaumburg und in allen [?] von Tholey, Zeugen, welche
unterzeichnet haben mit den Parteien nach Vorlesung [?] in französischer Sprache.
[Unterschriften] Jacque Helt, Michel Helt, P. C. Hild, F. Robert (Tabellion)
Unleserlich Unleserlich Unleserlich [Unterschriften der Zeugen]
Dieser Vorfall sollte jedoch keine negativen Auswirkungen für die drei Gebrüder Hild
haben. Das französische Gericht erkannte den geschlossenen Vergleich nicht an.
Am 13. Dezember 1745 erfolgte das vierte Urteil. Die Zwangsvollstreckung gegen die
Beklagten, Carl und Ludwig von Roussillon, wurde angeordnet.
Ludwig von Roussillon reiste im Juni des Jahres 1745 nach Bergzabern. Hier schloss er
mit dem Amtmann Marx am 2. Juli 1745 einen Kreditvertrag ab über 2.537 Livre und 10
Sol in lothringischer Währung. Am 22. Dezember 1745 befand er sich in Straßburg, wo
er an seinem Geburtstag starb. Die Möglichkeit, dass es Freitod war, ist aufgrund der
hohen Schulden nicht auszuschließen. Möglicherweise reiste er noch zum Gerichtshof
nach Lunéville, um zu versuchen, durch eine Teilabzahlung seiner Schuld die
Zwangsvollstreckung aufhalten zu können? Wir wissen es nicht. Sicher ist nur, er stand
kurz vor dem Bankrott.
Ein fünftes Urteil erging am 20. April 1747. Darin erhielten die drei Herren Hild die
gerichtliche Vollmacht, ihr Fünftelanteil an der Herrschaft Wertenstein frei verkaufen zu
dürfen. Am 8. Januar 1748 verkauften sie zusammen mit ihrem Onkel Carl von
Roussillon jeder ein Fünftel, zusammen zwei Fünftel, an die Abtei Tholey für die Summe
von 14.320 Gulden. Jede Partei erhielt demnach 7.160 Gulden. Die Herrschaft
Wertenstein mit Herrenhaus und umliegendem Grundbesitz besaß demnach zum
Zeitpunkt des Verkaufs am 8. Januar 1748 einen Wert von insgesamt 5 x 7.160 Gulden,
zusammen 35.800 Gulden.
Als dritter verkaufte Friedrich von Roussillon sein Fünftelanteil an die Abtei Tholey. Er
verkaufte für 5.600 Reichsgulden, was wohl eine andere Währung als im obigen
Kaufvertrag bedeutet. Der frühere Vertrag mit seinem Bruder Ludwig von Roussillon aus
dem Jahr 1737 war wegen Nichterfüllung, wegen dessen Tod, nichtig und durch Arret
[Urteil] des Conseil d'État vom 31. Mai 1748 aufgehoben worden.
Hier der Wortlaut des Kaufvertrags:
Notarieller Vertrag vom 4. November 1748
[ab Seite 78]
Expédier
Du quattre Novembre mille sept cent quarante huit après midi par devant le tabellion
général résidant à Tholey soubssigné et présenté les témoins cy bas nominés est comparu
en personne Monsieur Fréderic baron de Roussillon seigneur en partie de Wertenstein
capitaine du régiment de Toscanne o lequel a déclaré avoir vendu volontairement cedis et
transporté comme par les présentes, il vend et de transporte et délaisse pour toujours en
tous droits de propriétés et fond avec la garantie de tout. Troubles, donnation, douaire
[douère], substitution, fideis-commis et usufruits, hypothèques, cautions, et autres
impulsements quelconques, aux sieurs Prieurs et Religieux de l'abbaye de Tholey
présents et acquettants pour eux et leurs successeurs dans la communauté du
consentement et permission obtenue au préalable de monsieur Theobert d'Hame leur
reverendissime abbé, pour subvenir aux besoins pour l'habillement des dits réligieux et
entretien de leur bibliotéque, un cinquième franc et quitte de toutes dettes , surtout de la
rentification et entretient de l'église de Fraysen de même que de la portion congrue di
sieur curé du dit lieu pour tout quoi ils ne devront jamais rien, qui luy appartient dans la
terre et seigneurie de dit Wertenstein, Wayersbach, Bleyderding, Heimbach, Leitzweiller,
Gumbweiller, Nohefeld. Pour la rente et trentes oyes a cause du terrain dit Holtzhausen
vue par la ruette du dit lieu à douze Petremens la pièce, Fraysen et autres lieux euoniére
(enoniere) par les comptes et la déclaration du deux décembre dernier dans la (cense) de
Weibweiller, bois , pays et autres choses endépendants, château , maisons, granger
(granges?), écuries enclos circuit, haute, moyenne et basse justice, droits de troupeaux
apart dans toute l'étendie de la ditte seigneurie et chasse et de peches tout sur le même
seigneurie qui site celle de Hobsteten grandes, petites et autres droits y attachés, rentes,
dixènes, en grains, en argent, droit de mariage, corsées et autres plus emplements
d'étaillés par les comptes des reuveurs de Wayersbach et Fraysen et par la ditte [Seite 79]
déclaration sans aucune réserve, à l'exception du bois de la Winterhaub et des droits
indépendents qui ne sont point partie de la présente vente, et qui sont expressement
retenus et reservés, non plus que la dixène en vin de Krepsweiller aussy reservé à cause
de la vente faite anciennement, les biens foues (soues) presentements cédés abandonnés et
vendu sont specif. par une expertise des trente un mars et premier avril mille sept cent
quarante et sept qui a été remise cy devant aux dits sieurs acquereurs pour du surdits
cinquiéme presentement vendu enjoiie faite et disposée par les dits sieurs acquereurs dans
la totalité judioise avec les enfants mineurs de feu le sieur Louis Baron de Roussillon
pour deux cinquièmes qui leurs appartiennent, attendu l'arrêt obtenu par le dit sieur
vendeur au Conseil d'État du Roi le vingt quatre août dernier que a été remis aux
acquereurs lequel sieur Fréderick de Roussillon vendeur s'est venir acuir [?] et
dépossessioné du dit cinquième vendu et amis ? et mets les dits sieurs acquereurs en
bonne reillé et actuelle sais [?] et possession sans être obligé d'en prendre aucune autre
comme bien venant de ligne pour enjouir ainsy et deme que le dit vendeur en a jouis, ou
die jouir comme aussy droits, rentes ,biens et autres benefices qui pourrraient d'etenir a
frauduleusement, ou qui se trouveroient et dont les dits acquereurs pourront faire. Le
recouvrent els seront à leurs profit, sans aucune recherches ni repetitions de la part du dit
sieur vendeur. La présente vente faite pour et moyennant la somme de cinq mille cent
florins pour tous les biens, rentes et revenus situés, en lorraine, et celle de cinq cent
florins pour les biens, Rentes et revenus situés en Empire avec les vins ordinaires qui ont
été consommés les quelles deux sommes faisant celle grosse de cinq mille six cens florins
au cours d'empire, la quelle payé comptant en bonne grosses espèces d'or et d'argent
[Seite 80] dont le dit Sr. vendeur s'est tenu entièrrement satisfait et contant, laquelle
somme provenantis des derniers empruntes par contract du trente septembre dernier des
enfants mineurs procrées du mariage d'entre feu madame Jeanne Therèse du Hau de
Martigny laquelle vivait épouse de messieure Grandville Ellion de port Ellion et que le dit
Sieur vendeur subroge en des droits p. l'hipothèque spéciale sur les biens vendus; et
comme les dits sieurs acquereurs ont déjà aczepté cy devant un cinquième de sieur
Charles Baron de Roussillon, et un autre des sieurs Hilt par contract du huit janvier
dernier lesquels ont été décrété volontairement, le nommé Francois Histerheim ayant
sommé opposition au décret, des vendeurs pour en obtenir main levée ont été condamné
par sentence de la prevoté de Schambourg au dix neuf octobre dernier de déposer du prix
de la vente de chaque cinquième une somme de cinq cens [cent] écus d'empire pour
securetté de l'hipothèque pretendue sy [si] mieux n'aiment donner caution et que par
laditte sentence il paroit que le dit Histerheim pretend (par ?) hipothèque sur les autres
cinquièmes de la seigneurie il a été convenu que le dit sieur vendeur deposeroit
grussament [gruessement] pareille somme de cinq cens [cent] ecus d'empire ouquel
donnerait caution jusqu'au qu'il en soit autrement ordonné, a quoyil s'est soumis et obligé
sans préjudice et sans (sauf) ses droits contre le dit Histerheim, et a promis le dit sieur
vendeur la garantie de la présente vente comme dit, est faite l'obligation en tous ces
autres biens, meubles et immeubles, présents et advenir, et s`est chargé pareillement de
remettre aux dits acquereurs; les pieces titres papiers ou [?] [Seite 81] qu`il peut avoir ou
qu`il pourrait découvrir concernant la dite seigneurie soit en originaux soit en copie
collationnée fait et passé par le dit tabellion soussigné et envoyé des sieurs Jean Francois
Barail, résidant à Nancy et de Charles Emanuel Deschamps résidant a Lunéville, trouvé
au lieu témoins aussi soussigné après lecture faite ./. approuvé le mot parlé a la vingtième
ligne d'autre part
J. Fr. de Roussillon, Capitaine de sa Majesté Impériale
P. Cuno Wolf, Prior
Vitalis Schlöder / Antonius Horsch
Gaspard Le Payen / Maximin Motten
Wendelinus Harrich / Pa. Simeon
P. Theobertus Martini / Candidius le
E. Deschamps / Fr. Barail
Nachschrift:
Nous Theobert par la providence de Dieu abbé de L'abbaye de Tholey [?] par les
présents [?] autorisé nos prieurs et religieux à faire la présente acquisition à leurs profit
et charge comme il est dit dans le contrat ci- dessus ainsi que nous, les authorisancés par
le présentes, sans que jamais confusion soit des rentes de la dite seigneurie avec celles de
l`abbaye fait le dit jour quatre Novembre mille sept cent quarante huit.
Theobert abbé de Tholey
M. Seyler [Tabellion] 1748
Die deutsche Übersetzung lautet:
[ab Seite 78]
Abschicken.
Am 4. November tausend sieben hundert acht und vierzig [1748] nachmittags vor dem
General-Notar, wohnhaft zu Tholey, unterzeichneten und erschienen die unten genannten
Zeugen. Persönlich erschienen ist Herr Baron Friederich von Roussillon, teilhabender
Herr von Wertenstein, Capitaine des Regiments Toskana, welcher erklärt hat, das
Besagte hiermit freiwillig zu verkaufen und zu übergeben; er verkauft und überträgt und
überlässt für immer und mit allen Rechten des Eigentums und Grundbesitzes mit voller
Garantie der (Troubles), Schenkungen, Ersatzleistungen, Fideis-Komissionen und [?],
Hypotheken, Kautionen und anderen irgendwelchen Ansprüchen an die Herren Prioren
und Mönche der Abtei Tholey, hier zugegen und in Empfang nehmend für diese und deren
Nachfolger, zugleich mit der Zustimmung und Genehmigung, erhalten im Voraus von
Herrn Theobert d'Hame, ihrem ehrwürdigsten Abt, um beizutragen zu den Bedürfnissen
der Bekleidung der genannten Mönche und der Unterhaltung ihrer Bibliothek, ein Fünftel
[von der Herrschaft Wertenstein] und frei von allen Schulden, hauptsächlich für die
Rentifikation und die Unterhaltung der Kirche von Freisen, ebenso eine gleich große
Portion für den Herrn Pastor des besagten Ortes; für all das brauchen sie [die
Leibeigenen] nie mehr aufzukommen, was ihm [Friedrich von Roussillon] gehört im
Land und in der Herrschaft des besagten Wertenstein, Wayersbach, Bleiderdingen,
Heimbach, Leitzweiler, Gimbweiler, Nohfelden. Als Rente für die Lieferung von dreißig
Gänsen des Gebietes, genannt Holtzhausen, vorgesehen des besagten Ortes zu zwölf
Petermänner [trierische Währung] das Stück, Freisen und andere Orte der Umgebung
wegen der Kosten und der Erklärung vom 2. Dezember letzten Jahres in der Richtung
nach Weibweiler, Wald, Land und andere selbständige Dinge, Schloss, Häuser, Wiesen,
Stallungen, Weideflächen, Wegenetz, hohe, mittlere und niedere Gerichtsbarkeit,
besondere Weiderechte im ganzen Gebiet der besagten Herrschaft und die Jagd und die
Fischerei in der gleichen Herrschaft, welche [?] [?] von Hoppstädten große, kleine und
andere dazugehörige Rechte, Renten, Zehnte an Getreide an Geld, Heirats-Recht ? und
anderer détaillierter (emplensents ) auf Kosten der (reuveurs ) aus Weyersbach und
Freisen und durch die besagte [Seite 79] Erklärung ohne Ausnahme; jedoch nicht aus
dem Wald Winterhauch und der unabhängigen Rechte, welche überhaupt nicht Teil des
gegenwärtigen Verkaufs sind und welche ausdrücklich zurückgehalten und reserviert
werden; auch der Zehnte für den Wein aus Krepsweiler ist ebenso ausgenommen aus dem
früher getätigten Verkauf der überlassen, aufgegeben und verkauft ist durch ein
Gutachten vom 31. März und 1. April tausend sieben hundert vierzig und sieben [1747],
welches ist ausgehändigt worden zuvor an die genannten Herren Erwerber für das oben
genannte Fünftel, das gegenwärtig verkauft wird, erfreulicherweise gemacht und
vorgelegt von den Herren Erwerbern in juristischer Vollkommenheit mit den
minderjährigen Kindern des verstorbenen Herrn Baron Louis de Roussillon für zwei
Fünftel [an der Herrschaft Wertenstein], welche ihnen gehören, auf Grund der
Verordnung erhalten durch den genannten Herrn Verkäufer bei der Staatskanzlei des
Königs am 24. August letzten Jahres, welcher ausgehändigt wurde an die Käufer; Herr
Friederich von Roussillon, der Verkäufer, hat sich [?] und enteignet durch besagtes
verkauftes Fünftel und [?] und versetzt die besagten Herren Käufer in den Genuss und
jetzigen [?] und Besitz ohne verpflichtet zu sein davon zu nehmen irgend etwas anderes
als Gut welches herkommt aus der Linie um sich so zu erfreuen und [?] wie der besagte
Verkäufer sich davon erfreut hat; erfreut durch die gleichen Rechte, Renten, Güter und
anderen Einnahmen, welche könnten oder welche sich befinden würden und die besagten
Käufer könnten machen. Der [?] von [?] zu ihren Gunsten ohne irgendwelche
Recherchen oder Wiederholungen von Seiten des besagten Herrn Verkäufers. Der
gegenwärtige Verkauf wird getätigt und vermittelt für die Summe von fünf tausend und
hundert [5.100] Gulden (Florins) für alle Güter, Renten und Einkünfte , die in
Lothringen liegen, und für fünf hundert Gulden für die Renten und Einkünfte, die im
Kaiserreich liegen, mit den gewöhnlichen Weinen, die verzehrbar sind, die beiden
Summen machen zusammen den Betrag von fünf tausend sechshundert [5.600] Gulden in
der Währung des Kaiserreiches, welches zahlbar ist in guten dicken Gold- und
Silbermünzen, [Seite 80] womit der besagte Herr Verkäufer sich voll und ganz zufrieden
gibt, welche Summe herstammt aus den letzten Anleihen durch Vertrag vom 30.
September letzten Jahres der minderjährigen Kinder aus der Ehe zwischen der
verstorbenen Frau Jeanne Therèse du Hau de Martigny, welche lebte als Ehefrau des
Herren Grandville Ellion von Hafen Ellion, welche der besagte Herr Verkäufer aus
Rechten der Sonderhypothek auf die Güter, die verkauft werden, und die die besagten
Herren Käufer bereits weiter oben akzeptiert haben, ein Fünftel des Herrn Karl Baron
von Roussillon, und ein anderes von den Herren Hilt durch Vertrag vom 8. Januar letzten
Jahres [1747]. Diese haben freiwillig angeordnet, den genannten Franz Histerheim, der
Widerspruch eingelegt hat gegen die Verfügung des Verkäufers, um die Löschung zu
erreichen, wurden verurteilt, durch Urteil der Prevoté Schaumburg vom 19. Oktober
letzten Jahres, zu hinterlegen vom Preis von jedem verkauften Fünftel eine Summe von
fünf hundert Ecus des Kaiserreiches als Sicherheit der beabsichtigten Hypothek, falls er
es nicht vorzieht eine Kaution zu zahlen; und da wegen des besagten Urteils es so
scheint, dass der besagte Histerheim beabsichtigt, eine Hypothek auf die drei Fünftel der
Herrschaft [eintragen zu lassen?], wurde vereinbart, dass der besagte Herr Verkäufer
die gleiche Summe hinterlegt von fünf hundert kaiserlichen Ecus, auf welche er Kaution
zahlen kann, so lange, bis ihm etwas anderes befohlen wird, dem er sich zu unterwerfen
und zu verpflichten hat, ohne [?] und mit Ausnahme der Rechte gegen den besagten
Histerheim; und es wurde versprochen dem besagten Herrn Verkäufer die Garantie des
gegenwärtigen Verkaufs wie gesagt und es wird gemacht die Verpflichtung auf all seine
anderen Güter, Möbel, Immobilien, gegenwärtige und zukünftige und hat sich verpflichtet
entsprechend zu überlassen an die besagten Käufer die Stücke , Titel, Papiere [Seite 81]
die er haben könnte oder die er entdecken könnte, betreffend die besagte Herrschaft, sei
es im Original oder sei es als Kopie gesammelt, gemacht und übergeben von dem
besagten unterzeichneten Notar und gesandt von den Herren Franz Barail, wohnhaft zu
Nancy und von Karl Emanuel Deschamps, wohnhaft in Lunéville, gefunden Unterzeichnet
im Beisein der Zeugen und nach erfolgter Vorlesung und wörtlich bestätigt auf der
zwanzigsten Linie der anderen Seite [des Vertrages].
J. Fr. de Roussillon, Capitaine de sa Majesté Impériale
P. Cuno Wolf, Prior
Vitalis Schlöder / Antonius Horsch
Gaspard Le Payen / Maximin Motten
Wendelinus Harrich / Pa. Simeon
P. Theobertus Martini / Candidius le
E. Deschamps / Fr. Barail
Nachschrift:
Wir, Theobert, nach Gottes Vorsehung Abt der Abtei Tholey [?] durch die anwesenden
[?] autorisiert durch unsere Priore und Mönche zu machen die gegenwärtige
Anschaffung zu ihrem Nutzen und zu ihren Lasten, wie es gesagt ist in obigem Vertrag,
wie auch wir, von den Anwesenden beauftragt, ohne dass jemals eine Unklarheit sein soll
zwischen den Einkünften der besagten Herrschaft und denen der Abtei. Angefertigt den
besagten 4. November tausend sieben hundert vierzig acht [1748]
Theobert abbé de Tholey
M. Seyler [Tabellion] 1748
Erst am 3. Juli 1754 erfolgte der Kaufvertrag über die restlichen zwei Fünftel der
Herrschaft Wertenstein, die im Namen der Nachkommen der Freiherren Ludwig und
Christian von Roussillon an Prior und Konvent der Abtei Tholei verkauft wurden. In
diesem Vertrag wurde außerdem unterschieden zwischen Besitzungen in Lothringen,
hierbei handelte es sich entweder um bisher unbekannten Grundbesitz der Familie von
Roussillon auf französischem Staatsgebiet oder um die Herrschaft Wertenstein, die als
eine lothringische Enklave auf deutschem Reichsgebiet zum Königreich Frankreich
gehörte. So bliebe für die Besitzungen auf Reichsgebiet die Ansprüche der Roussillon auf
ein Viertelanteil an der Winterhauch übrig. Jedenfalls war damit die Benediktinerabtei
Tholei im alleinigen Besitz der Herrschaft Wertenstein.
Christian von Roussillon starb 1741, Ludwig von Roussillon starb 1745 und Carl von
Roussillon starb 1751; so waren von den Kindern des Jacques de Rossillon und seiner
Gemahlin Johanna Louise nur noch die Saarbrücker Erbtante Catharina Christiana von
Roussillon und Hans Friedrich von Roussillon am Leben, die ihren Erbanteil an dem
Wald Winterhauch frei veräußern konnten. Hierbei wird nun erklärlich, woher die
Saarbrücker Erbtante ihr Vermögen hatte. Es stammte aus dem Verkauf ihres Erbanteils
an der Winterhauch. Auf ihren Erbanspruch an Lehen und Haus Wertenstein hatte sie ja
freiwillig verzichtet.
Kehren wir noch einmal zurück ins Jahr 1741. Die Untertanen Europas wurden seit
1741 wieder einmal von einem Krieg heimgesucht, diesmal war es der Österreichische
Erbfolgekrieg. Der Landesherr, Graf Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken (1718 -
1768), befand sich als Befehlshaber des Cavallerieregiments Royal-Allemand zeitweilig
in Böhmen und Schlesien, um den König von Preußen, Friedrich II., bei der Annektierung
Schlesiens, das früher zu Österreich gehörte, militärisch zu unterstützen.
Eine der beruflichen Aufgaben des Ludwig von Roussillon war die Erfassung und
Musterung der jungen wehrfähigen Männer in der Grafschaft Nassau - Saarbrücken. Im
Landesarchiv Saarbrücken befindet sich diesbezüglich eine Verordnung des Landesherrn
mit folgendem Wortlaut: Wir haben vielfältig observiret, daß sich die junge Pursche der
Herrschaft Ottweyler pro venia aetatis zu heurathen anmelden und dadurch die zu leisten
schuldige Militz- oder Crayß-Contingents-Dienste zu elidiren suchen. Nachdeme aber der
Verordnung zu Folge ein jeder die eine oder andere zu praestiren [abzuleisten] schuldig
ist, also befehlen wir Euch hiermit, daß falls sich inskünftige dergleichen junge und das
25te Jahr noch nicht erreicht habende Leuthe heirathens halber bey Euch melden werden,
ihr solche anforderst an Unßern Haubtmann von Roussillon verweißet, welcher so dann,
ob sie zum Creyß-Contingent [Wehrdienst] tauglich seyen oder nicht, Uns den
unterthänigsten Bericht abzustatten committiret ist. Wir seyn Euch damit in Gnaden
stetshin wohl beygethan, Saarbrücken, den 12ten Jan[uar] 1742. Wilhelm Henrich Graf
zu Nassau-Saarbrücken."
Um die Zeit der Geburt seiner Tochter Henriette Alexandrine oder zumindest kurz
danach, hielt sich Ludwig von Roussillon in der Heimat auf. Möglicherweise um ein
neues Cavallerieregiment aufzustellen, das Regiment Royal-Nassau-Cavallerie. Im
Landesarchiv Saarbrücken fand ich im Testament der sogenannten Saarbrücker Erbtante
(Archivalie NS II 3462) eine Schuldverschreibung Ludwig von Roussillons, datiert auf
den 17. Februar 1745 und in Saarlouis ausgestellt.
Der Eintrag im Kirchenbuch über die Taufe der Henriette Alexandrine von Roussillons
lautet (in freier Übersetzung des Autors):
anno domini 1745, 20. Januar, Täufling Henrietta Alexandrina, nata [geboren] 19.
Januar, legitime Tochter des pränob. et generosi Herrn Baron von Roussillon, capitaine
regiminis galli vulgo Nassau Etranger [Capitaine des französisch-naussauischen
Fremdregiments Royal-Nassau-Cavallerie] und [legitime Tochter der] Maria [Anna,
geborene] von Geismar. Taufzeugen:
1.) Serenissima Prinzessin Henrietta von Usingen;
2.) Serenissima Alexandrina Comitessa [Rheingräfin] von Greweiller
[Gau-Grehweiler, Schwester des regierenden Wild- und
Rheingrafen von Grehweiler Carl Magnus]
vertreten durch Wilhelmina de Gemmeng [von Gemmingen];
3.) Carl [Magnus] Comite [Rheingraf] von Greweiller [Gau-Grehweiler];
vertreten durch Georg Wilhelm Baron von Maldis [Malditz];
4.) Francisco [Franz Lothar] de Geismar [Bruder der Mutter].
Die Patinnen und Paten zeigen uns, dass die Eltern in der Hierarchie des nassauischen
Fürstenhofes einen bedeutenden Rang einnahmen, bzw. einzunehmen bemüht waren.
Leider fehlte es ihnen an den notwendigen Einkünften, um einen fürstlichen" Hausstand
bestreiten zu können; das schmale Gehalt eines Hauptmanns und Rittmeisters reichte
dazu unmöglich aus. Deswegen musste Ludwig von Roussillon am 17. Februar 1745,
kurz nach der Taufe seiner Tochter Henriette Alexandrine, sogar das Silberzeug und ein
Paar silberne Leuchter versetzen, und Interesse dafür geben, bei baldiger
Wiedereinlösung der Sachen, daß 15% daraus [aus der erhaltenen Summe Bargeld]
verzinst werden".
Bei seinem Tod Ende Dezember 1745, noch kein Jahr nach der Geburt seiner jüngsten
Tochter, hinterließ er Frau und Kindern eine drückende Last an Schulden, angeblich mehr
als 30.000 Gulden.
Die Mutter, Marie Anne von Roussillon, war eine Geborene von Geismar auf Riepen
mit Hinzufügung des Namens von Mosbach von Lindenfels. Am 6. Februar 1738
heiratete Marie Anne den Hauptmann Franz Alexander Moritz Christian Ludwig von
Roussillon (Nr. XII.l in der Genealogie). Wo sie heirateten konnte ich noch nicht
herausfinden. Ihre Mutter war eine Geborene von Mosbach von Lindenfels, deren Namen
die von Geismar zu ihrem Adelstitel hinzufügen durften, weil die männliche Linie
ausgestorben war. Eine Schwester der Maria Anna von Roussillon, namens Louisa
Charlotta Wilhelmina Theresia von Geismar (*24.05.1715 in Wetzlar), heiratete am 8.
Juni 1733 in Mainz (Kirche Sankt Emmeran) den Freiherr Florentin de Latre de Feignies
zu Gonnesweiler (auch Gondersweiler oder plattdeutsch Gonneswiller geschrieben). Hier
wohnte die verwitwete Baronin von Roussillon wahrscheinlich mit ihren drei
unmündigen Kindern seit dem Tode ihres Mannes. In den Jahren von ca 1754 bis 1760
scheint Maria Anna von Roussillon mit ihrer Tochter Henriette Alexandrine in Trier oder
in der näheren Umgebung von Trier gelebt zu haben. Die beiden Söhne dienten seit dem
Jahr 1754 als Edelknaben bei dem Coadjutor und späteren Kurfürst von Trier Karl
Philipp von Walderdorff, seit 1758 als Offiziere im churpfälzischen Regiment >Prinz
Carl<, nicht >Royal-Deuxponts<.
In >Trierische Chronik - Zeitschrift der Gesellschaft für Trierische Geschichte und
Denkmalspflege<, IV. Jahrgang 1908, steht der Artikel >Kurfürst Franz Georg von
Schönborn und seine Zeit<, mitgeteilt von Kentenich. Hier fand ich eine erste Spur der
beiden Söhne des Rittmeisters Ludwig von Roussillon, seit dessen Tode: Die
mitgebrachte Suite des Herrn Coadjutors [Johann Philipp von Walderdorff] bestunde 1.)
in dero Hoffcavallier Frhn. Franz Görg von Boos, 2.) dem Hrn. Hoffrathen Miltz, 3.)
zweyen Secretairs, Carové und Marschalls, 4.) Hausmeister Becker, 5.) Hoffcaplan und
Knabenpräceptor Mollier, 6.) zwey Edelknaben von Roussillons und von Trott, 7.) 2
Kammerdienern, 8.) 6 Laquayen, 1 Laufer, 1 Koch, 3 Stallleithe".
Wahrscheinlich sind die zwei Brüder von Roussillon(s) und von Trott gemeint, denn an
anderer Stelle wird berichtet, dass Johann Philipp von Walderdorff allezeit 8
Edelknaben" unterhielt.
Die Schilderungen des Ludwig Boos von Waldeck über die Trierer Kurfürstenzeit vom
Beginn der Wahl des Coadjutors und späteren Kurfürsten Karl Philipp von Walderdorff
am 11. Juli 1754 bis zur Zeit des Siebenjährigen Krieges ist ein Stück unmittelbares
Zeiterleben der Maria Anna von Roussillon und ihrer drei Kinder. Die beiden Söhne
musste sie, gewiss aus finanzieller Not, als Edelknaben in den Dienst des Kurfürsten
geben. Sie selber lebte wohl als Gesellschafterin oder Erzieherin bei einer reichen
adeligen Familie in Trier. Dies geht aus den Einträgen im >Triererischen Wochen-Blättgen< hervor. Siehe weiter unten.
Meine unermüdlichen Forschungen in Archiven und Kirchenbüchern - auch
Heimatbücher können eine wahre Fundgrube sein - zur Biographie der Henriette
Alexandrine von Roussillon haben weitere interessante Details geliefert. Noch lange nicht
sind alle Möglichkeiten ausgeschöpft, etwas Neues zur Familiengeschichte der
Roussillons in den Landes- und Staatsarchiven zu finden. Obwohl es mir bisher noch
nicht gelungen ist, die genealogischen Angaben des Heimat- und Roussillon-Forschers
Alfons Paulus lückenlos zu überprüfen, so steht doch mit absoluter Sicherheit fest, dass
Maria Anna von Roussillon, geb. von Geismar, die Tochter des
Reichskammergerichtsassessors Christoph Gottfried von Geismar auf Riepen und dessen
Ehefrau Anna Elisabeth Charlotte, geb. Mosbach von Lindenfels, war. Dies geht
eindeutig aus der Zweibrücker Lehensurkunde Nr. 4691 (ausgestellt am 2.9.1751) hervor,
worin das Lehen über Güter in Brenschelbach bei Hornbach - gewiss im Zuge der
Erbteilung - an den Baron Johann Franziscus Adrian Marotte de Montigny übertragen
wurde, dessen Ehefrau Sophia Maria Henrica eine weitere - bisher unbekannte -
Schwester der Maria Anna von Roussillon war.
Rheinpfälzische Lehens-Urkunde
aufbewahrt im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München,
Urkunde Nr. 4691
Ich, Johann Franz de Marotte de Montigny, bekenne und thue Kund öffentlich mit
diesem Brief, daß der Durchlauchtigste Fürst und Herr, Herr Christian der Vierte,
Pfalzgraf bey Rhein, Herzog in Bayern, Graf zu Veldenz, Sponheim und Rappoltstein,
Herr zu Hoheneck, mein gnädigster Fürst und Herr als Successor und regierender Fürst
des Herzogtums Zweybrücken und Erb-Lasten-Vogt und Schirmherr des Klosters zu
Hornbach und in dießen Klosters Nahmen auf erfolgtes tödliches Absterben weyl. Anna
Elisabetha Charlotta verwittibten von Geismar, gebohrnen Moßbachin von Lindenfels
und meinen Leibes-Erben, Söhn und Töchtern, und nach deren Ableben Lothario Franz
von Geismar, Louisa Charlotta von Feignies, so dann Maria Anna von Roussillon, beiden
gebohrenen von Geismar, und derenselben Leibs-Erben, Söhn und Töchtern, zu Lehen
geliehen hat, solches Lehen, welches vormals die Blicken von Lichtenberg von ermeltem
Closter gehabt, getragen und veräusseret haben, und Henrich Balderen seel. und weyl.
Herzog Johannsen Pfaltzgrafen hochlöblicher Gedächtniß Consens und Bewilligung von
Ihnen denen Blicken und vorbesagte Anna Elisabetha Charlotta von Geismar von denen
sämtlichen (unleserlich) Erben mit Ihro hochfürstl. Durchlaucht Consens und
Bewilligung an sich erkaufft, diese aber weiter an mich dergestalten übertragen, daß ich
[und] meine Leibes-Erben und Nachkommen solches Lehen mit allen Rechten und
Nutzungen inne haben, besitzen und genießen; nach meinem ohne Descendenz
erfolgenden tödlichen Abgang aber dießelbe an ihre übrige Kinder und deren
Nachkommenschafft zurückfallen und alßdann diese schuldig seyn sollen, meinen Erben
die zur Acquisition des Lehens hergeschoßene viertausend Gulden Capital baar zurück zu
zahlen. Nemlich der Kunkel-Güter zu Traußelbach, zu Mittelbach, zu Hengstbach, zu
Auerbach, zu Gersheim, uff der Bließen, Wolffersheim, Walsheim, Oggertungen und was
sie die Blicken in St. Pirmansland an Kunkel-Güter gehabt haben, mit allen seinen
Zugehörs, nichts davon ausgenommen; und hiernach hab ich, Johann Franz de Marotte de
Montigny so wohl vor mich alß auch als Gewalthaber eingangs bemelter von
Geismarischer Lehens-Erben solch Lehen in vorbeschriebener Maaß von höchst ersagter
Ihro Hochfürstl. Durchlaucht empfangen, mit Treuen gelobt und einen Eyd zu Gott
geschworen [...]
Zweybrücken, Donnerstag, den zweyten Septembris eintausend siebenhundert fünfzig
eins [1751]
Johann Frantz Marotte de Montigny
Der Lehensvertrag lautet in vereinfachter Form ausgedrückt: Nach dem Tode der Anna
Elisabetha Charlotta, verwittweten von Geismar und gebohrenen von Mosbach von
Lindenfels, Schwiegermutter des Freiherrn Johann Franz Marotte von Montigny, trat
dieser das Kunkel-Lehen für sich und seine Kinder an. Sollte der Freiherr von Montigny
und dessen Kinder sterben, so sollte das Lehen zuerst an seinen Schwager, den Freiherrn
Lothar Franz von Geismar, dann auf seine Schwägerinnen Louisa Charlotta von Feignies
und dann an Maria Anna von Roussillon, beide geborene von Geismar, oder deren
Leibeserben gehen. Das Lehen sollte demnach möglichst lange in der Familie bleiben.
Kunkel-Gut oder Kunkel-Lehen heißt, das Lehen konnte auch auf Frauen vererbt werden,
wie bei der Anna Elisabetha Charlotta verwittweten von Geismar geschehen.
Sophia Maria Henrica von Geismar heiratete am 28. November 1731 in Mainz Johann
Franziscus Adrian (frz. Jean Francois Adrien) Marotte de Montigny. Sie lebte mit ihrem
Mann in Utweiler (Bliestal). Der Ehemann, von Beruf churpfälzischer Offizier im Rang
eines Obristen, hatte um 1730, also kurz vor seiner Eheschließung, in Utweiler das
sogenannte Herrengut oder Bitschische Hofgut" von Mathias de Berton gekauft. Hier
betrieben sie Schafzucht.
Das einzige Kind, das aus dieser Ehe hervorging, bzw. das Erwachsenenalter erreichte,
ist der am 24.10.1744 in Zweibrücken geborene Sohn Karl Philipp Fortunat Leopold.
Sophia Maria Henrica von Montigny starb bereits früh - im Alter von nur 39 Jahren -
am 22. April 1750 in Utweiler. Sie wurde auf der linken Seite des Kirchenschiffes in der
Nähe des Marienaltars bestattet.
Am 9. Februar 1752 verkaufte der churpfälzische Obrist Johann Franciscus Adrian
Marotte de Montigny sein neu errichtetes Wohnhaus mit Stallungen, Nebengebäuden und
drei Gärten in der Zweibrücker Vorstadt zum Preis von 7.000 Gulden und weiteren
Vergünstigungen an Herzog Christian IV. (Siehe Kirchenschaffnei-Archiv Zweibrücken,
Nr. IV/1616.)
Der Sohn Karl Philipp Fortunat Leopold heiratete am 13.10.1769 in der Pfarrei Sainte
Croix zu Metz Anna de la Croix. Der Ehemann wird im Kirchenbuch tituliert als Herr
von Utweiler, Edelmann am Hofe des Markgrafen von Baden-Baden und Kürassier-Lieutenant im Regiment Hohenzollern. 1771 erfolgte die Taufe eines Kindes mit Namen
Jean Jacques Louis Fortunat Wilhelm. Der Baron und frisch gebackene Vater von
Montigny ist jetzt Hauptmann im Regiment Anhalt. Im Stadtarchiv Zweibrücken ist auf
seiner Karteikarte vermerkt: 1790 kgl. französischer Hauptmann und Ritter des Sankt-Ludwig-Ordens; 18. Januar 1790 Annahme als Kämmerer auf dem Karlsberg (Schloss
des Herzogs Karl II. August bei Homburg/Saar).
Außer den beiden oben genannten Schwestern hatte Maria Anna von Roussillon auch
noch einen Bruder mit Namen Lothar Frantz Anton von Geismar auf Riepen und
Mosbach von Lindenfels. Er war badischer Regierungspräsident bis zum Tode des letzten
Markgrafen von Baden-Baden August Georg Simpert im Jahr 1771. Danach wurde die
Regierung aufgelöst. Lothar Franz von Geismar auf Riepen erhielt keine Anstellung mehr
unter dem Markgraf Karl Friedrich von Baden-Durlach, dem das Erbe zugefallen war.
Der Geheimrat Lothar Frantz von Geismar wurde aufgrund seiner plötzlichen Entlassung
aus dem Staatsdienst gemütskrank. Er zog nach Ingelheim am Rhein, wo er ein stattliches
Haus besaß, und wo er bereits am 29. Oktober 1772 verstarb. Nach dem Tode der Mutter
Anna Elisabeth von Geismar, geb. Freiin von Mosbach von Lindenfels, musste Lothar
Franz von Geismar seine drei Schwestern ausbezahlen, da er das prächtige Hausanwesen
in Ingelheim und wohl auch das Haus in Mainz übernahm. Zwecks Auszahlung des Erbes
musste er eine Obligation, ein Darlehen, aufnehmen.
Obligation [Schuldverschreibung]
à 12.000 Gulden von Freyh[err]
von Geismar à 5 procent
vom 7. Oct. 1755
Vollmacht für Herrn Oberschultheis Tussing
Demnach zu Ausgebung deren ahn meine Schwestern an nach schuldiger Dotal-Gelder
auch anderer vorhergehender Erstorderrechten halber mich persönlich nacher Mayntz
Gesundtheit und anderer Umbständ wegen dermahlen nicht verfügen kann, als habe den
hiesigen churpfälzischen Oberschultheisen Herrn Georg Wolph Tussing dies freundlich
ersuchet, sothanes Geschäft statt meiner und in meinem Nahmen zum vollständig Ende
zu bringen, solcher auch sich desselben zu unterziehen mir zugesagt, als ihne hirmit
dieses gedachtem Herrn Tussing in bester Form rechtens Vollmachten geben wodurch die
bey Herrn Grafen von Ingelheim liegende meine Original-Obligation zu Handen zu
nehmen, solche sambt meinen Schrift Petitio und beyden in forma legali beygelegenen
respective Denunciations- und Consens-Acten einem hochlöblichen Ritter-Directorio zu
übergeben, eingesuchte Confirmation für Beschleunigung zu betreiben, diesernach aber
die confirmirte Obligation Herrn Grafen von Ingelheim zu restituiren, dargegen die
Unterschriften hinter letzter ahn das Domb-Capitel gestellt geweste Obligation zu
repetiren und sich einhändigen zu lassen.
Diesemnach seynd von Herrn Oberschultheis Tussing die unter meinem Petschafft bey
Herrn Grafen von Ingelheim verwahrte siebenhundert Carolinen zu Handen zu nehmen,
und den hirzu genügsam bevollmächtigten Herrn D'Han gegen Extradirung deren in
seinen Handen habenden und von mir würklich recognoscirten Original-Quittungen von
meinem respective Schwageren und Schwestern, benan[n]tlich Herrn von Montigny
dreytausend sechzig zwey Gulden dreysig Creutzer, der Frau von Feignies zweytausend
und letzlich der Frau von Ro[u]ssillon zweytausend zwanzig fünf Gulden vierzig
Creutzer zu zahlen, über welchen Empfang Herr D`Han auf jede Quittung die Summe
und Quotam unter eigener Hand und Unterschrift bescheinigen und nachmahlen quittiren
wird.
Den Überschuss von denen 700 Carolinen wird vorherbesagter Herr Tussing nach
bezahlten Gerichtskösten bey seiner Rückkehr sambt denen Quittungen und übrigen
Schriften mir zustellen.
Gleichwie nun mein Bevollmächtigter Herr Mandatarius obstehende Puncten zu
besorgen ohnermangelen wird als ihne hiermit erklähren, das was er hirin statt meiner
gethan und gehandelet haben wird, ich für genehmb [genehmigt] halte und hiermit
ratificire alß wenn ich ein solches gegenwärtig und in eigener Persohn verrichtet hätte.
In Urkund dessen habe gegenwärtige Vollmacht getätiget eigenhändig unterschrieben
und mein angebohren adeliches Petschafft bey gedrückt. So geschehen Ober-Ingelheim
den 5. Novembris 1755
Lothar Frantz Freyherr von Geismar.
Jetzt komme ich zu einer kleinen literarischen Sensation. Der ehemalige badische
Regierungspräsident Lothar Frantz von Geismar auf Riepen ist höchstwahrscheinlich
identisch mit dem Geheimderath" in Goethes Drama >Das leidende Weib<. Das heißt:
Goethe muss von der Leidensgeschichte des Regierungspräsidenten von Geismar gehört
haben. Er kann sogar mit Henriette Alexandrine von Roussillon im sogenannten
Geismarschen Hof in Ingelheim im Jahre 1772 ein- und ausgegangen sein.
Folgende Stellen im Drama >Das leidende Weib< sind mit der Realität identisch, bzw.
von Goethe mehr oder weniger absichtlich in das Werk hineingearbeitet worden:
I. Akt, SECHSTE SCENE.
Nachtessen.
Geheimderath. Gesandter. Gesandtin. Franz. v. Brand.
GEH. RATH. Sey doch ruhig, Sohn!
GESANDTER. Franz, ich habs gesehn, wies in der Welt geht. Laß jetzt deinen Kopf
ganz heraus, hier muß lavirt seyn. Um die Klippen herum ganz leise durchgeschlichen!
Stürme du drauf loß, und du scheiterst. Es ist gefährlich, auf der ofnen See mit einem
lechen Kahn zu schiffen, und leider! ist das unsre Lage.
GEH. RATH. Der Gesandte hat Recht, Sohn! Was das für ein Elend ist, wenn man so
gehen muß. Ist aber nun einmal. Menschheit! Ich hab alles aufgeopfert, und Gott weiß,
es ist mir nicht weh drum. Jetzt, wo ich blos darauf gieng, des Fürsten Nutzen zu
befördern -
FRANZ [der affektierte Goethe]. Ich kann nicht zuhören! Machen Sie's zusammen. Ich
reit noch diese Nacht weg. Ich will von allem nichts wissen und hören. Blieb [ich] hier,
ich stieß alles nieder.
GEH. RATH. Tollkopf! was wird genutzt? Ha! was wird genutzt? Ich bin alt. Denk, dein
Vater ist alt. Soll ich durch deine Unbesonnenheit Ehr und Leben verlieren?
FRANZ [der affektierte Goethe]. Ruhig, lieber Papa, ich bins auch, wills seyn. Ich
versprach Ihnen, von allem nichts zu wissen. Ich will so unwissend ruhig seyn -
GEH. RATH. In deinen Jahren war ich auch so, immer mit der Hitze der erste. Ehe ich
michs versah, lag ich.
FRANZ [der affektierte Goethe]. Alles nach Ihrem Willen, Papa.
GEH. RATH. Nun gut, ich trau dir viel zu, aber nur kälter! Nun, mit der Zeit wirds schon
kommen. Was hab ich nicht in der Welt gelitten, Franz, bis ichs so weit bracht, und wär
ich nie hingekommen. Hätt ich eine Hacke genommen, dem ersten besten Bauern fürs
Taglohn gearbeitet! Was hab ich nun? daß ich meine Kräfte Undankbaren verschwendet,
die mich stürzen wollen. Zwanzig Jahr gieng alles durch meinen Kopf, mußte allen
Freuden des Lebens entsagen, hab geduldet, und dulde noch.
[...]
FRANZ [der affektierte Goethe]. Ich bitt Sie, hängen Sie sich nichts in Kopf! Nehmen Sie
den Tag, der andre wirds schon geben, und so immer weiter. Bey Ihren Kräften hat man
wahrhaftig nicht nöthig, um Fortkommen bekümmert zu seyn.
GEH. RATH. Könnt ichs Ihnen doch noch ans Herz legen, Brand, daß Sie duldeten! Sie
sehn, es muß gut gehen, soll gut gehen. Sie sind in meinem Haus, alles ist Ihr, wie mein.
Haben Sie kein Geld mehr? sagen Sie nur ein Wort, so lang ich hab, sollen Sie nicht
mangeln.
v. BRAND [der reale Goethe]. Den Bettler im Staatskleide, Herr Geheimderath!
FRANZ [der affektierte Goethe]. Ihr Stolz ist gut, lieber Brand. Ein Mann muß Stolz
haben. Wie wir aber nun zusammen sind, dächt ich, Sie nähmen es anders.
v. BRAND [der reale Goethe]. Aber so immer fort.
GEH. RATH. Bald zu Ende. Der General hat mir versprochen, in einem Monat sollen
Sie eine Kompagnie haben.
v. BRAND [der reale Goethe].Versprochen?
GEH. RATH. Sie haben Recht, daß Sie das Wort auffangen. Ich kanns auch nicht leiden,
brauchs auch nie. Aber ich weiß, er hält Wort, der General. Ist das nichts, so ist's was
anders. Nur ruhig, ruhig! Daß man euch nicht genug sagen kann. Nun trinken Sie, Brand,
die Grillen weg!
v. BRAND [der reale Goethe]. Halt ichs aus?
GESANDTER. Was machen die Kleinen, Malgen?
GESANDTIN [1. Urania]. Sie werden zu Bette seyn.
FRANZ [der affektierte Goethe]. Bring mir die Kinder her, Schwester! Und sollten sie in
den Nachthemden kommen. Mein Fränzgen, Liebe, ich muß ihnen Adjeu sagen.
GESANDTIN [1. Urania]. In Nachtkleidern?
FRANZ [der affektierte Goethe]. Warum denn nicht? Was hat das auf sich! Laß mir
meine Kleinen kommen. Du weißt, ich geh diesen Abend noch weg.
GESANDTIN [1. Urania]. Da sollt ichs just nicht thun, weil du uns verläßt. Die Julie?
FRANZ [der affektierte Goethe]. Meinst du? - ich will sie selbst holen.
GESANDTIN [1. Urania]. Er ist verliebt.
GEH. RATH. Ist ers?
GESANDTIN [1. Urania]. Gewiß.
GEH. RATH. Gut, das wirft ihn wieder ein bißgen herum. Gott erhalt ihn mir! Ich stell
ihn gegen den ganzen Hof. Herr Sohn, er hats ihnen vorgelegt, ich hätt rasend mögen
werden für Freude. Da staunten sie, wie Weibsleute, denen der Putz verdorben wird,
gaften, und er immer in sie hinein. Mich wundert auch nicht, daß es so gegangen.
GESANDTER. Besonders der Graf.
GEH. RATH. Der machte ihm ein tief Kompliment; und der Teufel sah ihm aus den
Augen heraus. Bück du dich, dacht ich, du hast deinen Mann.
GESANDTIN [1. Urania]. Solls von übeln Folgen seyn?
GEH. RATH. Mags!
Im I. Akt, sechste Szene setzte Goethe dem ehemaligen badischen Geheimrat und
Regierungspräsident Lothar Frantz Anton von Geismar, der jahrzehntelang im Dienst des
Markgrafen von Baden-Baden stand und nach dessen Tod einfach auf die Straße gesetzt
wurde, ein verstecktes literarisches Denkmal. Ich vermute daher, dass Goethe den Onkel
der Urania persönlich kannte. Dies ist ein weiterer sehr starker Beweis für meine
Überzeugung, dass nur die jüngere Henriette Alexandrine v. R. und nicht die ältere
Sophie Henriette v. R. als Goethes Geliebte in Frage kommen kann.
Die ständige Geldverlegenheit der Barone von Roussillon dokumentiert auch ein
Schreiben des Carl von Roussillon an einen Gläubiger in Frankfurt vom 29. Mai 1748.
Die Titulierung werthester Herr Bruder" bedeutet, dass sie beide Freimaurer waren. Der
Name des Gläubigers geht leider nicht aus dem Schreiben hervor.
Hochwohlgebohrener Herr, Hochgeehrtester Herr Geheimer Rath, werthester Herr
Bruder
Ew. Hochwohlgeb. [Schreiben] vom 24. Hujus [dieses Monats: also Mai] habe wohl
erhalten und zugleich des Hrn. Bruders Meynung wegen des [?] avancements daraus mit
mehreren [?]
Ob mir nun gleich zur Genüge bekan[n]t ist, daß ich des Falls keinen Sollar Gage mehr
zu ziehen habe, so gereicht es doch so wohl mir als sämtl. Officiers zur consolation und
muntert zum Dienst sehr auf, wann man zu Zeiten avanciret, und ist die promotion zu
höhern Chargen so wohl in Militair als andern Diensten das größte mit, warum man
dienet. Ich habe schon etliche Vota zu meinem faveur erhalten, und will den Herrn
Bruder gar sehr gebethen haben, mir nach der besondern Freundschaft, womit der Herr
Bruder mich bis daher beehret, hierzu um so mehr behülfl[ich] zu seyn, da es kein
eintragend Stand, auch der Creyß-Cassa nicht [unverständlich: promaicirlich?] ist.
Künftige Woche werde dieser Angelegenheit halber selbsten nacher Franckfurth
kom[m]en, da ich dann Gelegenheit nehmen werde, dem Herrn Bruder zu versichern,
daß ich in ohnwandelbarer Hochachtung beständig seye
Ew. Hochwohlgeb. Bruders gantz ergebenster Diener
C. de Roussillon
Trebur, den 29. Mai 1748
Der notarielle Kaufvertrag über die Veräußerung seines Fünftelanteils an der Herrschaft
Wertenstein war bereits am 8. Januar 1748 erstellt worden. Carl von Roussillon musste
seinen Gläubiger bis zum Erhalt des Geldes um Geduld bitten. Leider befindet sich dieser
Vertrag nicht mehr im Landesarchiv Saarbrücken in den Akten der Prévoté Schaumburg.
In der Acta, betreffend die Besetzung der Hofmeisterstelle und Oberhofmeisterstelle
zu Biebrich" (N. von Zigesar 1717; Karl von Roussillon, bis ca Juni 1760; Christian
Ludwig von Hayn, ab 1. Juli 1750) geht auch das Gehalt des Barons von Roussillon
hervor. Er dürfte, wie sein Amtsnachfolger, 800 Gulden Salär erhalten haben. Zum 1. Juli
1750 erhielt der Nachfolger des Carl von Roussillon seine Ernennungsurkunde, demnach
dürfte Carl von Roussillon zu Beginn des Jahres 1750 um seine Pensionierung
nachgesucht haben. Er hatte nur noch ein Jahr zu leben.
Ende des Jahres 1750 oder Anfang des Jahres 1751 starb Carl von Roussillon. Die
Nachricht vom Tode des Schwagers erreichte Marie Anne von Roussillon in Mainz. Sie
ließ an den Baron von Langelen, Regierungspräsident des Fürsten von Nassau-Usingen,
einen Brief schreiben, worin sie Erbschaftsansprüche stellte, da Carl von Roussillon keine
leibliche Erben hinterließ:
An Monsieur le Baron de Langelen, President de la Regence et Conseiller Intime de S. A.
S. le Prince de Nassau Saarbrücke à Usingen.
Ewgl. Hochwohlgebohrener Freyherr
Hochgeehrtester Herr Vetter
Es werden Ewgl. Hochwohlgeb. Herr Vetter in Übelen nicht verwenden, daß hiermit
incommodire und [?] es des mehreren schon hochgeneigt erinnerlich beywohnet,
hinterbringen darf, weßgestalten der Hochfürstliche Saarbrückische Hofmarschal und
Obristl[ieutenant] Herr von Rossillon seel. alß mein im Leben vielgeliebt geweßener
Herr Schwager das Zeitliche mit dem Ewigen verwechselt und ein Testamentum
hinterlaßen; davon nun vorhattet, [?] es würde dieses Testamentum vor 8 Tägen [?]
allschon geöffnet werden, ich dann auch dessenthalb meinen Gevollmächtigten umb
solches beyzuwohnen nach Biebrich abgeschickt, dieses aber war anders vorgefallen
seyn soll und Uhrsachen, nicht geschehen, der junge Herr von Rossillon aber die
behörige Vollmacht zurückgelaßen und auf nichts mehr alß auf die [?] Fräule von
Rossillon zu Ottweiler (vor welche ohnmaaßgaab jemand ex officio constituiret werden
kon[n]te) beruhet; alß habe facto Hochwohlgeb. H[err] Vetter gehorsamblich ersuchen
wollen, ob sie beliebig nicht geruhen mögten, es dahin hochgeneigt zu dirigiren, daß
dieses Testamentum wo möglich nächste Tägen eröf[f]net und mir darvon die
Notification ertheilet werden möge, vor welche [?] geneigte Willfahrt mit vieler
Consideration zeitlebens ohnverrückt verharre
Ewgl. Hochwohlgeb. meines Hochgeehrtesten Herrn Vetter
[nur die folgenden Worte sind von der Hand der Marie Anne von Roussillon]
gehorsambste Diener witib von Rossillon, gebohrene von Geismar, genant Mosbach von
Lintenfels.
Mayntz, den 18. April 1751.
[Nachschrift von der Hand der Marie Anne von Rossillon:] Es lassen die Fraue von
Koeth Euer Hochwohlgebohren gehorsambst Compl. machen und es seye ein Bursche,
welcher sich als Jäger verdingen wolt und sich bey ihr angetrage, sagent der
Büchsenmacher von Biberich seye seyn Bruder, als Bitt Frau von Koeth, Sie mögten ihr
als ihr liebster Vetter die Gefälligkeit thun, sich zu erkündigen, ob ihm zu trauen seye,
das vom er seine Liverey bedong thät, wirklich durchging, er heist Conerat Holsapfel
[Conrad Holzapfel]
von Rossillon, geb. von Geismar.
Gleichzeitig schrieb sie einen Brief an den Fürsten von Nassau-Usingen, um dessen
hochfürstliche gnädigste Protection" zu erflehen:
An Ihro Hochfürstliche Durchl. zu Nassau Ußing
Durchläuchtigster Fürst, gnädigster Fürst und Herr Herr
Ewgl. Hochfürstl. Durchl. geruhen gnädigst zu erlauben, daß ich [?] ein mit armen
Waysen zurückgelaßene und in den betrübten Wittwenstand niedergesetzte desolate von
Roussillon'sche Wittib wie es ohnehin schon gnädigst erinnerlich beywohnet, vorstellig
machen darf, welchergestalte mein Herr Schwager, der gewesene Hochfürstl[iche]
Hofmarchal Obristl[ieutenant] und Capitaine von Rossillon ohnlängst mit Tod
abgegangen und ein Testament hinterlaßen, vermöge deßen dem äußerlichen Vernehmen
nach meiner armen Wayßen instituiret seyn sollen; da dann nun zuforderst, jedoch mit
gnädigst Hochfürstl. Erlaubnis, weilen mein Herr [?] und mein verstorbener Herr
Schwager seel. (diesem wegen?) Hochfürstl. Haus bis in ihro Gruft die treu
unterthänigste Dienste geleistet, mir die einzige Hochfürstl. Gnad' freimüthigst ausbitte,
mich nebst meinen armen Wayßen in Hochfürstl. gnädigste Protection zu nehmen,
demnächst auch, wenn etwas wiedriges so wohl gegen mich alß meinen armen Wayßen
eingestreuet werden sol[l]te, solches durch dero starken hochfürstl. Arm gnädigst
abzuwenden, anbey gnädigst zu decretiren, daß dießes von meinem H. Schwager seel.
hinterlaßene Testamentum eröffnet und mir dasjenige waß vermacht alß Vormünderin
meiner armen Kindern gnädigst und mildest abgefolget werden möge, wie dieses mein
demüthiges Ansuchen in Recht und Billigkeit gegründet; alß[o] getröste mich in allem
Hochfürstl. Gnad, Huld und Barmhertzigkeit;
in Demuth ersterbe Ewigl. Hochfürstl. Durchl.
[nur die folgenden Worte sind von der Hand der Marie Anne von Roussillon:]
untertänige Magd Marie Anne Wittib von Rossillon, gebohrene Freyin von Geismar,
genannt Mosbach von Lindenfels.
Mäntz [Mainz], den 23ten April 1751.
Mit großer Wahrscheinlichkeit erhielt Marie Anne von Roussillon als Vormünderin
ihrer Kinder das Erbteil aus dem Nachlass des Carl von Roussillon ausgezahlt. Darauf
weist der Beschluss der fürstlichen Regierung:
Decretum ad supplicam
Der verwittibten Fraue von Roussillon, gebohrene von Geismar, genannt Moßbach von
Lindenfels zu Mayntz.
Die Eröffnung des von dem verstorbenen Obristlieutenant von Roussillon hinterlaßene
Testamenti betref[f]end:
Von der Frauen Supplicantin die in der Sache an sämtl. Interess [?] geschloßen mit der
Beyfügung, daß sie bar [?] Umbständen nach, da die Sache eigentl. Ihro ohnmündige
Kinder couvernirt, sich mit einer rechtl. Tutori zu legitimieren und soebend da nacher
Biebrich abzu [?] Mandatarium in Vormundschaft, namens zu bevollmächtigen habe.
Zum Erbe der Freiherren von Roussillon gehörte außer der Herrschaft Wertenstein mit
umliegendem Grundbesitz an Wiesen und Wälderne auch ein Viertelanteil an der
sogenannten Winterhauch", einem großen Waldgebiet zwischen Baumholder und
Oberstein. Die Besitzverhältnisse der Winterhauch waren so verworren, dass noch bis
weit ins 18. Jh. Prozesse vor dem Reichskammergericht geführt wurden. Im Staatsarchiv
Koblenz liegt die Prozessakte eines Rechtsstreits zwischen dem Trierer Kurfürst Clemens
Wenzeslaus gegen den Fürsten von Salm wegen Grenzstreitigkeiten (LAK, Bestand 56,
Nr. 2192). Darin ist die Abschrift eines Vergleichs eingebunden zwischen den Baronen
von Roussillon (den Söhnen des Jacques de Ro[u]ssillon, und den Gebrüdern Hild, deren
Mutter eine Geborene Freiin von Roussillon war) und dem Grafen von Leiningen-Heidesheim.
Der Vergleich wurde unterzeichnet am 24. Juli des Jahres 1751 in Metz. Ab Seite 67
der o. g. Prozessakte wird vor Gericht schriftlich erklärt:
§ 22
Zu deßen Gemäßheit [d.h. zur Rechtfertigung und Durchsetzung der Ansprüche der
Roussillon und der drei Gebrüder Hild] wurde eine Commißion von verschiedenen
Rechtsgelehrten zu Metz zusammengestellt, die Sache vorgenommen, erwogen, und
mehrermelten Hilden und Roßillon die in Anspruch genommene 4te [4. Teil der
Winterhauch] zuerkannt, fort zu wirklicher Ausfindigmachung die Lothringische Maitrihe
de Bousonville, der de Motardt [Name] committiret, welcher dann im Jahr 1753 den
ganzen District so wohl den Mittelbollenbacher Lothringischen Bann, als die drei zum
Trierischen Lehen gehörige Bänne, Oberstein, Nahbollenbach und Breungenborn
begienge, und aus diesem Complexn überzeugt einen vierten Theil abmeßete, absteinete
und ersagten Hilden und Roßillon zutheilete, hiedurch aber den Obersteiner District den
Berg oder das Eigenthum genannt pro dicta quarta ganz mitnahme.
§ 23
Sobald nun kurtrierischer Seits den Inhalt der von dem Grafen im Jahr 1751
abgeschloßenen nichtigen Convention so wie die von dem de Motardt beschehene
Absteinung in Erfahrung brachte, so wurde alsbald auch durch eine auf Lunéville
abgeschickte Deputation die bitterste Beschwerde geführt und die Erzstiftische jura
protestando bewahret, auch nach dem Vorgang vom Jahr 1557 die zwischen dem
lotharingischen Lehendistrict, und denen zu dem kurtrierischen Lehen Oberstein
appertinirenden drei Bänne entstandene Limiten-Strittigkeit [Grenzstreitigkeit] durch
beiderseits zu ernennende Commissarios in loco ausgleichen zu laßen angetragen.
§ 24
Allein alle Vorstellungen verfingen nichts, im Gegentheil wurde unterm 24ten Mai 1756
durch einen königlichen Arret des Conseils zu Lunéville die Motardtische Operation alles
ihres Inhalts bestättigt und gutgeheißen.
§ 25
Hierauf wendete sich der damals regierende Kurfürst Johann Philipp [von Walderdorff]
an Ihre Majestät den allerchristlichsten König [von Frankreich] selbsten, widerholten
die bereits geschehene Beschwerden und Anträge, erhielten auch so viel, daß voran
geregter königlicher Arrest suspendiret und die zwischen dem lotharinischen
Lehensdistrict und denen kurtrierischen Lehensappertinenzien entstandene Limiten-Streitigkeit durch königlich- und kurfürstliche Commissarien zu untersuchen und
entscheiden zulaßen beliebt wurde.
§ 26
Die gemeinsame Comission trate zwar im Jahr 1756 in loco wirklich zusamen, es ware
aber selbige von keiner Wirkung, und da immittelst der Reichskrieg [der Siebenjährige
Krieg] zwischen Ihro Majestät der letzt verstorbenen Kaiserin Maria Theresia und des
Königs in Preußen Majestät eingefallen war, und das hohe Kurhaus Trier, so wie alle
übrige Stände des Reichs bei denen eingebrochenen Kriegs-Troublen an allen Enden zu
wehren hatte, so bliebe die Sache auf sich erliegen.
§ 27
Nachdeme übrigens der letzte Vasall Graf Christian Reinhard von Leiningen-Heidesheim
am 20ten Novemb[er] 1766 verstorben, ohne männliche Erben hinterlaßen zuhaben, und
das hohe Erzstift Trier in Gefolg Tractats vom Jahr 1681 die angefallene
Lehensherrschaft Oberstein, bestehend in denen drei Bännen Oberstein, Nahbollenbach
und Breungenborn in Besitz genommen hatte, so wollte der französische Hof dieses für
eine offence de la dignite roiale ansehen, und dahero vordersamst alles in den Stand
worinnen es bei Ableben des letztern Vasallen gewesen [belassen].
Der Herzog von Lothringen, Stanislaus Leszcynski, erteilte den Roussillon ein Patent,
sozusagen eine französische Garantieurkunde, über den getroffenen Vergleich mit dem
Grafen von Leiningen-Heidesheim wegen ihres Viertelanteils. Ihren Besitz an der
Winterhauch verkauften offensichtlich die Roussillon um das Jahr 1757; entweder an den
Grafen von Leiningen-Heidesheim - mit dem sie sich zuvor um die Besitzrechte stritten -
oder an den Herzog von Zweibrücken, der ihnen mehr geboten hatte.
Die Verhandlungen über den Verkauf der Winterhauch an den Herzog von
Zweibrücken erwähnt der Baron von Feignies in einem Briefwechsel mit einem Herrn
Hauth, Bailly (Amtmann) in Nohfelden. (Gefunden in Landesarchiv Speyer: Bestand B6,
Archivalie Nr. 468.) Da die Briefe einen interessanten Einblick in die
Familienverhältnisse des Barons von Feignies und in das Zeitgeschehen von Juni bis Juli
1757 bieten, lasse ich sie hier vollständig folgen. Die französisch geschriebenen Briefe
sind nicht fehlerfrei, bzw. der uneinheitlichen Orthographie des 18. Jahrhunderts
zuzuschreiben.
gondesw. le 31. Jav. 1757
Monsieur très honoré voisin.
J'ai l'honneur de vous remercier de m'avoir envoié votre sergeant d'office pour
l'insinuation des décrets de la cour féodale contre M. le C[omte] d' Oetting, il était
tem[p]s par ce que l'on voulait me condamner par contumance a trèves.
Après nos complimens chez vous je suis celui d'etre avec considération Monsieur votre
très humble obéissant serviteur de Feignies.
Übersetzung:
Gonnesweiler, den 31. Januar 1757
Mein sehr ehrenwerter Herr Nachbar.
Ich habe die Ehre, Ihnen dafür zu danken, dass Sie mir Ihren Kanzleiangestellten
geschickt haben zwecks der Ingangsetzung der Anordnungen des Hofes [Feudalhofes]
gegen den Herrn Grafen von Oettingen [von Dagstuhl]. Es war höchste Zeit, denn man
wollte mich bereits in Contumanz [in Abwesenheit] in Trier verurteilen.
Nach unseren Komplimenten an Sie verbleibe ich mit vorzüglicher Hochachtung, mein
Herr, als Ihr sehr ergebener und gehorsamer Diener von Feignies.
à gondesweiler le 2. Juni 1757
Monsieur très honoré voisin.
J'ai l'honneur de vous dire qu'on me marque des deuxponts qu'il n'etait pas nécessaire de
vous envoyer les ordres ultériöses pour empecher le Wagner d'entrer dans la maison de
cure à Neunkirchen, que les ordres que vous avez sont suffisantes à ce sujet, c'est la veille
de la St. Jean que les nouveaux curés viennent s'etablir en leure paroisses quod bene
notandum, j'espere entre tem[p]s d'avoir la suspension des provisions de Wagner de
l'electeur qu'on ma promis. J'en serais charmé, vu que ce cela evitera du chagrin aux deux
cours. Nous sommes à present occupés à spéculer à qui nous céderons la Winterhauch à
S.A.S. on à M. le C[omte] de linange [Graf von Leiningen]. J'ai écris mes sentimens à ce
sujet à M[adame] de Rossillon. Je compte qu'elles les suivra. nous saurons dans peu d'une
facon ou d'autre la fin, dieu le veuille. À présent que les nouvelles de la guerre que je
vous ai communiqué sont surgis, un Religieux de tholey à recu de son frère qui est à
vienne [Wien] au service du prince Esterhasi comme ingenieur lui a écrit a peu pres dans
le meme gout, ce qu'il y a de bon, ce que nous pouvons croire ce que nous voulons.
Je vai faire hausser la prairie de la Rauchwieß cette apres diner pour vous satisfaire et
l'homme de Steinberg.
Apres nos complimens chez vous j'ai l'honneur d'etre avec toute la consideration
Monsieur votre très humble obeissant serviteur de Feignies.
Übersetzung:
Gonnesweiler, den 2. Juni 1757
Mein sehr ehrenwerter Herr Nachbar.
Ich habe die Ehre, Ihnen mitzuteilen, dass man mir aus Zweibrücken zu verstehen gibt,
dass es nicht notwendig ist, Ihnen weitere Anordnungen zuzuschicken, um den Wagner
am Eintritt in das Pfarrhaus Neunkirchen [Nahe] zu verhindern, dass die Anordnungen,
die Sie besitzen, ausreichend sind zu diesem Zweck. Am Vorabend von St. Johann
[23.06.] kommen die neuen Pastöre zur Einführung in ihre Pfarreien quod bene
notandum. Ich hoffe, dass ich bis dahin die Suspension der Provisionen des Wagner vom
Kurfürsten haben werde, die man mir versprochen hat. Ich wäre davon entzückt, denn das
würde Kummer vermeiden an beiden Höfen.
Wir sind im Augenblick beschäftigt, darüber zu spekulieren, an wen wir die Winterhauch
[ein großes Waldgebiet zwischen Baumholder und Idar-Oberstein] abgeben [verkaufen]
werden, an S.A.S. [den Herzog von Zweibrücken] oder an den Herrn Grafen [Christian
Reinhard] von Leiningen [Heidesheim]. Ich habe meine Meinung darüber an Madame de
Rossillon geschrieben. Ich hoffe, dass diese meinen Empfehlungen folgen wird. Wir
werden in Kürze auf die eine oder andere Weise das Ergebnis kennen, so Gott will.
Gleichzeitig als die Kriegsnachrichten, die ich Ihnen mitgeteilt habe, aufgetaucht sind, hat
ein Mönch aus Tholey von seinem Bruder in Wien, der dort im Dienst des Fürsten
Esterhasi als Ingenieur steht, dasselbe erfahren; dieser hat ihm fast im gleichen Sinne
geschrieben, was es Gutes daran gibt, was wir glauben können, was wir [glauben] wollen.
Ich werde das Gras in der Rauchwieß schneiden lassen heute Nachmittag, um Sie
zufrieden zu stellen und den Mann aus Steinberg.
Nach unseren Komplimenten an Sie habe ich die Ehre mit ganz vorzüglicher
Hochachtung, Ihr sehr ergebener und gehorsamer Diener de Feignies.
à gondesweiler le 6. Juni 1757
J'ai l'honneur de vous donner avis que l'électeur à suspendu les provisions de Wagner
pour la Cure de Neunkirchen, ainsi nous serons en repos de ce coté la, 2. que M. Matthis
commissaire des limites [pour le Roi de France] marque que nous n' avons pas voulu
accepter les 66 mille florins de M[onsieur] le C[omte] de linange [Graf von Leiningen],
que S.A.S. le duc en a offert 78.500 [florins] qu'on va traiter avec lui.
Je voudrais que tout soit fini pour que j'ai du repos de ce coté la aussi.
On est à la veille des deux grandes batailles, une en boheme quand les forces imperiales
seront jointes et l'autre entre les francais et hanovriens les prussiens selon les lettres
arrivées a trèves ont bien voulu attaquer prague le 16 may mais il ont étés repoussés 4fois
et ils n'ont plus voulu marcher à la cinquieme.
M. Redinger, gouverneur de mes deux fils, est ici qui at une magnifique cure proche
coblence. Il commencera à me tirer une idée des paix en guerre apres quoi. Je vous
renvoyerai avec remeciment aussitot votre Atlaß.
Apres nos compliments chez vous j'ai l'honneur d'etre avec considération, Monsieur,
votre très humble obeissant serviteur de Feignies.
Übersetzung:
Gonnesweiler, den 6. Juni 1757
Ich habe die Ehre, Ihnen mitzuteilen, dass 1. der Kurfürst [Johann Philipp von
Walderdorff] die Einsetzung des Wagner in die Pfarrei Neunkirchen [Nahe] suspendiert
hat, somit haben wir Ruhe von dieser Seite.
2. dass M[onsieur] Matthis, Grenzkommissar [des französischen Königs] bemerkt, dass
wir die 66.000 Gulden [für den Verkauf der Winterhauch] nicht akzeptieren sollten vom
Herrn Grafen von Leiningen, dass seine Hoheit, MSg. der Herzog, 78.500 [Gulden] dafür
[für die Winterhauch] geboten hat, dass man mit ihm verhandeln wird. Ich wollte, dass
alles zu Ende wäre und ich meine Ruhe auch von dieser Seite hätte.
Wir befinden uns am Vorabend von zwei großen Schlachten, eine davon in Böhmen,
wenn die kaiserlichen Streitkräfte sich vereinigt haben, und die andere zwischen den
Franzosen und den Hannoveranern. Die Preußen - laut der Briefe, die in Trier
angekommen sind - wollten Prag am 16. Mai [1757] angreifen, aber sie wurden viermal
zurückgeschlagen und wollten es nicht ein fünftes Mal versuchen. M[onsieur] Redinger,
Hofmeister meiner beiden Söhne, ist hier. Er hat eine prächtige Pfarrei in der Nähe von
Koblenz. Er wird damit beginnen, mir seine Idee von einem Friedensplan nach diesem
Krieg zu entwerfen. Wonach ich Ihnen Ihren Atlas mit Dank sofort zurückschicken
werde.
Nach unseren Komplimenten an Sie habe ich die Ehre mit Hochachtung zu verbleiben,
Monsieur, Ihr sehr untertäniger und gehorsamer Diener de Feignies.
à gondesweiler le 9. Juni 1757
Monsieur très honoré voisin
J'ai l'honneur de vous offrir mes services à Coblence [Koblenz]. Voulant partir s'il ne
survient d' obstacle mercredi prochain par terre.
Ceux de Dagstu[h]l font courir le bruit que le Land-Hauptmann de trèves viendra soutenir
M. Wagner la veille de la St. Jean à Neunkirchen. Je ne crois pas à pareilles gasconnades,
car un ami qui ménage mes interesses à trèves me notifie sa suspension, que je compte
avoir apres demain par ecrit le soir à l'arrivée de madame de Rossillon, qui vient avec à
coblence [Koblenz]. Les cheveux me dressent de devoir donner 1.500 écus, deja sur les
lieux, et 50 R.[eichsthaler] de pension annuelle, il est vrai quelle sera noblement placée.
S'il y à quelque chose de nouveau à rapport de Wagner je vous au donnerai avis avant
mon depart. Il ne vous couterait à tout événement qu'un [bott gieng?] aux deuxponts.
Apres nos compliments chez vous j'ai l'honneur d'etre avec considération Monsieur votre
très humble obeissant serviteur de Feignies.
Je ne manquerai de vous renveier l'atlass au plutard lundi prochain.
Übersetzung:
Gonnesweiler, den 9. Juni 1757
Mein sehr ehrenwerter Herr Nachbar.
Ich habe die Ehre, Ihnen meine Dienste anzubieten in Koblenz. Ich will am nächsten
Mittwoch abreisen, wenn nichts dazwischen kommt, auf dem Landweg.
Die von Dagstuhl lassen das Gerücht verbreiten, dass der Landhauptmann von Trier
kommen wird, um Herrn Wagner zu unterstützen am Vorabend von St. Johann [23.6.] in
Neunkirchen [Nahe]. Ich glaube nicht an solche Gasconaden [Prahlereien], denn ein
Freund, der meine Interessen in Trier vertritt, teilt mir dessen Suspension mit, die ich
übermorgen Abend schriftlich zu haben glaube bei der Ankunft der Madame de
Ro[u]ssillon, die mitreisen wird nach Koblenz.
Die Haare sträuben sich mir, dass ich 1.500 Ecus sofort an Ort und Stelle und dazu 50
R[eichsthaler] jährliche Pension zahlen muss. [Das bezieht sich auf die Unterbringung
seiner Tochter im Kloster Oberwerth bei Koblenz.] Es ist wahr, diese Gelder werden
bestens angelegt sein.
Falls es etwas Neues gibt über den Wagner, werde ich Ihnen noch vor meiner Abreise
Nachricht geben. Es würde Sie für jedes Ereignis nur ein [unleserlich] kosten in
Zweibrücken.
Nach unseren Komplimenten an Sie habe ich die Ehre ... de Feignies.
Nachsatz: Ich werde es nicht versäumen, Ihnen den Atlas bis spätestens nächsten Montag
zurück zu schicken.
à gondesweiler le 13. Juillet 1757
Monsieur très honoré voisin.
J'ai l'honneur de vous communiquer ce que S.A.S. de Trèves at ordonné d'expédier a son
constistoire de treves au sujet de la cure de Neunkirchen, par laquelle pièce vous verrez
que j'ai rangé M. le Comte d' Oetting et M. Wagner qui se flattait toujours de venir au
Neunkirchen. J'ai par cette voie soutenu les intérets de la cour feodale et les miens par
consequent. Je vous prie d'on envoyer copie à la Regence ad notitiam.
J'ai été mort fondu de mon voiage de coblence par ses chaleurs excessives, que je ne plus
encore me ratrappe, je suis allé faire ma cour a l'électeur, c'était par hazard un jour de gala
par raport à son frère le prince de fuld. J'ai du faire comme les autres et du boire plus des
30 grand verres, le prince ma recu fort gracieusement et entretenu une demie heure seul.
Ma Caroline s'est engagée pour toujours dans cette illustre abbaie d' Oberwert avec un
courage héroique. J'etait las de ces grand festins, ou ma comblé d'honnetetées et
politesses, mais il m'en à couté mon bon beure, par mille gros écus, fraise tous compris
outre c'est la une pension annuelle des 50 R. Ces dames ne peuvent etre mieux qu'elles
sont. J'ai laissé ma Charlotte en pension aupres de sa soeur qui ne plus voule revenir à
gondesweiler, se voyant en si belle compagnie.
Apres nos compliments chez vous j'ai l'honneur ... de Feignies.
Übersetzung:
Gonnesweiler, den 13. Juli 1757
Mein sehr ehrenwerter Herr Nachbar.
Ich habe die Ehre, Ihnen das zu übersenden, was seine Hoheit in Trier [der Kurfürst von
Walderdorff] angeordnet hat an seinen Kirchenrat in Trier zu schicken bezüglich der
Pfarrei Neunkirchen [Nahe], aus welchem Schreiben Sie ersehen werden, dass ich den
Herrn Grafen von Oettingen und Herrn Wagner rangiert habe, welcher sich immer
eingebildet hat, nach Neunkirchen [Nahe] zu kommen. Ich habe auf diese Weise die
Interessen des Hofes [von Zweibrücken] unterstützt und folglich auch die meinigen. Ich
bitte Sie, eine Copie davon an die Regierungskanzlei [nach Zweibrücken] zu schicken.
Ich war, wegen der aussergewöhnlichen Hitze, totmüde von meiner Reise nach Koblenz
zurückgekehrt, die ich mir nicht noch einmal auferlegen möchte. Ich habe dem Kurfürst
[Johann Philipp von Walderdorff] meine Aufwartung gemacht. Das war zufällig ein
Festtag anlässlich seines Bruders, des Prinzen [und Fürstabts] von Fulda. Ich musste so
machen wie die anderen und mehr als 30 große Gläser [Wein] austrinken. Der Prinz
[Fürstabt] hat mich sehr freundlich empfangen und sich eine halbe Stunde mit mir allein
unterhalten.
Meine Caroline [die älteste Tochter des Barons von Feignies] ist für immer eingetreten in
dieses illustre Kloster von Oberwerth mit einer heldenhaften Courage. Ich war baff über
diese großen Festlichkeiten. Man hat mich überschüttet mit Ehrerbietungen und
Höflichkeiten, aber das hat mich meine gute Butter [Redensart] gekostet; und zwar
tausend dicke Ecus, die Unkosten inbegriffen, und ausserdem noch eine jährliche Pension
von 50 R[eichsthaler]. Diese Damen könnten nicht besser sein als sie sind. Ich habe auch
meine Tochter Charlotte dort in Pension gelassen bei ihrer Schwester, welche nicht mehr
nach Gonnesweiler zurückkehren will, weil sie sich in so guter Gesellschaft weiß.
Nach unseren Komplimenten an Sie habe ich die Ehre ... de Feignies.
Über die Zustände in den Klöstern des Erzstifts Trier im 18. Jahrhundert berichtet
Ludwig Boos von Waldeck (abgedruckt in dem oben genannten Artikel von Kentenich):
Zu diesen Zeiten waren die adliche Nonnenklöster mehrigsten Theil mit Freylen vom
Ertzstifftischen Adel besetzet; Layen [von der Leyen], Eltzer, Bassenheimer, Metterniger,
Kesselstatter, Booser, Greiffenglauer, Beysel, Schmidburg und dergleichen mehrere von
ächtem Adel waren zu Boppard, Oehren, Oberwerth, Stuben, Engelport, Marienroth und
St. Thomes Abtissinnen, Fraumeisterinnen, Priorinnen und Conventualen; zu selbigen
Zeiten muß das adliche Geschlecht frommer als heutiges Tags gewesen sein, weilen man
kaum eine oder höchstens zwey Freylen vom ächten Landsadel in allen obigen Klöstern
heutiges Tags antreffet.
Man machte sich auch zu selbigen Zeiten öffters in denen adlichen Klöstern recht
lustig: mehrmalen brachte man allda die letzte Fasenachts-Zeit zu; bey Einkleidung und
Profession ginge es jedesmahlen sehr prächtig zu, alles regirte im Ueberflus, man tantzte
und divertirte sich herlich, jedoch allzeit mit Wohlstandt: die Freylen lebten in sothanen
Klöster vergnügt, einig und zufrieden, ich erinnere mich nit, daß eine zu diesen Zeiten
jemalen begehret aus dem Kloster austretten zu dörfen. Vom Adel, welche in die gemeine
jungfreilige Klöster getretten, hatte man außer einer Gräfin von Metternig, welche in das
St. Barbara-Kloster eingetreten, allda im hohen Alter gestorben, kein [weiteres] Beispiel;
imgleichen ware es zu diesen Zeiten rar, daß ein ächt Adlicher in einen Mönchs-Orden
eingetretten: nur allein erinnere ich mich eines Grafen von Bassenheim, welcher
Dominicaner und in diesem Orden alt geworden. In Springirsbach waren zu diesen
Zeiten vom trierischen Adel ein Hr. von Eltz-Rübenach und in jüngern Zeiten ein Hr. von
Ahr und von Brackel; die übrige waren ausländische, jedoch von guten ächten
Geschlechtern. [...] Ein Herr von Feignies trittete auch zu diesen Zeiten in den Jesuiter-Orden; er wurde aber als Priester noch vor Auslöschung des Ordens aus dem Orden
geschickt; er sagte zwar, er habe selbst seine Dimission verlangt; ..."
Weitere interessante Informationen über die kurtrierischen Adelsklöster fand ich in der
Dissertation von Eduard Weibeler mit Titel >Zustand rheinischer adliger Frauenklöster,
Trierer Anteil, zu Beginn der französischen Revolution<, Bonn 1922. Der Autor lässt sich
folgendermaßen über die Zustände in den adeligen Frauenklöstern Kurtriers aus:
Selbst eine gut verwaltete Wirtschaft hätte auf die Dauer eine solche Lebenshaltung
nicht gestatten können, wie man sie in den adeligen Frauenklöstern gewohnt war. Nicht
nur daß die Fräulein gut lebten, sondern auch die Dienstboten schlemmten; und aus
Prahlerei wurden die Gäste monatelang bewirtet."
Ein giftiger Brodem für das Herz einer jungen Klosterfrau war der längere und
häufige Aufenthalt der Männerwelt in den adeligen Klöstern. Und zwar waren es lauter
Nichtstuer, Militärs, die ihre Zeit nicht besser zuzubringen wußten, als eine geistliche
Schwester oder Cousine zu besuchen, trinkfeste Gesellen, die wenig Lust verspürten, ihr
Benehmen der geistlichen Umgebung anzupassen. Engelport war zur berühmten
Weinschenke geworden und St. Thomas hatte in Feinschmeckerkreisen einen Namen
bekommen."
Die Not und Dürftigkeit des Adels ist das größte Übel der Zeit. Der Adel des
Kurlandes hat auf die reichen Stiftungen seiner Vorfahren Anspruch. Er muß
untergebracht werden, weil er arm ist. Kurtrier hat 9 adelige Frauenklöster mit S[umm]a
36.548 Reichstaler Einkünften jährlich, von denen nur wenige Landeskinder ernährt
werden. Das übrige ist ein Raub fremder Familien, die nicht nur ihre Kinder damit
versorgen, sondern oft halbe Jahre davon schwelgen."
Wir können uns daher gut vorstellen, dass die mittellose Madame de Rossillon mit ihrer
Tochter Henriette Alexandrine ihre beiden Nichten, bzw. Cousinen, die eine lebte als
Nonne im Kloster Oberwerth, die andere im Kloster Machern, des öfteren über längere
Zeit besucht haben.
Da mich alles interessiert, was die Goethe-Geliebte Henriette Alexandrine von
Roussillon und deren Familie betrifft, so machte ich mich zu Anfang des Jahres 2003 auf
den Weg von Homburg nach Heimbach, um den ehemaligen Weibweiler Hof, heute
Heimbacher Hof, zu suchen. Auf einer Karte im Heimatmuseum Birkenfeld fand ich
schließlich beim zweiten Anlauf die genaue Wegbeschreibung und Lage des Hofes.
Vor dem Birkenfelder Heimatmuseum befindet sich ein Grenzstein mit den Initialen
>WH 1710<. Dies bedeutet entweder >Weibweiler Hof 1710< oder >Wertensteiner
Herrschaft 1710<, wobei ich ersteres für wahrscheinlicher halte. Die Jahreszahl könnte
das Gründungsjahr des Hofes bezeichnen, demnach das Jahr 1710. Die Roussillon-Scheune wurde vermutlich um 1710 erbaut, demnach ist sie heute 290 Jahre alt. Eine
genaue Datierung wird erst eine dentrochronologische Untersuchung des Eichenholzes
ergeben.
Von dem ehemaligen Weibweiler Hof ist heute nur noch eine Scheune erhalten, von
mir >Roussillon-Scheune< genannt.
In dem Buch >Dorf und Bauernhaus im deutschsprachigen Lothringen und im
Saarland< von Werner Habicht, Saarbrücken 1980, habe ich interessante Informationen
zur Baugeschichte von Bauernhäusern in unserer Heimat gefunden. Wenn wir heute an
ein Bauernhaus denken, so steht das Bild eines sogenannten breitgegliederten
Quereinhauses" vor unseren Augen. Das heißt, Wohnhaus, Scheune und Stallungen sind
unter einem Dach vereinigt. Diese zweckmäßige Form eines Bauernhauses war jedoch
um das Jahr 1710 noch keineswegs allgemein üblich gewesen. In Werner Habichts Buch
steht auf Seite 231: Obwohl die Quellen des 16. Jahrhunderts in den Gebieten außerhalb
Lothringens bereits einzelne Hinweise auf die räumliche Vereinigung des Wohnhauses
mit den für das bäuerliche Wirtschaften wichtigen Gebäuden liefern (vgl. S. 93 ff), gibt es
noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts genügend Belege für die Existenz des Streuhofes.
Der Anteil dieser Gehöftform geht in den ersten fünf Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts
stark zurück. Die Übergänge sind dabei fließend ...
Der Weibweiler Hof war ursprünglich ein sogenannter Streuhof; das heißt, der gesamte
Bauernhof bestand aus mehreren Gebäuden: dem Wohnhaus, eventuell mit Stall im
Erdgeschoss oder seitlich angebaut, einer separat stehenden Scheune, ebenfalls mit Stall,
weiterhin mit einem separat errichteten Stallgebäude, eventuell noch mit einem Schafstall
und außerdem noch mit einem Backhäuschen.
Die Lage des Weibweiler Hofes auf einem Bergrücken lässt vermuten, dass sein
Hauptproduktionzweig aus Viehzucht bestand. Schafe, Ziegen, Rinder und Pferde ließen
sich hier ohne Schwierigkeiten züchten. Selbstverständlich wurde auch Getreide und
andere Feldfrüchte angebaut, hauptsächlich aber für den Eigenverbrauch. Die Gründung
des Weibweiler Hofes durch die Freiherren von Roussillon diente meiner Überzeugung
nach in der Hauptsache zur Sicherung des Eigenbedarfs an landwirtschaftlichen
Erzeugnissen.
Was uns bei der Roussillon-Scheune sogleich ins Auge fällt, das ist die massiv
gemauerte Bauweise aus unbehauenen Bruchsteinen. Das Scheunentor, eine Stalltür und
zwei oder drei kleine Fenster waren ursprünglich mit hölzernen Gewänden versehen. Erst
in späterer Zeit wurden sie durch Backsteinmauerwerk ersetzt. Drei mächtige
Eichenbalken von über acht Metern Länge, einer Höhe von 40 cm und einer Breite von
fast 30 cm tragen den Heustock, von 6 Eichenstämmen gestützt, die unten leicht
angespitzt sind. Sie ruhen auf Steinsockeln, um dem Verfall besser standhalten zu
können. Zwei dieser originalen Eichenstützen konnte ich noch erkennen.
Das Dachgebälk ist leider nicht mehr im Originalzustand erhalten, weil die Scheune
später erweitert wurde. Es war wohl ein etwas flacheres Dach mit einfacher
Stilunterstützung der Pfetten, wie es auch heute noch zu sehen ist. Ursprünglich war das
Dach der Roussillon-Scheune entweder mit Holzschindeln, wahrscheinlich aber mit Stroh
gedeckt. An der Wetterseite wurden Hainbuchenhecken gepflanzt. Die Äste verwuchsen
zu einem dichten Schutz vor den Sturmböen des Herbstwindes. So wurde verhindert, dass
starke Winde der Hochfläche das Strohdach am Giebelende aufzausten.
Der heutige Besitzer der Roussillon-Scheune ist Herr Kurt Künzer, wohnhaft auf dem
Heimbacher Hof. Seine Vorfahren erwarben den Weibweiler Hof zu Beginn des 19.
Jahrhunderts. Für sein freundliches Entgegenkommen möchte ich mich an dieser Stelle
herzlich bedanken.
Am 10. November 1757 starb in Saarbrücken eine Schwester Ludwig von Roussillons,
mit Namen Catharina Christiana von Roussillon. In ihrem Testament, erstellt am 22.
September 1757, wurden als Erben eingesetzt: ... meinen liebwerthen noch lebenden
Bruder Herrn Friederich von Roussillon Kayserl. Major und Commandanten von Pisa,
sodann meines ältesten seel. Bruders weyl. H. Christian Ludwig von Roussillon
hinterlassene acht Kinder, nahmentlich 1. H. Christian Karl, 2. H. Karl Henrich, 3. H.
Ludwig Wilhelm, 4. Fräulein Polyxena Katharina, vermählte Passerin, 5. Frau
Wilhelmina Alexandrine, vermählte Fintzerin (Fentzling), 6. Charlotta Christina, 7.
Sophie Henriette und 8. Katharine Caroline allesamt von Roussillon wie auch meines
seel. verstorbenen jüngsten Bruders weyl. H. Frantz Alexanders Ludwig Moritz
Christians von Roussillon gewesenen Rittmeisters unter dem Königl. Frantzösischen
Nassauischen Cavallerieregiment, hinterlassene drey Kinder, nemlich 1. H. Karl
Wilhelm, 2. H. Friederich Karl Gregorius und 3. Fräulein Henriette Alexandrine alle von
Roussillon dergestalten zu meinen Erben ein, dass mein sich noch im Leben befindender
Bruder H. Friederich von Roussillon 200 sage zweyhundert Gulden, und jedes von
meinen beyden verstorbenen Gebrüdern H. Christian Ludwig von Roussillon sowohl als
H. Frantz Alexander Ludwig Moritz Christian von Roussillon hinterlassenen
obbenahmten Kinder jedes ohne Unterschied eins wie das andere 100 sage einhundert
Gulden erben und aus meiner Verlassenschaft ziehen und bekommen soll.
Weiter und 4.) vermache und legire ich meines jüngsten seel. Bruder H. Frantz Alexander
Ludwig Moritz Christian von Roussillon hinterlassene Frau Wittib [Witwe] gebohrene
von Geismar 100 sage einhundert Gulden.
Sodann legire und vermache an die Fräulein Sophie Henriette von Roussillon Hof
Dame bey Ihro Hochfürstl. Durchlaucht der verwittibten Frau Hertzogin zu
Zweybrücken, meine silberne Caffekanne, silberne Milchkanne, silberne Zuckerschaale
mit sechs Löffelgen und einem Zuckerzänglein.
Ferner legire und vermache Ich meiner Schwägerin, meines seel. Bruders H. Frantz
Alexanders Ludwig Moritz Christians Frau Wittib, gebohrene von Geismar mein
vergüldet silbernes Besteck, Messer Löffel und Gabeln mit dem Futteral.
Desgleichen legire und vermache Ich meiner Frau Schwägerin Tochter Fräulein
Henriette Alexandrine von Roussillon meiner lieben Niece ein Besteck vergüldgewesener
Messer, Löffel und Gabeln nebst einem [unleserlich: Markzieher?] und Löffel, einem
Saltzfäßgen und Eyerschählgen.
Auch legire und vermache Ich meinem Neveu H. Carl Henrich von Roussillon
Capitaine und Commandant vom 3ten Bataillon Royal Deux Ponts mein Futteral mit
sechs silbernen Messer Löffeln u. Gabeln.
Noch weiter legire und vermache Ich meinem Neveu H. Carl Wilhelm von Roussillon
Lieutenant unter Royal Deux Ponts [richtig: >Prinz Carl<] meine goldene Sackuhr. Und
dessen Bruder meinem Neveu H. Friederich Carl auch Lieutenant unter dems. Regiment,
[richtig: >Prinz Carl<] legire und vermache Ich meine zwey kleine silberne Leuchter
samt der silbernen Lichtbutz und einer runden silbernen Seifenbüchse.
Die Saarbrücker Erbtante verstarb bereits kurz nach Niederlegung ihres Testaments.
Maria Anna von Roussillon, geborene von Geismar, gab ihrem Schwager - dem Baron
von Feignies zu Gondesweyler (Gonnesweiler bei Nohfelden) - Vollmacht, die
Erbschaftsangelegenheit in ihrem Namen und dem ihrer drei unmündigen Kinder zu
regeln. Dieser schrieb an den Nachlassverwalter in Saarbrücken:
à gondesweiler, le 11. Mars 1758
J'ai cru inutil de revoir repondre à votre derniere vu que vous me demandez un act
comme quoy les mineurs ont en empire un tuteur, chose que j'espere vous faire tenire
plutot possible par un expres, malgrez que madame de Rossillon n'est pas obligée de
lacher unsols de son legat, mon conseil est que vous vous accommodier en dessous main
avec les deux créanciers, vous priant monsieur de solluiter l'affaire au suserdem Dehame
pour que je n'on sois pas Laduppe; j'ay l'honneur d'etre apres nos complemens chez
vous, avec toute l'estime de Feignies.
Nachsatz: J'ay la reponse de madame de Rossillon pour vous, que je vous feray tenir par
l'expres.
Die deutsche Übersetzung lautet:
zu Gonnesweiler, den 11. März 1758
Ich habe es für sinnlos gehalten, auf Ihr letztes Schreiben zu antworten, weil Sie von mir
verlangen, dass die Minderjährigen dafür einen Vormund benötigen. Ich kann Ihnen dies
eher ermöglichen durch einen Boten. Obwohl Madam de Roussillon nicht verpflichtet ist
freiwillig auf ihr Legat [ihre Erbschaft] zu verzichten, rate ich Ihnen dazu, sich unter der
Hand vergleichen (verständigen) zu wollen mit den beiden Gläubigern. Indem ich Sie
bitte, die Sache mit dem (suserdem)[?] de Hame beilegen zu wollen, damit ich nicht
dabei der Dumme bleibe, habe ich die Ehre, zu sein mit unseren Komplimenten und mit
vorzüglicher Hochachtung
de Feignies
Nachsatz: Ich habe die Antwort von Madam de Rossillon an Sie, die ich Ihnen durch
Boten zukommen lassen werde.
Der folgende Brief des Baron von Feignies ist nicht zu ermitteln, an wen er gerichtet
war. Er enthält einige Informationen über Maria Anna von Roussillon:
(Der obere Teil ist abgeschnitten.)
... Ma santé ne permet, que de vous dire, que mon exprés ma semis delege des enfants
de Louis de Rossillon trente deux Louis[dore] au cour de france sept petits escus, et
quatorze [Pfennige], comme aussi les argenteriy enoncées par le testament, de la quelle
somme j'ay envoyé dizhuit Louis[dore] à Mad. de Rossillon avec les argenteriy, ayant
setenu la boulle à seavon, je luy serai tenir le reste, après que je serai authonsé, voullant
rien avoir à faire avec les mineurs.
Je doit vous dire, Monsieur, que les creanciers de Louis de Rossillon ne sont forsés de
faire arretter les leges de ma belle soeur vu, quelle à renoncée forme. Clement à
Sargueminde à l'heritage de son marit, la renonciation à este insinuée à Sarbrück, il est
si vray, que Mad. de Rossillon ma belle soeur à tyrée tous ces apports de mariage en fait
de linge, des lits, tables du corps et quelques autres meubles par un decret, que j'ay
obtenu de la regence de Sarbruck signe de Monsieur de Bode, avec les grand secause de
la ditte regence, tout il s'en suit, que les créanciers ne peuvent pas arrettes les leges en
question ny attaquer Madame de Rossillon pour la moindre chose vu la renonciation, je
vous prie Monsieur de vouloir dicter cette renonciation au prothocol de la ditte Regence
pour fermer la bouche aux créanciers, je vous en aurai beaucoup d'obligation, estant
avec estime
Monsieur
Votre très humble et très obeissant serviteur de Feignies.
Die deutsche Übersetzung lautet:
Meine Gesundheit erlaubt es mir nur, Ihnen zu sagen, daß mein Bote mir die
Vermächtnisse ausgehändigt hat von den Kindern des Louis de Roussillon, 32 Louis D`or
in französischer Währung 7 kleine Ecus und 14 [Pfennige?], sowie auch die im
Testament genannten Silbersachen, von welcher Summe ich 18 Louis D´or mit den
Silbersachen an Madame Rossillon geschickt habe, die Seifenkugel habe ich
zurückbehalten. Ich werde ihr den Rest zukommen lassen, nachdem ich dazu autorisiert
bin. Ich will nichts mit den Minderjährigen zu tun haben. Ich darf [oder muss] Ihnen
sagen, Monsieur, dass die Gläubiger des Louis de Rossillon nicht gezwungen sind, das
Erbe meiner Schwägerin zurückzuhalten, angesichts dessen, dass diese formell darauf
verzichtet hatte. Clement zu Saargemünd hat bei der Erbschaft ihres Mannes diese
Verzichterklärung [gemeint ist: die der Madame Rossillon] in Saarbrücken
eingeschmeichelt [insinuiert]. Es ist so wahr, dass Madame de Rossillon, meine
Schwägerin, ihre gesamte Heiratsmitgift in Form von Wäsche, Betten, Tischen und
einigen anderen Möbelstücken bezogen hat in einer Verordnung [Dekret], die ich
erhalten habe von der Regierung in Saarbrücken, unterzeichnet von Monsieur de Bode
mit großer Unterstützung der genannten Regierung. Es folgt aus alledem, dass die
Gläubiger die in Frage kommende Erbschaft nicht zurückhalten können und auch
Madame de Rossillon nicht im Geringsten angreifen können bezüglich der
Verzichterklärung. Ich bitte sie, Monsieur, diese Verzichterklärung bei der genannten
Regierung zu Protokoll geben zu wollen, um den Gläubigern den Mund zu stopfen. Dafür
wäre ich Ihnen sehr [zu Dank] verpflichtet.
Ich verbleibe mit verzüglicher Hochachtung
Monsieur
Ihr sehr ergebener und sehr gehorsamer Diener de Feignies.
Frau von Roussillon schrieb von Trier aus an den Testamentsvollstrecker:
Monsieur
J'ay recue celle que vous m'avez fait l'honneur de m'adresser, vous ayant, monsieur,
toutes les obligations du monde des peines que vous vous don(n)ez vous priant, monsieur,
de vouloir avoir la bontez de fair tenir le reste à mon beaufrère à gonesveiller
[Gonnesweiler] vous m'obligierich in finiment si vous povriez me procurer de tou chez le
tout ensemble dans etre assignè à greveiller [Grehweiler, heute: Gau-Grehweiler]. Vous
me ferich un grand plaisir puis qu'on ne sais quand medames les Rheingraffe me le
pouront payer j'espere que vous me ferois ce plaisir la dy preter votre soin ayant
l'honneur d'etre avec bien de la considération.
Monsieur, votre très humble et obeissante servante de Rossillon, née de Geismar.
à trèves, le 24. Mars 1758.
Nachsatz: Vous aurez la bontez de bacher que les deux créanciers come (unleserlich) et
Reutter soisant contrenter de la facon que vous monez
dit mes compl. chez vous s'il vous plait.
Die deutsche Übersetzung lautet:
Ich habe den [Brief] erhalten, mit dem Sie mir die Ehre erwiesen haben, ihn an mich zu
richten; und ich habe deshalb, Monsieur, die allergrößte Plicht [alle Verpflichtungen der
Welt] für die Mühe, die Sie sich gemacht haben, indem ich sie bitte, Monsieur, die Güte
haben zu wollen, den Rest [von der Erbschaft] an meinen Schwager in Gonnesweiler zu
schicken. Sie würden mich unendlich zu Dank verpflichten, wenn Sie mir das alles
zukommen lassen könnten, ohne dass es in Grehweiler [heute Gau-Grehweiler] angezeigt
werden müsste. Sie würden mir dadurch eine große Freude machen, weil man nicht weiß,
wann die Rheingräfinnen es mir werden bezahlen können. Ich hoffe, dass Sie mir den
Gefallen tun werden, darauf zu achten, indem ich die Ehre habe, mit vorzüglicher
Hochachtung zu verbleiben [zu sein] Monsieur, Ihre sehr ergebene und gehorsame
Dienerin von Roussillon, geborene von Geismar. Trier, den 24. März 1758.
Nachsatz: Sie werden die Güte haben, dass die beiden Gläubiger wie [unleserlich] und
Reuter zufriedengestellt sein werden in der Form, die Sie erwähnt haben. Sagen sie [ihm]
meine Komplimente, bitte!
Zuerst trafen die Erinnerungsstücke in Gonnesweiler ein, die für Henriette Alexandrine
von Roussillon und ihre beiden Brüder bestimmt waren.
Baron von Feignies quittierte dem Testamentsvollstrecker Monsieur Becker, Conseillier
et Medicin zu Saarbrücken: der zu Saarbrücken verstorbenen Fräulein von Rossillon
vor die minnoranen Kinder der Frau von Rossillon in Trier, einer gebohrenen von
Geismar, von dem Herrn geheimden Secretario Brand ... richtig überbringet worden als
vor die Frl. Henriette Alexandrine von Rossillon meine Niece und Cupillin ein Besteck
vergüldgewesene Messern, Löffel und Gabeln nebst einem Markzieher und Löffel, einem
Saltzfäßgen und Eierschälgen. Ferner vor meinen Neveu Carl Wilhelm von Rossillon
Lieutenant unter Royal Deuxponts [richtig: >Prinz Carl] eine güldene Sackuhr, vor
dessen Bruder meinen Neveu Friederich Carl auch Lieutenant unter demselben Regiment
Royal Deuxponts [richtig: >Prinz Carl] zwey kleine silberne Leuchter sambt dene
silberne Lichtbutz und eine runde silberne Seiffenbüchse. Ein solches hiermit quittierend,
Gondesweyler den 1ten May 1758
von Feignies.
Die Quittung über das Bargeld lautet in Französisch:
Je soussigné le Baron de Feignies, Seigneur de Gondesweyler et autres lieux, tuteur des
enfants minneurs de Madame la Baronne de Rossillon de Treves née de Geismar certifee
d'avoir recu par la procuration du conseiller et docteur en medecin Becker de Saarbruck
du sieur Brand secretaire intime et archivaire de S. A. S le prince de Nassau, l'heritage et
succession leur provenante de feue leur Tante morte à Saarbruck et consistante en argent
comptant en trois cent soixante et treise florins, vingt sept albus [et] 2 Pfg. dont je fais
quittance ce fait à gondesweyler ce 1re May 1758
de Feignies.
Die deutsche Übersetzung lautet:
Ich, Unterzeichneter, der Baron de Feignies, Herr zu Gonnesweiler und anderen Orten,
Vormund der minderjährigen Kinder der Madame de Rossillon in Trier, geborene de
Geismar, bescheinige, empfangen zu haben durch Vollmacht des Rats [Geheimrats] und
Doktor der Medizin Becker zu Saarbrücken von Herrn Brandt, Privatsekretär und
Archivarius des S.A.S Prinzen von Nassau die Erbschaft und den Nachlass, der ihnen
zukommt von ihrer Tante aus Saarbrücken, bestehend aus Geld im Betrage von
dreihundertdreiundsiebzig Florins, siebenundzwanzig Albus und 2 Pfg., die ich hiermit
quittiere. Geschehen zu Gonnesweiler den 1. Mai 1758
von Feignies.
Das Erbteil der Maria Anna von Roussillon, geborene von Geismar, wurde von dem
ihrer drei minderjährigen Kinder abgetrennt, weil noch Gläubiger ihres verstorbenen
Mannes Anspruch darauf erhoben. Wiederum ging ein Schreiben der Baronin von
Roussillon von Trier nach Saarbrücken an den Fürst von Nassau-Saarbrücken:
Abschrift ad acta
Monseigneur,
son altesse serenissime d'aignera gracieussement l'acusser la liberté que je prend de
leurs adresser ma très humble remonstration et criere que comme la Regence veut
m'obliger à payer les detes de feu mon epous des legnes que feu ma belle soeur de
Rossillon ma destini. Esperant que le meme droit qui à subsisté dans la anés 1746
subsistera encore que pour lors, je ne soit obligée de payer de mes biens les dettes faite
pendant notre mariage, j'espere qu'aujourdhui on ne my obligera à payer ces dettes ou
que ma renonciation faite en meilleur forme m'exemple de payer les dettes d'une heritage
qui ne previent point de mon l'epouse, je me jette au pieds de leurs altesse serenissime en
les priant très humblement de vouloir m'accorder la grace en me faissant payer le petite
heritage de feu ma belle soeur comme leurs altesse nous à toujours temoigné beaucoup
de grace et bonté j'espere quel voudront bien m'accorder ma demande, surtout dans la
triste situation ou je me trouve à present n'ayant point de vivre et rien dans l'esperance
que son altesse voudront me faire la grace et charite. J'ai l'honneur de me recomandé au
bonnes graces de leurs altesse serenissime etant avec une soummission respectueuse.
De Leurs altesse serenissime.
Treves le 9. may 1758
La plus humble et obeissante servante veue de Rossillon, née de Geismar.
Zu allen Schwierigkeiten, die die verwitwete Baronin von Roussillon hatte, um an ihr
kleines Erbteil zu gelangen, kam jetzt auch noch der Tod ihres Schwagers hinzu, des
Barons Florentin de Latre de Feignies in Gonnesweiler. Er starb am 18. Mai 1758. Maria
Anna von Roussillon musste ihre Erbschaftsangelegenheit nun selber in die Hand
nehmen. Offensichtlich überstiegen die komplizierten juristischen Gepflogenheiten und
Klauseln zu damaliger Zeit ihre Fähigkeiten; und Geld für einen Anwalt hatte sie keins.
So schrieb sie einen wahren Bettelbrief an den Nachlassverwalter nach Saarbrücken, aus
welchem deutlich ihre große Armut hervorgeht. Aus dem Brief ist, wenn auch nur
andeutungsweise, eine gewisse geistige Unkonzentriertheit herauslesbar, was auf eine
schwere Depression wegen ihrer tristen Lage" zurückzuführen wäre, wie sie in einem
früheren Brief ihren Zustand selber bezeichnet. In dieser für sie so schweren Zeit
befinden sich ihre beiden Söhne als Offiziere im churpfälzischen Regiment >Pfalz-Zweibrücken<, später im churpfälzischen Regiment >Prinz Carl< und nehmen am
Siebenjährigen Krieg gegen den Preußenkönig teil. Auf die Tochter Henriette
Alexandrine komme ich weiter unten noch ausführlich zu sprechen.
Monsieur
das Schreiben von dem Herrn Dokter welches den 1ten dieses [Monats] datiert, habe erst
gestern als den 7ten [Juni] empf[angen]. Ersehe, das Sie [von] mier Volmacht begehren
das allenfals diejenige vor welche die mir letzthin legaten... [unentzifferbar] ... sie einen
advocaten vor mich solten se verzichten das ich meines Achts Sie gleich vor valable
eracht feste und nichts dargegen gehabt als für Sie mich declariren, das ich Sie gleich
wie die andere vor valable halte und dessenhalb advocat vor mich solle gewesen, werth
und auch kein aufenthalt sein dazumahl alle vorbei zu verrichten sein; ich mich anjetzo
nichte das groß darzu sehr das begehrt habe, was meinen Kinder und mir von d.
mob[i]lien zu komthät, [unleserlich] kein Bericht darvon gehabt, wie es gemacht
wünsche, also das nach dem ich es [unlesbar] darumb den Herrn Rathgeber mir das
Inventarium zu schick als Bitte, wan die Versteiung noch nicht vor sich gang, mir die
Gefälligkeit zu thun, dieses vor mich zu kriegen:
1 dutzend Hembter hausmachend Duch
18 weise sackdücher
12 par weise leinestrumpf
6 par weise anhänksäck [sog. Sackmäntel]
wie auch d. grün und schwarz mouselinen-nachtrok, wenn alles dieses noch gut und nicht
zu deuer kombt. Ich überlasse es ihm und bin zufried, wie er es vor gut find, die ich
er[ge]bens mit aller Hochachtung beharr
Trier, den 8ten Juny 1758
Monsieur votre très humble et obeissante servante
de Rossillon, née de Geismar
Mes compl. chez vous sil vous plait
Ob die Baronin von Roussillon die oben genannten Kleidungsstücke auch tatsächlich
bekam, ist aus dem Testamentsakt nicht ersichtlich. Im Juli 1758 erhielt sie schließlich
ein vergoldetes Besteck aus Saarbrücken. Sie quittierte: Von dem Herrn geheimden
Secretario und Archivario Brand ist ein silbernes vergoltenes Besteck bestehent in einem
Löffel, Gabel und Messer, welches mir meiner zu Saarbrucken verstorbenen Fräulein
Schwegerin von Rossillon legirt gehabt, richtig extradirt und übersendet worden, wie
solches bescheine hiermit quittirend, Trier den 15ten July 1758
witib von Rossillon, gebohrene von Geismar.
In vielen Zeitungen des 18. Jahrhunderts, so auch im >Trierischen Wochen-Blättgen<,
wurden die sogenannten Passanten" aufgeführt, die in Trier im Hotel oder in einer
Pension übernachteten. Noch genauer gesagt, es wurden nur Fremde, Durchreisende,
genannt, keine Einwohner der Stadt. Wenn nun am 22. Juni 1758 die Madame de
Rossilion nebst Herrn Lieutenant und Herrn Fähndrich de Rossilion vom Regiment Prinz
Carl, kommen von St. Thomas" im Wochen-Blättgen als Passanten aufgeführt sind, dann
kann die Madame de Roussillon keine eigene Wohnung in Trier besessen haben. Ich
vermute daher, dass sie bei einer befreundeten Familie in Trier wohnte, denn es wird auch
kein Hotel angegeben, in dem sie mit ihren beiden Söhnen übernachtet hätte.
Wahrscheinlich lebte Maria Anna von Roussillon als Gesellschafterin bei der Hausdame
einer Trierer Adelsfamilie und bewohnte - zusammen mit ihrer Tochter Henriette
Alexandrine - ein oder zwei Mansardenzimmer.
Im Testament der Saarbrücker Erbtante ist erwähnt, dass die beiden Brüder der
Henriette Alexandrine von Roussillon im pfalz-zweibrückischen Regiment >Royal
Deuxponts< gedient hätten. Diese Angabe ist leider nicht mehr überprüfbar. Eine
Verwechslung mit anderen Baronen von Roussillon, die nachweislich im Regiment
>Royal Deuxponts< dienten, ist leicht möglich. Laut Eintrag im Trierischen Wochen-Blättgen vom 22. Juni 1758 geht eindeutig hervor, dass sie im churpfälzischen Regiment
>Prinz Carl< standen. Leider sind die meisten Akten, Anciennitätslisten, Gehaltslisten
und andere Unterlagen, während der französischen Revolution und auch später durch
schlechte Lagerung verloren gegangen. In den wenigen Musterungslisten, die in München
im Kriegsarchiv liegen, konnte ich bisher noch keinen Baron von Roussillon ausfindig
machen. Aber das heißt noch lange nicht, dass die beiden nicht im Regiment >Prinz
Carl< gedient hätten.
In dem Buch von F. von Fabrice mit Titel >Das Königlich-Bayerische 6. Infanterie-Regiment Kaiser Wilhelm, König von Preußen, I. Teil 1725 bis 1804, nebst einem
Rückblick auf die pfälzische Heeresgeschichte<, München 1886, ist auf Seite 198 eine
Tabelle mit allen Offiziersnamen abgedruckt, die bei der Musterung des Regiments
>Prinz Carl< am 10. Oktober 1759 anwesend waren. In dieser Liste fehlen die Namen
von nicht weniger als vier Lieutenants, acht Souslieutenants und fünf Fähndrichen. Es ist
also durchaus denkbar, dass die beiden Barone von Roussillon zum Zeitpunkt der
Musterung entweder eine militärische Operation durchführten oder krank waren oder
Urlaub hatten. Diese drei Möglichkeiten sind nicht auszuschließen.
Nach den uns vorliegenden dokumentarischen Fakten können wir daher mit großer
Wahrscheinlichkeit folgendes annehmen:
Die beiden Barone von Roussillon traten Ende des Jahres 1757 in das churpfälzische
Regiment >Prinz Carl< ein. Möglicherweise war ihre Bewerbung um eine Offiziersstelle
im Regiment >Royal Deuxponts< erfolglos gewesen. Im Juni 1758 befanden sie sich
bereits wieder im Urlaub und besuchten ihre Mutter, Marie Anne von Roussillon, in
Trier. Ist das möglich? - Ja! In dem Buch von Oskar Bezzel mit Titel >Geschichte des
Kurpfälzischen Heeres in den Kriegen zu Ende des 17. und im Laufe des 18.
Jahrhunderts<, München 1928, fand ich die Antwort. Das zweite Bataillon des Regiments
>Prinz Carl< geriet am 16. März 1758 in der Stadt Minden in Gefangenschaft. Die
Gefangenen wurden in die Stadt Magdeburg geführt. Auf dem Weg dorthin gelang
einigen die Flucht. Oskar Bezzel schrieb: Wenn auch ein kleiner Teil auf dem Marsche
dorthin durch Flucht sich rettete - ob Leute unseres pfälzischen Bataillons [2. Bataillon
von >Prinz Carl<] unter diesen Flüchtlingen sich befanden, ist nicht festzustellen ..."
Die Möglichkeit besteht, dass den beiden Baronen von Roussillon die Flucht aus der
Gefangenschaft gelang. Sie begaben sich zurück nach Mannheim, um sich bei ihrem
obersten Kriegsherrn zu melden. Da ihr Bataillon sich in Kriegsgefangenschaft befand,
erhielten sie - Urlaub. Möglicherweise sogar als Belohnung für ihre tapfere Flucht. Daher
konnten sie bereits im Juni 1758 ihre Mutter in Trier besuchen.
Über ihr weiteres Schicksal während des Siebenjährigen Krieges fehlen leider bisher
jegliche Anhaltspunkte.
Unter dem Datum des 28. Juli 1759 fand ich im >Trierischen Wochen-Blättgen< unter
der Rublik Passanten" den Eintrag: Die Fräulein von Rosslion [damit ist Henriette
Alexandrine von Rossillon gemeint] kommt von Sankt Wendel, logiret bey ihrer Frau
Mutter".
Einen weiteren Eintrag fand ich unter dem Datum des 9. Oktober 1760: Madame de
Rossillon logirt im Tholayer Hof".
Zu dieser Zeit war Henriette Alexandrine von Roussillon noch nicht Hofdame bei der
verwitweten Herzogin von Zweibrücken, die ihren Witwensitz im Schloss zu Bergzabern
hatte.
In der Goetheliteratur wurde bisher die ältere Sophie Henriette von Roussillon
(*7.9.1727 auf Wertenstein, siehe Genealogie der Barone von Roussillon), für Goethes
Urania gehalten. Und zwar aus dem einzigen Grund, weil sie im Testament der
Saarbrücker Erbtante ausdrücklich als Hofdame der Herzoginwitwe Caroline von Pfalz-Zweibrücken erwähnt wurde. Das Testament ist jedoch bereits im Jahr 1757 verfasst. Es
kann daher kein Beweis dafür sein, dass die ältere Henriette im Jahr 1772 noch Hofdame
bei der Herzoginwitwe gewesen wäre. Ich habe Beweise, dass die jüngere Henriette
Alexandrine von Roussillon (*19.1.1745 in Saarbrücken) die richtige Urania ist.
Das erste Indiz, das darauf hindeutet, dass die ältere Sophie Henriette ab Ende des
Jahres 1767 nicht mehr Hofdame der Herzoginwitwe von Zweibrücken war, ist eine
Datumsangabe des Bad Bergzaberner Heimatforschers Vogelgesang, Schulrat i. R. Er
schrieb eigenhändig auf ein Blatt, das mir vorliegt: Frl. Henriette von Rossillon 1. Dame
d'honneur der Herzoginwitwe im Schloss zu Bergzabern 1751 - 1767".
Diese Datumsangabe 1751 - 1767 kann sich meines Wissens nur auf die Zeit beziehen,
in der Sophie Henriette von Roussillon - die ältere Henriette - Hofdame gewesen war. Da
sie im lutherischen Kirchenbuch von Bergzabern ab dem Jahr 1768 nicht mehr als
Taufpatin in Erscheinung tritt, so schloss der Heimatforscher Vogelgesang
logischerweise, muss sie als Hofdame bei der Herzoginwitwe von Pfalz-Zweibrücken den
Dienst quittiert haben. Möglicherweise heiratete sie.
In den Briefen der Großen Landgräfin" Caroline von Hessen-Darmstadt an die
Stiftsdame von Zuckmantel wird meiner Überzeugung nach die ältere Sophie Henriette
von Rossillon zweimal erwähnt. Am 12. Juli 1767 schrieb sie nach Strasbourg:
J'ai trouvé la Rossillon epoint chargà, mais encore dans fine possibilité de marcher
sense, et la Schwengefeldt ronde come une boule, vous la direr à la Dubois."
Deutsch: Ich habe die Rossillon gefunden kreuzlendenlahm beladen, aber noch in guten
Möglichkeiten vernünftig zu laufen, und die Schwengefeldt rund wie eine Kugel, sagen
Sie das der Dubois.
Und am 16. September 1767 schrieb sie an die Zuckmantel:
La Rossillon à bien soutenu le voyage."
Deutsch: Die Rossillon hat die Reise gut überstanden.
Ich bin der Überzeugung, dass die ältere Ro(u)ssillon ihre Tätigkeit als Hofdame bei der
Herzoginwitwe von Pfalz-Zweibrücken im Jahr 1767 aufgab; entweder weil sie heiratete
oder aus Gesundheitsgründen.
Da die jüngere Henriette Alexandrine von Roussillon katholisch war, konnte sie auch
nicht als Taufpatin im reformierten oder lutherischen Kirchenbuch von Bergzabern in
Erscheinung treten.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine interessante Tatsache hinweisen. In der
adeligen Familie von Roussillon gab es im 18. Jahrhundert nicht weniger als fünf
Fräulein von Roussillon, die sozusagen von Beruf" Hofdamen waren:
Catharina Christiana von Roussillon (*12.10.1692), die so genannte Saarbrücker
Erbtante, war in jungen Jahren Rheingräfliche Hofmeisterin zu Grehweiler" (heute Gau-Grehweiler), laut Eintrag im ev. Kirchenbuch von Sötern/Bosen, danach Hofdame bei der
Witwe des regierenden Grafen von Nassau-Ottweiler.
Eine Nichte der Erbtante, Louise Sophie (*24.3.1717), diente bei der regierenden
Landgräfin von Hessen-Homburg, Christine Charlotte, geborene Gräfin von Nassau-Ottweiler. Sie starb bereits 1734, mit 17 Jahren, an den Blattern.
Deren jüngere Schwester, Sophie Henriette (*7.9.1727), wurde Hofdame bei der
verwitweten Herzogin Caroline von Pfalz-Zweibrücken in Bergzabern.
Und die noch jüngere Schwester, Catharina Caroline von Roussillon (* 15.10.1729),
war Ehrendame der Gräfinnen von Lippe-Detmold in Brake.
Als fünfte kommt Henriette Alexandrine von Roussillon (*19.01.1745 in Saarbrücken)
in Betracht, die, als Nachfolgerin ihrer älteren Cousine, Hofdame bei der Herzoginwitwe
Caroline von Pfalz-Zweibrücken wurde. Dies geht aus dem unten abgedruckten Brief
unzweifelhaft hervor. Er ist der absolute Beweis, dass auch die jüngere Henriette
Alexandrine von Roussillon Hofdame bei der Herzoginwitwe Caroline von Pfalz-Zweibrücken war und gleichzeitig der früheste Beleg dafür, seit wann sie bei der
Herzoginwitwe in Bergzabern lebte. Er ist meines Wissens hier zum ersten Mal
veröffentlicht (Original im Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Hausarchiv, Abt 4, Konv.
561, Fasc. 3):
à Bergzabern, den 14. Juillet 1766
Vous m'obligé bien sensiblement Madama par la marque d'amitie que vous me donnéz en
me fassant part du mariage de Md. votre soeur avec Mr. de Sauveterre aliance si bien
assortis à tous égarde. Je vous en fait, ma chère madame de Zuckmantel, mon
compliment de felicidation de bien bon coeur; vous me rendéz bien justice etant
persuadée que je prend un interet sincère à tous et qui vous touche aient en de tout
tem(p)s une amitie tendre pour l'aimable Melle Babélé et Loulou. Ma soeur qui me
charge de vous faire, Madame, mille compl. prend aussi beaucoup de part à l'evenement
agreable qui vous arrive, vos lettres sont partis pour Darmstadt.
Ma fille de Hesse aura au tous de joye que j'en resente du mariage de Md., votre soeur,
tous l'univer doit applaudir à un arrangement pareil. Mr. De Rochambeau m'à procuré
le plaisier de faire connaissance avec le Cte. [Comte] d' Haussonville cela fait un
aimable cavalier qui merite l'approbation qu'il trouvent par tout pais. Mon fils le Duc a
beaucoup d'amitie pour lui; je compte qu'il le paie de retour.
Je sois toujours énchanté d'apprendre de vos nouvelles, Madame, ainssi charmé quand je
trouve l'occasion de voire quelqu'un qui m'en peut donner. Melle de Rossillon est très
sensible à votre souvenir; oui la siteuation et moins emablante; j'ose esperer que la
bonne providence benira sa mère pour le retablissement de sa santé.
Vos bontés que vous temoigné, Madame, en tout occasion à la Dubois me touche elle en
est digne, cela fait une fille de mérite, faite lui sil vous plaid des amitie de ma pers.
Consérvez moi, ma chère madame de Zuckmantel, votre amitie. Vous aimant sincerement
sentimens que je vous conservé ainssi que la consideration parfaite Madame à jamais
Caroline.
Die deutsche Übersetzung lautet:
Bergzabern, den 14. Juli 1766
Ich bin Ihnen, Madame, zu großem Dank verpflichtet wegen ihrer
Freundschaftsbezeugungen, die Sie mir erzeigen, indem Sie mich teilhaben lassen an der
Hochzeit Ihrer Schwester mit Herrn von Sauveterre. Diese Verbindung ist in vielerlei
Hinsicht gut gewählt, ich mache Ihnen dafür, meine liebe Madame von Zuckmantel, mein
Kompliment, meine Glückwünsche von ganzem Herzen. Sie lassen mir sehr Gerechtigkeit
widerfahren, indem Sie überzeugt sind, dass ich ein ernsthaftes Interesse habe an allem,
was Sie betrifft; wie auch Sie immer eine innige Freundschaft hatten für die
liebenswürdige Mademoiselle Babélé und Loulou. Meine Schwester, die mich beauftragt
hat, Ihnen, Madame, tausend Komplimente zu machen, nimmt ebenfalls großen Anteil an
dem erfreulichen Ereignis, das Ihnen bevorsteht. Ihre Briefe sind weitergeleitet nach
Darmstadt. Meine Tochter von Hessen [gemeint ist die Große Landgräfin" Caroline von
Hessen-Darmstadt] wird genau so viel Freude empfinden, wie ich über die Hochzeit von
Ihrer Schwester verspüre; das ganze Universum muss applaudieren bei solch einem
Arrangement.
Herr von Rochambeau hat mir die Freude bereitet, Bekanntschaft zu schließen mit dem
Grafen von Haussonville, einem liebenswürdigen Kavalier, der die günstige Aufnahme
verdient, die er in jedem Land findet. Mein Sohn, der Herzog [von Pfalz-Zweibrücken],
hat viel Freundlichkeit für ihn übrig; ich rechne damit, dass dieser sie erwidert.
Ich bin immer erfreut, Ihre Neuigkeiten zu erfahren, Madame, und ich bin entzückt, wenn
ich die Gelegenheit finde, jemanden zu treffen, der mir etwas Neues von Ihnen berichten
kann. Mademoiselle de Rossillon ist sehr empfindsam [reizbar?], was die Erinnerung an
Sie anbelangt; ja die Lage und wenig Angenehmes; ich wage zu hoffen, dass die gute
Vorsehung es gut meint mit ihrer Mutter, was die Wiederherstellung ihrer Gesundheit
anbelangt.
Ihre Güte, die Sie bezeugen, Madame, in allen Gelegenheiten [oder Veranlassungen] für
die Dubois, rührt mich. Sie ist es wert, ein Mädchen von Verdiensten; überbringen Sie ihr
bitte meine freundschaftlichen Grüße.
Bewahren Sie mir, meine liebe Madame von Zuckmantel, Ihre Freundschaft. Ich liebe Sie
ernsthaft; ich bewahre Ihnen meine vollkommene Hochachtung, Madame, für immer
Caroline.
Der absolute Beweis, dass nur die jüngere Henriette Alexandrine von Roussillon -
Goethes Urania - gemeint sein kann, ist die Erwähnung ihrer Mutter. Die Mutter der
älteren Henriette war nämlich bereits 1733 im Alter von nur 40 Jahren auf Wertenstein
verstorben.
Die Mutter der Sophie Henriette von Roussillon, namens Maria Charlotta Juliane,
geborene von Wangelin, heiratete am 7. März 1716 in Dürkheim den Baron Christian
Ludwig von Roussillon, Herr von Wertenstein, Freisen und anderen Orten. Am 5. April
1733 starb sie vierzigjährig, laut Eintrag im evangelisch-lutherischen Kirchenbuch von
Birkenfeld, und wurde daselbst in der Kirche begraben. Nach dem Eintrag im
Kirchenbuch und nach der Genealogie von Alfons Paulus hatte sie 13 Kindern das Leben
geschenkt.
Mit dieser meiner Entdeckung des Todesdatums der Maria Charlotta Juliana von
Roussillon, geborene von Wangelin, der Mutter der älteren Henriette, ist der eindeutige
und unwiderlegbare Beweis erbracht, dass in dem obigen Brief der Herzoginwitwe
Caroline an das Stiftsfräulein Barbara von Zuckmantel in Straßburg ausschließlich die
jüngere Henriette Alexandrine von Roussillon gemeint sein kann: Denn ihre Mutter
Maria Anna von Roussillon, geborene von Geismar, ist darin erwähnt.
Eine weitere interessante Tatsache verdient an dieser Stelle erwähnt zu werden. Aus
dem Testament der Saarbrücker Erbtante geht hervor, dass drei Barone von Roussillon
während des Siebenjährigen Krieges als Offiziere im Regiment Royal Deuxponts dienten.
Eine Quittung über den Erhalt des Erbteils lautet: ma part d'Heritage de vingt-quatre
florins, dix neuf albus fait à Bergen [bei Frankfurt am Main] à 24. April 1758, de
Roussillon, Capitaine." Ein anderer Roussillon quittierte seine Barschaft mit Ortsangabe
Villbel [bei Frankfurt], den 23. April 1758".
Johann Wilhelm Ludwig von Roussillon (* 3.10.1730) war Capitaine Commandante
des 1. Bataillons und wurde im Januar 1760 bei einer Truppenrevue in Frankfurt erwähnt.
Carolus Heinrich von Roussillon (* 11.9.1726) war (lt. Testament der Ebtante) Capitaine
Commandante des 2. Bataillons von Royal Deuxponts. Ein dritter Baron von Roussillon,
namens Christian Karl (* 6.9.1722), war während des Siebenjährigen Krieges sogar
zweiter, stellvertretender Regimentskommandeur (französische Bezeichnung: Colonel en
second oder Colonel-Lieutenant) von Royal Deuxponts gewesen.
Am 2. Januar 1757 steht das Regiment Royal Deuxponts mit dem Regiment Royal
Nassau-Sarrebruck (Saarbrücken) vor den Toren Frankfurts. Mit List verschaffen sie sich
unblutigen Eingang in die Stadt, um den Winter angenehmer zu verbringen.
Erst im Mai 1762 verließ Royal Deuxponts Frankfurt, nachdem es den fünften Winter
hier verbrachte. In dieser Zeit soll Goethe nicht den Namen Roussillon gehört haben? Es
gab ja nicht nur einen Baron von Roussillon im Regiment, sondern (zeitweilig) bis zu
drei! Außerdem wohnte in Goethes Elternhaus der Graf Thoranc (Goethes
Königslieutenant in >Dichtung und Wahrheit<), der sozusagen der Vermittler zwischen
den Militärs und den Zivilisten war. Goethe hütete sich wohlweislich in >D.u.W.< den
Namen Roussillon auch nur zu erwähnen. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
In den Briefen der Großen Landgräfin" Caroline an ihre Mutter von Mai bis Oktober
1773, abgedruckt bei Walther, fand ich mehrmals die Erwähnungen des Namens de
Rossillon". Man könnte meinen, es handele sich hierbei um einen einzigen Ro(u)ssillon.
Wenn man jedoch die Genealogie der Roussillon genauer kennt, stellt man leicht fest,
dass in Wirklichkeit bis zu drei verschiedene Ro(u)ssillon in den Briefen erwähnt sind.
VII. Abteilung: Briefe der Landgräfin an ihre Mutter
7. Brief, Berlin, de 25 Mai 1773:
... Je n'oublierai pas Rossillon et, s'il est possible, le prince d'Isenbourg ...
Deutsch: Ich werde Ro(u)ssillon und, wenn es möglich ist, den Prinz von Isenburg nicht
vergessen.
12. Brief, A bord de la frégate Le St. Marc, le 9. Juin 1773
... Je n'oublierai ni mon cousin de Hohenlohe ni Rossillon, dès que je croirai le moment
favorable ...
Deutsch: Ich werde weder meinen Cousin von Hohenlohe noch Ro(u)ssillon vergessen,
da ich nun einmal an den günstigen Augenblick glaube.
Anmerkung: In den obigen Briefen könnte mit Rossillon" einer der beiden Brüder der
Henriette Alexandrine von Ro(u)ssillon gemeint sein. Offensichtlich nahm sie in Berlin
Abschied von den genannten Herren, darunter einem Ro(u)ssillon. Er kündigte den Dienst
bei dem Landgraf von Hessen-Darmstadt, um in preußische Militärdienste zu treten.
19. Brief, Péterhoff, 12 Juillet 1773:
... Je suis charmé que Rossillon a le titre de lieutenant-colonel et l'espérance d'obtenir
une pension; j'aime cela mieux pour lui que si, à son age, il étoit réduit à s'expatrier. J'ai,
cepandant, déja songé à lui bien des fois, prévoyant qu'il ne pourroit pas étre employé en
Russie, meme parce que la langue ne s'apprend pas aisément à cinquante ans, mais je
pensois qu'on pourroit solliciter une place dans le Holstein ...
Deutsch: Ich bin entzückt, dass Roussillon den Titel eines Lieutenant-Colonel und die
Hoffnung auf eine Pension hat; mir ist dies für ihn lieber, als wenn er sich in seinem Alter
darauf beschränkt hätte auszuwandern. Dennoch habe ich schon sehr oft an ihn gedacht,
voraussehend, dass er in Russland nicht werde angestellt werden können, auch weil sich
die Sprache mit 50 Jahren nicht so leicht lernt, aber ich dachte, dass man um einen Platz
in Holstein dringend bitten könnte.
Anmerkung: Mit diesem Rossillon" ist kein anderer als Christian Karl von Ro(u)ssillon
gemeint. Er ist am 6.9.1722 geboren, siehe die Genealogie im Anhang des Artikels,
demnach genau 50 Jahre alt und 1773 zum Regiments-Kommandeur von Royal Deux-Ponts ernannt worden.
34. Brief, Pétersbourg, 2 Sept. 1773:
... Je parlerai au Grand-Duc pour Rossillon. J'avois cru que, placé et pensionné par la
cour Palatine, il n'y songeoit plus. ... [...] ... Le Colonel Rossillon désiroit sa retraite,
ainsi, je suis charmée qu'il l'a obtenue. Mille compliments pour lui, sa femme et son
beau-père. ... [...] ... J'ai parlé au Grand-Duc et au comte Panin de Rossillon, avec tout
l'intéret possible; je Vous dirai, dans peu, le résultat.
Deutsch: Ich werde bei dem Großherzog für Ro(u)ssillon sprechen. Ich hatte geglaubt,
dass er durch den pfälzischen Hof eingesetzt und pensioniert, nicht mehr daran
dächte.[...] Colonel Ro(u)ssillon wünschte seinen Abschied, so bin ich froh, dass man
seinem Wunsch entsprach. Tausend Grüße an ihn, seine Frau und seinen Schwiegervater
... [...] Ich habe mit dem Großherzog und mit dem Grafen Panin über Rossillon
gesprochen mit dem ganzen möglichen Interesse; ich sage Ihnen in kürze das Ergebnis.
35. Brief, Pétersbourg, 5 Sept. 1773:
... Je viens de composer un petit mémoire pour Rossillon, que je remettrai au comte
Panin ...
Deutsch: Ich habe gerade ein kleines Memorandum für Ro(u)ssillon verfasst, das ich dem
Grafen Panin übergeben werde.
Anmerkungen: Mit diesem Colonel, der verheiratet ist und seine Verabschiedung, sein
Ausscheiden aus dem Regiment Royal Deuxponts wünschte, ist kein anderer als Johann
Wilhelm Ludwig (Louis) de Ro(u)ssillon gemeint, geboren am 3.10.1733 auf
Wertenstein. Er heiratete 1765 in Bergzabern Caroline Henriette von Kaulbars. Der
Schwiegervater, den die Große Landgräfin Caroline ebenfalls grüßen lässt, ist Jacob
Julius von Kaulbars (1700 - 1789). Ro(u)ssillon wurde Colonel attaché in französischen
Militärdiensten mit 3.000 Livres Gehalt und am 7.4.1774 in Landau pensioniert, laut
seiner Personalakte.
35. Brief, Pétersbourg, 5. Sept. 1773:
Nachschrift: Le 26. [Sept. 1773]: Je reviens du manége, où man fille a montè la première
fois, et, en vérité, très bien; Rossillon en auroit été content ...
Deutsch: Am 26. [Sept. 1773]: Ich komme von der Reitbahn, wo meine Tochter zum
ersten Mal aufgestiegen war [auf ein Pferd?] und wirklich sehr gut; Ro(u)ssillon wäre
damit zufrieden gewesen ...
Anmerkung: Mit diese Ro(u)ssillon ist wiederum der ältere Christian Karl von
Ro(u)ssillon gemeint (*6.9.1722), der zuerst Oberstallmeister des Herzogs von
Zweibrücken war bevor er ins Regiment Royal Deuxponts eintrat.
44. Brief, Pétersbourg, 6. Oct. 1773:
... Je plains sincèrement Mme de Rossillon et j'admire sa conduite, j'espère que son mari
ouvrira, enfin, les yeux et reviendra à elle. On a pu prévoir, il y a déjà du temps, que la
Berlichingen lui en a voulu; c'est une dangereuse femme.
Deutsch: Ich bedaure ernsthaft Frau Ro(u)ssillon und bewundere ihre Art; ich hoffe, dass
ihrem Mann schließlich die Augen aufgehen und er zu ihr zurückkehren wird. Man hat
dies voraussehen können schon seit langem, dass die Berlichingen scharf auf ihn gewesen
ist; das ist eine gefährliche Frau.
Anmerkung: Dieser Eheskandal eines Rossillon" kann nur der des Louis de Ro(u)ssillon
(*3.10.1733) gewesen sein. Offensichtlich lebte er wegen der Affaire mit der
Berlichingen von seiner Frau getrennt. Dies würde auch den Umstand erklären, weshalb
ihr einziges Kind Wilhelm Julius Emil erst am 29.12.1778 in Marburg zur Welt kam, wo
der Großvater von Kaulbars lebte. Dieser Roussillon wanderte später nach Estland aus.
Resümee dieser Andeutungen in den Briefen der Großen Landgräfin: Mindestens zwei,
wenn nicht sogar drei Barone von Roussillon, versuchen im Jahre 1773 sich anderweitig
nach einem neuen Dienstherrn zu bewerben. Schließlich verlassen zwei von ihnen die
Heimat. Was könnte der Grund dafür gewesen sein? Der Skandal der Henriette
Alexandrine von Roussillon war in der Verwandtschaft bekannt geworden,
möglicherweise sogar den Regimentskameraden, gewiss auch in den höheren adeligen
Kreisen des Herzogtums Zweibrücken und der Landgrafenhöfe von Darmstadt und
Homburg. Die Barone von Roussillon wussten, dass sie deswegen an diesen Höfen keine
Zukunft mehr haben würden. Ihr Ansehen, ihr makelloser Familienruf war durch die
Schande der Urania zerstört.
Während meiner Archiv- und Kirchenbuchforschungen ist mir noch eine selten schöne
Entdeckung geglückt. Im Bistumsarchiv Trier, das ich am 25. 10. 2001 aufsuchte, fand
ich im Register der Einnahmen" (Archivalie Nr. 19 (32) 1752-1807) des
Welschnonnenklosters (Kongregation UL Frauen in Trier) einen Eintrag vom Februar
1759: den 16. [Februar 1759] recu de la pension de Melle de Rossillon - 42 Gulden".
Henriette Alexandrine von Roussillon besuchte also in Trier das sog.
Welschnonnenkloster. Höchstwahrscheinlich sollte sie sich die Fähigkeiten aneignen, um
später einmal als Hofdame arbeiten" zu können. Der Hauptzweck des Ordens war die
unentgeltliche Unterrichtung der weiblichen Jugend; und zwar nicht nur adelige, sondern
auch bürgerliche Mädchen. Zusätzlich wurden gegen Bezahlung auch Pensionärinnen
ganz im Kloster unterhalten. Der obige Eintrag bezieht sich demnach auf einen Zeitraum
von etwa drei Monaten, März, April und wohl noch Mai 1759, in denen Henriette
Alexandrine als Pensionärin im Welschnonnenkloster lebte. Das bedeutet, ihre Mutter
befand sich ab Mitte oder Ende Februar des Jahres 1759 während einiger Monate nicht in
Trier. Sie gab ihre Tochter in die Obhut der Nonnen.
Die Lebensstationen der Henriette Alexandrine von Roussillon und ihrer Familie
erhellen sich aufgrund von vielen neuentdeckten Archiv- und Kirchenbuchfunden
erheblich. Hier noch einmal eine kurze Zusammenfassung: Maria Anna von Geismar
heiratete am 6. Februar 1738 den Baron Ludwig von Roussillon (* 22.12.1700). Wo sie
heirateten und wo ihr erstes Kind, Karl Wilhelm Emmerich Friedrich (* 30.08.1739) zur
Welt kam, liegt noch im Dunkeln. Das zweite Kind, Sophie Louise Franziska Johanna
Nepomuk, kam am 29.09.1740 auf die Welt; und zwar während des Aufenthalts der
Mutter bei Schwester und Schwager, der Familie de Latre de Feignies, im Schloss zu
Gonnesweiler. Gonnesweiler liegt im nördlichen Saarland bei Nohfelden. Mindestens seit
dem Jahr 1743 müssen die Eheleute von Roussillon in Saarbrücken gewohnt haben, und
zwar im letzten Haus der damaligen Obergasse vor der Marktpforte, das dem Pfarrer
Josef Hermann Schmidt zu St. Arnual gehörte (Nr. 72 in Köllners Stadtplan), später
wohnte die Familie in der Vorstadt (heute Vorstadtstraße, Nr. 44 des Köllnerschen Plans.
In Saarbrücken kam am 25.06.1743 das dritte Kind zur Welt, Friedrich Carl Georg. Nicht
lange danach, am 19. Januar 1745, erblickte Henriette Alexandrine in Saarbrücken das,
im wahrsten Sinne des Wortes, kalte Licht einer harten und grausamen Welt. Ihr Vater
starb noch kein Jahr nach ihrer Geburt, am 22.12.1745, in Straßburg. Die Mutter stand
völlig mittellos mit vier Kindern da; der Ehemann hinterließ ihr eine Unmenge Schulden,
angeblich mehr als 30.000 Gulden. Sie schlug die Erbschaft aus, um ihre Mitgift zu
retten, die sie in die Ehe einbrachte. Wahrscheinlich zog sie nach dem Ende der kalten
Jahreszeit, im Sommer des Jahres 1746, mit ihren Kindern zu Schwester und Schwager
nach Gonnesweiler, wo sie für die erste Zeit zumindest eine kostenlose Unterkunft
erhielt. Sie könnte aber auch bei einer anderen Schwester, der Freifrau Sophia Maria
Henrica von Montigny in Utweiler für einige Zeit eine kostenlose Unterkunft für sich und
ihre vier Kinder gefunden haben. Auch in Mainz könnte sie zeitweilig gelebt haben, denn
ihre Mutter Anna Elisabeth von Geismar auf Riepen starb erst im Jahr 1750. Die
folgenden zwölf Jahre von 1745 bis 1757 liegen wieder im Dunkel der Vergangenheit
begraben. Am 10. November 1757 starb in Saarbrücken eine Schwägerin der Maria Anna
von Roussillon, namens Catharina Christiana von Roussillon. Sie war Rheingräfliche
Hofmeisterin zu Grehweiler (heute Gau-Grehweiler) gewesen, lt. einem Taufeintrag,
danach Hofdame bei der Witwe des regierenden Grafen von Nassau-Ottweiler. Aus ihrem
Testament geht hervor, dass Maria Anna von Roussillon mit ihrer Tochter Henriette
Alexandrine im Jahr 1757 und 1758 in oder in der näheren Umgebung von Trier lebte.
Möglicherweise hielten sie sich auch über längere Zeit in Gonnesweiler und Utweiler auf;
zumindest im Sommer dürften sie bei ihren Verwandten öfters und über längere Zeit zu
Besuch gewesen sein. Maria Anna von Roussillon ist lt. Familienbuch der katholischen
Gemeinde Neunkirchen/Nahe zweimal Taufpatin bei der Familie von Feignies gewesen:
Im Jahr 1750 und im Jahr 1753, siehe im Anhang die Genealogie der Familie de Latre de
Feignies. Laut Eintrag im Trierischen Wochen-Blättgen dienten ihre beiden Söhne seit
1758 im churpfälzischen Regiment >Prinz Carl<. Durch die Erbschaft etwas zu Geld
gekommen, konnte die Tochter Henriette Alexandrine ab Februar des Jahres 1759 für
mehrere Monate im Welschnonnenkloster zu Trier als Pensionärin untergebracht werden,
der Schulunterricht war jedoch gebührenfrei. Sie besuchte die französischsprachige
Klosterschule um sich diejenigen Fähigkeiten anzueignen, die sie später als Dame
d'honneur benötigten würde. Ihre ältere Schwester, die in Gonnesweiler zur Welt kam,
wurde im Testament nicht mehr genannt, wahrscheinlich war sie 1757 bereits verstorben.
Erst im Jahr 1769 tritt Henriette Alexandrine von Roussillon wieder aus dem Dunkel der
Geschichte in den grellen Schein eines empfindsamen und barocken Geschehens
zwischen Darmstadt und Homburg vor der Höh, dessen geheime Fäden im Haus Goethe
am Großen Hirschgraben zu Frankfurt am Main zusammenliefen. Von keinem
Geringeren als von dem angehenden Dichter Johann Wolfgang Goethe in stürmischer
Liebe umschwärmt, sollte sich ihr Schicksal tragisch vollenden. Das Unvorstellbare,
etwas, das es eigentlich nicht geben durfte, war geschehen. Die adelige Henriette
Alexandrine von Roussillon war von dem Bürger Goethe schwanger. Möglicherweise in
Folge ihrer verheimlichten Schwangerschaft und heimlichen Niederkunft bekam sie das
gefürchtete Kindbettfieber und starb. Als Goethes Urania, als die Goethesche Muse der
Dichtkunst, ging sie mit nur 27 Jahren in die Ewigkeit ein. So lange Goethes Name auf
dieser Welt lebt, so lange soll Henriette Alexandrine von Roussillon, seine Musengöttin,
auch leben. Schließlich hatte Goethe selber ihr bis ins hohe Alter dichterische Denkmäler
errichtet.
Dichterische Denkmäler Goethes für Urania
1772
>An meine Minne [alias Urania] nach der 26sten Canzone des Petrarca<
Singspiel >Erwin und Elmire<
Liebesgedichte im Göttinger Musenalmanach auf das Jahr 1772
1773
>Petrarchische Oden<
>Elegien an meine Minna< [alias Urania]
>Die Leiden des jungen Werthers<
Liebesgedichte im Göttinger Musenalmanach auf das Jahr 1773
1774
>Clavigo<
>Das leidende Weib<
1793
(zu Uranias 20. Todestag)
>Bruchstücke aus den Begebenheiten eines unbekannten Beherrschers
der verborgenen Obern der höhern Illuminaten
und höhern Propagande<
(anonym veröffentlichter Illuminaten-Roman Goethes)
1804
>Nachtwachen von [des] Bonaventura< -
Eine [satirische] Autobiographie Goethes
(erschien ein Jahr verspätet)
1823
(zu Uranias 50. Todestag)
>Diana von Montesclaros<
Weitere - bisher unentdeckte - dichterische Denkmäler Goethes für Urania sind nicht nur
wahrscheinlich, sondern gewiss!
Fußnoten mit römischen Ziffern
Fußnote I): Genealogie der Barone von Rossillon
Histoire de Bresse
ROSSILLON
Seigneurs de Beauretour
Das Wappen: Zwei schwarze Balken in Gold.
I. Guy de Rossillon
Ritter, genannt Bouvard
Er lebte in den Jahren 1270 bis 1290. Er ist der Älteste dieses Geschlechts, von dem ich Kenntnis
habe. Er war der Vater der drei unten genannten Kinder, die er mit seiner Gemahlin Aiglantine
de Corleyson hatte, Tochter von Henry, Herr von Corleyson, Ritter.
1. Pierre de Rossillon, welcher unten folgt.
2. Guillemette de Rossillon, verheiratet mit Guillaume de Belmont Damoyseau, Sohn von Jean
de Belmont, Ritter und Herr des gleichnamigen Ortes im Gebiet von Valromey.
3. Hugonet de Rossillon, Herr von Chales, der den Zweig der Herren von Chales begründete.
II. Pierre de Rossillon
Ritter, Herr von Bastie, unweit Belley.
Er lebte [noch] im Jahr 1330 und hinterließ die folgenden Kinder:
1. Jean de Rossillon, Ritter, welcher unten folgt.
2. Catherine de Rossillon, Gemahlin des Francois de Longecombe, Chevalier, Herr des
gleichnamigen Ortes.
3. Jacques de Rossillon, Herr von Gemillieu en Savoyen, der den Zweig der Herren von
Gemillieu begründete.
III. Jean de Rossillon
Ritter, Herr von Beauretour.
Er hatte drei Söhne mit seiner Frau Isabelle ... nämlich:
1. Léonard de Rossillon, der unten erwähnt ist.
2. Amé de Rossillon-Damoiseau, der um 1439 [noch] lebte und Louise de La Fontaine heiratete.
Von ihm stammten Anthoine und Amé de Rossillon ab, die keine Nachkommen hinterließen.
Amé de Rossillon war einer der 200 Edeleute, die den im Jahre 1482 zwischen dem Herzog von
Savoyen und dem König Karl VII. von Frankreich geschlossenen Vertrag beschworen.
3. Guichard de Rossillon, Domherr der Kathedrale zu Belley.
IV. Léonard de Rossillon
Ritter, Herr von Beauretour, Crangeac und Mespillia
Am 4. August 1426 heiratete er Berande de Crangeac, Dame von Mespillia, Tochter des
Anthoine de Crangeac, Ritter, Herr des gleichnamigen Ortes und von Mespillia, und der
Francoise de Varax. Das Testament der Francoise de Rossillon trägt das Datum des 3. Juni 1447.
Aus ihm ist ersichtlich, dass sie in 2. Ehe Guillaume Bouchard heiratete, Ritter und Herr auf
Montflory. Die folgenden Kinder stammen aus ihrer Ehe mit Léonard de Rossillon:
1. Anthoine de Rossillon, Ritter und Herr von Beauretour, der im Jahre 1477 Rat und
Kammerherr des Herzogs Philipp von Savoyen, Grafen von Bugey und Herr von Bresse, war.
Später war er in der selben Eigenschaft bei Ludwig II., Herzog von Savoyen, aufgrund eines in
Grenoble am 6. März 1482 aufgesetzten Patents. Dann wurde er auf den Posten eines Präsidenten
der Rechnungskammer versetzt, der durch den Tod des André Martel, Ritter und Herr von
Grammont, vakant geworden war. Das Patent der Herzogin Blanche von Savoyen ist am
vorletzten November 1499 in Turin verfasst. Aus seiner Ehe mit Francoise de Fons aus dem
Hause Fons in der Schweiz stammten zwei Töchter.
2. Jean de Rossillon, Herr von Crangeac und Beauretour, der weiter unten genannt wird.
3. Guillaume de Rossillon, Herr auf Mespillia und Garnerens, ständiger Stallmeister der
Herzogin Blanche von Savoyen und Hofmeister des Francois von Savoyen, Erzbischof von Auch.
4. Gabriel de Rossillon, jung verstorben.
5. Amyé de Rossillon, Gattin des Jean du Port Inge Maje in Savoyen.
V. Jean de Rossillon
Herr von Beauretour und Crangeac
Bei der am 14. Juni 1485 vollzogenen Erbteilung mit seinen Brüdern erhielt er als seinen Teil die
Herrschaft Crangeac, Anthoine, sein älterer Bruder, die Herrschaft Beauretour, der auf ihn
folgende Bruder die Herrschaft Mespillia. Jean de Rossillon bekam jedoch durch das Testament
des oben erwähnten Anthoine de Rossillon, seines Bruders, die Herrschaft Beauretour, der ihn in
dieser Beziehung seinen Töchtern vorzog. Jean de Rossillon hatte folgende Kinder:
1. Francois de Rossillon, Herr von Beauretour, der unten folgt.
2. Claudine de Rossillon, Gemahlin des Girard de Vaudray, Stallmeister, der um 1516 lebte.
3. Andree oder Adriane de Rossillon, vermählt mit Jean Bergier, Stallmeister, Herr von
Corrobert.
VI. Francois de Rossillon
Stallmeister, Herr von Beauretour und Crangeac
Er heiratete Marguerite de Longecombe, Tochter des Jean de Longecombe, Stallmeister und Herr
auf Thuey und der Claudine de Gramont, die am 7. Februar 1546 ihr Testament machte. Aus
dieser Ehe stammen:
1. Joachim Sebastien de Rossillon, der unten erwähnt wird.
2. Anne de Rossillon, Gemahlin ihres entfernten Verwandten Antoine de Rossillon, Stallmeister,
Herr von Gemillieu und Virignin.
3. Sybille de Rossillon
4. Jacquemette de Rossillon, Nonne in Bons in der Landschaft Bugey.
VII. Joachim Sebastian de Rossillon
Stallmeister, Herr von Beauretour
Am 25. April 1556 leistete er, nachdem das Land erobert worden war, dem König Franz I. von
Frankreich den Lehenseid. Verheiratet war er mit Philiberte de Balarin, Tochter des Philibert de
Balarin, Baron de Pollyeney aus der Gegend von Lyon, und der N.N. de Monteynard-Marcieux.
Joachim Sebastien de Rossillon hatte zwei Söhne und fünf Töchter, nämlich:
1. Etienne de Rossillon, der die Linie fortpflanzte.
2. Yves de Rossillon, Herr von La Vernouse, der die Linie La Vernouse begründete.
3. Francoise de Rossillon, vermählt mit dem Herrn de Boletieres, aus der Gegend von Rouans.
4. Sebastienne de Rossillon, Gemahlin des Germain de Longeval, Herr von Buys in der
Landschaft Beaujolais.
5. Claudine de Rossillon
6. Urbaine de Rossillon, Nonne in Neufville.
7. Antoinette de Rossillon, Nonne in Aix bei Lyon.
VIII. Etienne de Rossillon
Stallmeister, Herr von Beauretour
Er war mit Anne Charlotte de Moyria verheiratet, der Tochter des Jean Philibert de Moyria,
Baron de Chastillon de Corneille und der Claudine de Vilette. Von dieser Frau hatte er keine
Kinder. In 2. Ehe heiratete er am 8. Februar 1597 Gasparde de Vachon, Tochter des Jean de
Vachon, Stallmeister und Herr von Vurey in der Dauphiné, und der Esmeraude de Beloevre. Aus
dieser Ehe entstammen folgende Kinder:
1. Balthazar de Rossillon, der später behandelt wird.
2. Marc de Rossillon, Prior und Herr auf Boisse.
3. Jacques de Rossillon, Domherr und Erzpriester an der Kathedrale von Belley.
4. Louis de Rossillon, Kapitän des Regiments Vermantel in Piemont, der ledig starb.
5. Beatrix de Rossillon, Frau des Melchior de Plastre, Stallmeister und Herr von Ambleon
Montarfier.
IX. Balthazar de Rossillon
Stallmeister, Herr von Beauretour und Buffieres
Er ist eben noch am Leben. Verheiratet ist er mit Charlotte de Buffieres, Tochter des Anthoine
Azard, Herr von Buffieres, und der Louise de Lestouffe aus dem Hause Pradine. Ihre Kinder
waren:
1. Anthoine de Rossillon
2. Louis de Rossillon
3. Anne de Rossillon
4. Hélene de Rossillon, verheiratet mit NN. de Seyssel. Später kaufte sie von ihrem Bruder
Anthoine die Stammburg Beauretour, die noch eben im Besitz ihres Nachkommen, des Grafen
Henri de Seyssel-Cressieux, Herr von Muson in der Landschaft Belley, sich befindet.
5. Jeanne de Rossillon
X. Anthoine de Rossillon
Herr von Beauretour
Er verkaufte 1675 die Herrschaft Beauretour an seine Schwester Helene de Seyssel. Verheiratet
war er mit Jeanne de Rochant aus der Landschaft Lyon. Eins seiner Kinder, die anderen sind mir
nicht bekannt, war:
XI. Jacques (Jakob) von Rossillon
Herr von Wertenstein, Freisen u. a. Orten
Er war geboren am 22. Dezember 1649 in Lyon, gestorben am 17. Februar 1712, Major der
Plätze Mastreck (Mastrich) und Fribourg, Sergeant-Major auf Schloss Dinant, Baron von
Wertenstein, Herr von Freisen, Weiersbach, Leitzweiler, Heimbach, Reidscheid, Exweiler,
Bleiderdingen, und anderer Orte in [Deutsch] Lothringen. Getraut wurde er am 12.5.1683 (nach
AD Nancy, Bestand B 251 Noblesse, Registrement pr. Les Sieurs de Rossillon: oo am 23.3.1686)
mit Johanna Louise, Gräfin von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg, geboren am 30. Oktober 1670
und gestorben am 25. April 1726, begraben an der Seite ihres Mannes in der Kirche von
Bleiderdingen, Tochter des Grafen Johann Ludwig von Leiningen-Dagsburg und der Amalia
Sybille, Gräfin von Daun-Falkenstein.
Sie hatten 13 Kinder:
XII.a. Christian Louis de Rossillon
Herr von Wertenstein, Freisen,
Weiersbach, Heimbach, Reitscheid, Eyweiler, Bleiderdingen u. a. Orten
(Sohn von XI) Er war geboren am 17.09.1684 oder am 23.09.1684 (Taufe?). Er fiel am
22.10.1741 bei Pont à Mouson (bei Nancy) als Lieutenant im Regiment d'Alcace.
oo 07.03.1716 in Bad Dürkheim mit Maria Charlotte Juliane, geb. von Wangelin, * um 1693 in
Altensteig/Württemberg, Tochter des Georg Christian von Wangelin, württ. Forstmeister, und
der Ursula von Neipperg, + am 05.04.1733 auf Wertenstein, in der luth. Kirche von Birkenfeld
beigesetzt, gestorben im Alter von 40 Jahren.
Sie hatten ebenfalls 13 Kinder: (XII.a.1 bis XII.a.13)
XII.a.1: Sophie Christine, * 1716, (früh verstorben);
XII.a.2: Louise Sophie, * 24.03.1717, + 1734 Bad Homburg
sie diente bei der regierenden Landgräfin von Hessen-Homburg, Christine
Charlotte, geb. Gräfin von Nassau-Ottweiler;
XII.a.3: Caroline Christina Friderica, * 04.03.1718,
XII.a.4: Polixena Henriette, * 28.04.1719,
oo von Passern, Christian Gottlieb (Amtmann u. Regierungsrat des Amtes
Lemberg, sie lebten in Pirmasens und Buchsweiler)
Kinder (rk): Karoline Sophia von Passern, * 18.11.1741 + 30.06.1772
Ludwig Philipp Jakob von Passern, * 06.07.1747
Maria Henriette Friederika von Passern, * 07.11.1748
XII.a.5: Wilhelmina Alexandrina Louisa Francisca,
* 02.05.1720, + 3.8.1785 in Pirmasens, 65 Jahre alt,
oo 19. 01. 1751 evangelisch, in 77731 Willstätt mit dem Capitän und Adjutant
Johann Georg Fentzling * (Willstätt?) + 26.7.1764 in Pirmasens
XII.a.6: Charlotte Christine Maria, * 03.07.1721, + 15.08.1798
oo Franz Ernst d' Hame, Amtmann von St. Wendel (kurtrierischer Rat)
* 27.07.1699 + 11.02.1770 in St. Wendel
XII.a.7: Christian Karl, * 06.09.1722, 1749 Vicestallmeister, Pate im Hause von und zu
Schorrenburg, 1751 Oberstallmeister, erhält von Amtmann E. auf Rechnung s. Herzogs 942 fl.,
1758 gewesener Oberstallmeister, Regiments-Kommandeur (Lieutenant-Colonel) von Royal
Deuxponts;
XII.a.8: Johann Christian Alexander, * 1724, (früh verstorben);
XII.a.9: Johann Ludwig, * 08.07.1725, (früh verstorben)
XII.a.10: Carl Heinrich, * 11.09.1726, + 24.11.1802 in Mannheim (luth. KB Mannheim: 76
Jahre alt,
General in ehemaligen Königl. Französischen Diensten)
Kommandeur des 3. Bataillons Royal Deuxponts;
XII.a.11: Sophie Henriette, * 07.09.1727, Hof-Dame bei der verwitweten Herzogin von
Pfalz-Zweibrücken in Bergzabern und Darmstadt von 1751 - 1767 (nicht Goethes
Urania);
XII.a.12: Catharina Caroline, * 15.10.1729, Hof-Dame der Gräfinnen von Lippe-Detmold in
Brake;
XII.a.13: Johann Wilhelm Ludwig (Louis), * 03.10.1730, + 1784;
13. Kind der Juliane Charlotte von Roussillon, geb. von Wangelin. Sie war mit der
Herzoginwitwe Karoline von Pfalz-Zweibrücken befreundet. Als sie ihr Ende nahen sah,
vermachte sie ihre unmündigen Kinder der Fürstin. Besonders den Jüngsten, Johann Wilhelm
Ludwig (Louis) legte sie ihr ans Herz. Er war ein cadet de Familie" des Herzogshauses. So war
es natürlich, dass die Herzoginwitwe für ihn eine wohlhabende Frau suchte. Sie fand sie in ihrem
anderen Schützling, Caroline Henriette von Kaulbars (1748 - 1813). Der Vater Jacob Julius von
Kaulbars (1700 - 1789) entstammte einem baltischen Adelsgeschlecht.
Militärische Laufbahn: Enseigne au régiment de Fersen (1.4.1747), Capitaine en second
(1.4.1754), Capitaine dans le régiment Royal Deux Ponts (1.4.1757), Capitaine des grenadiers
(1.3.1760), Commandant de Bataillon (25.8.1761), Réformé (1763), Lieutenant-Colonel du
Régiment Royal Baviere (27.11.1765) Rang de Colonel (27.7.1769), Colonel attaché avec 3.000
Livres (28.7.1773) Entretenu à Landau avec ses appoitements (7.4.1774);
oo (am 6.9.1765 zu Bergzabern, luth.KB) Caroline Henriette von Kaulbars
* 28.5.1748 + 1813
Einziges Kind: Wilhelm Julius Emil * 29.12.1778 (in Marburg) + 28.10.1855 (in Estland)
oo mit Natalie von Toll * 16.1.1786 + 11.3.1846,
(Wilhelm von Wrangell schrieb die Biographie: >Baron Wilhelm von Rossillon - Ein Lebensbild<, Tartu
(Dorpat) 1934);
XII.b: Louise (Tochter von XI), * 20.10.1685, + ?
oo (um 1712) mit dem Bürger Stefan Hild, Sohn des Schuhmachers Johann Peter Hild
aus Weiersbach;
Kinder: XII.b.1: Johann Jakob Hild, Lieutnant aux invalides in Metz, * 28.05.1714;
XII.b.2: Michel Hild;
XII.b.3: Philipp Carl Hild, Capitain des dragons in Nancy, * 26.03.1720;
XII.c: Johann Jakob (Sohn von XI), * 07.09.1686, + 13.09.1719;
XII.d: Catharina (Tochter von XI), * 1688, (früh verstorben);
XII.e: Stefan Urban (Sohn von XI), * 1689, (früh verstorben);
XII.f: Johannes Ernst (Sohn von XI), * 1690, (früh verstorben);
XII.g: Catharina Christiana (Tochter von XI), * 12.10.1692, + 10.11.1757 (in Saarbrücken),
Rheingräfl. Hofmeisterin zu Grehweiler (heute Gau-Grehweiler) von ca 1721 bis 1746,
(sie ist die G(o)uvernante (Hofmeisterin) in F. Ch. Laukhards Werk >Leben und Thaten
des Rheingrafen Carl Magnus<, 1798, neu herausgegeben und mit Zeitdokumenten
versehen von Lothar Baus, Homburg/Saar 2004), dann Hofdame bei der Gräfin
Louise Sophie im Schloss zu Ottweiler; seit 1751 lebte sie in Saarbrücken;
XII.f: Dinius Ernestus (Sohn von XI), * 1694, (früh verstorben);
XII.i: Carl (Sohn von XI) * 22.01.1696, + 1751, im Jahr 1723 wird wahrscheinlich Carl von
Roussillon im lutherischen Kirchenbuch von Neusaarwerden als Taufpate genannt. Er war zu
dieser Zeit Hofkavalier am Hof zu Ottweiler. Im reformierten Kirchenbuch von Ottweiler wird er
als Taufpate einer Louise Karoline Christiane Reuther (*1.2.1728) erwähnt. Zu dieser Zeit war er
bereits Capitän des nassau-saarbrückischen Kreiskontingents und gräflicher Kammerjunker.
Zuletzt war er Oberhofmarschall am Hofe des Prinzen von Nassau-Usingen;
XII.j: Pollixena Johanna (Tochter von XI), * 1698, (früh verstorben);
XII.k: Johannes Friedrich (Sohn von XI), * 01.09. oder 17.09.1699,
kaiserl. Major im Grenadierregiment von Toscana und Platzkommandant in Pisa,
XII.l: Franz Alexander Moritz Christian Ludwig (Sohn von XI)
letzter Herr von Wertenstein aus der Familie von Rossillon
* 22.12.1700, + 22.12.1745, Straßburg,
Von ihm blieben mehrere Personalakten erhalten. Sie beginnen mit der Ernennungsurkunde zum
Page am 17.10.1720 beim Markgrafen Karl von Baden (17.1.1679 - 12.5.1738) und enthalten die
Berufung zum Hofjunker und Fähndrich am 28.6.1721. Am 8.8.1723 verletzt er bei einem
Raufhandel mit dem Degen den Fähndrich C. von Teuffel von Birkensee, der am 31.8.1723 an
den Folgen der Stichverletzung stirbt. Ein Gnadengesuch vom 22.9.1723 hat offenbar keinen
Erfolg. Er flieht aus der Gefangenschaft nach Lahr unter Hinterlassung erheblicher Schulden, die
mit 350 Gulden schließlich am 8.1.1727 durch Friedrich Ludwig Graf von Nassau-Ottweiler
(13.11.1651 - 25.5.1728) teilweise beglichen werden.
Danach Lieutenant in der Idsteinischen Kreis-Compagnie, später Hauptmann des
Ottweilerischen und Saarbrückischen Kreis-Kontingents, zuletzt Rittmeister des
Subsidienregiments Nassau-Cavallerie, Kapitän bei den fürstlichen Haustruppen, wohnhaft in
Saarbrücken (im letzten Haus der damaligen Obergasse vor der Marktpforte, das dem Pfarrer
Josef Hermann Schmidt zu St. Arnual gehörte (Nr. 72 in Köllners Stadtplan) später wohnte er in
der Vorstadt (heute Vorstadtstraße, Nr. 44 des Köllnerschen Plans, Quelle: Kurt Hoppstädter,
>Der kleine Saarbrücker Hofadel<);
oo am 06.02.1738 (möglicherweise in der alten Kapelle von Bleiderdingen bei
Wertenstein)
mit Maria Anna von Geismar auf Riepen und Mosbach von Lindenfels,
* (vor 1725) + 20.07.1782 in Trier (St. Laurentius), Beerdigung lt. Trierisches
Wochen-Blättgen, Nr. 30 vom 28ten Heumonat 1782, am 23.07.1782, Tochter von Christoph
Gottfried von Geismar (* 8.9.1662 + Dez. 1725) und Anna Elisabetha (Elise) Charlotta, geb
Mosbach von Lindenfels (* ? + 1756);
Kinder: XII.l.1: Karl Wilhelm Emmerich Friedrich, * 30.08.1739 (Wertenstein), + ?
Lieutenant im churpfälzischen Regiment >Prinz Carl< (nicht Royal Deuxponts),
1758 nachgewiesen, nahm daher am Siebenjährigen Krieg gegen Preußen teil;
XII.l.2: Sophie Louise Franziska Johanna Nepomukena,
* 29.09.1740 in Gonnesweiler; + ? (1757 bereits verstorben);
XII.l.3: Friedrich Carl Georg, * 25.06.1743 in Saarbrücken, + ?
Fähndrich im churpfälzischen Regiment >Prinz Carl< (nicht Royal Deuxponts),
1758 nachgewiesen, nahm daher am Siebenjährigen Krieg gegen Preußen teil;
XII.l.4: Henriette Alexandrine, * 19.01.1745 in Saarbrücken
+ 18.04.1773 in Darmstadt im Kindbett,
ebenfalls Hofdame bei der Herzoginwitwe von Pfalz-Zweibrücken, ab ca 1769,
Goethes Geliebte, sie bekam von Goethe ein Kind: den späteren
König der Romantik" Ludwig Tieck; (siehe L. Baus: >Goethes und Uranias Sohn -
Ludwig Tieck<);
XII.m: Sophie Magdalena (Tochter von XI), * 1705, (früh verstorben);
Fußnote II): Genealogie und Familiengeschichte der Johanna Louise von Rossillon, geb. Gräfin
von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg
I. Wilhelm Wirich von Dhaun, Graf von Falkenstein und Limburg
* 1613 + 1682
oo am ? mit Elisabeth, Gräfin von Waldeck-Wildungen
II. (Tochter) Amelia Sybilla, Gräfin von Dhaun-Falkenstein
* 1639 (auf Burg Broich) + (unbekannt, ca 1700)
oo 20. August 1664 mit Johann Ludwig, Graf von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg,
nach zehnjähriger Ehe verstieß er seine Ehefrau, diese konvertierte zum Katholizismus;
III.a: (Tochter) Johanna Louisa, geb. Gräfin von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg
* 30.10.1670 (in Guntersblum) + 25.04.1726
oo I.: am 12.05.1683 (in Guntersblum) mit Jacques de Rossillon
(siehe Genealogie von Rossillon)
oo II.: mit Franz Stephan von Steincallenfels;
III.b: (Sohn) Johann Ludwig, Graf von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg
* 29.07.1673 + 04.1699
oo 1694 (Bretzenheim) mit Anna Ernestine, geb. Gräfin von Vehlen und Meggen;
Eine wichtige Quelle zur Familiengeschichte der Johanna Louise von Rossillon bietet die
Inaugural-Dissertation von Gustav Jansen, Mülheim-Ruhr 1941, mit Titel >Die Persönlichkeiten
und die Zeit der Leininger Grafen in der Unterherrschaft Broich bei Mülheim-Ruhr im 17. und
18. Jahrhundert<. Unter der Kapitelüberschrift >Der Streit der Töchter Wilhelm Wirichs [von
Daun-Falkenstein], Unterkapitel c) Amalie-Sybille, lesen wir:
Wie bereits erwähnt, schied Amalie Sybille infolge ihrer Gewissensehe [feierliches
Eheversprechen] mit dem Grafen Ludwig zu Leiningen-Guntersblum, die sie im Jahre 1664
schloß, als Erbin aus. Jahre später, am 28. Mai 1669, drückt Wilhelm Wirich [ihr Vater] in
einem Schreiben an den Grafen sein maßloses Erstaunen darüber aus, von der Vermählung
seiner Tochter gerade erfahren zu haben, obwohl sie bereits seit 3 Jahren verheiratet sei.
Solches sei ihm als Vater fremd vorgekommen, daß nicht allein keine Ansuchung bei ihm
geschehen, ja auch garnicht der geringste Buchstab an ihn geschrieben sei.
Von dieser Gewissensehe scheinen lediglich die Schwester Charlotte Auguste und der Pfarrer
Wilhelm Beiß gewusst zu haben, wie aus einer am 28. Oktober 1669 abgegebenen Erklärung
hervorgeht. Solche Freiheiten, die sich Amalie Sybille herauszunehmen wagte, scheinen auch in
späteren Jahren nicht unterbrochen worden zu sein. Nach 10-jähriger Ehe von ihrem Gemahl
verstoßen, trat sie dauernd mit finanziellen Forderungen an ihre Geschwister heran, wobei sie
des öfteren Unterstützung fand. Ruhelos irrte sie umher. Von Schloß Hardenberg gelobte sie
ihrem Schwager Emich Christian das Haus nicht ohne seine Einwilligung zu verlassen,
widrigenfalls sie ihrer Renten und Gefälle freiwillig verlustig gehen wolle. Darüber hinaus gab
sie bindende Erklärungen, insbesondere die Stadt Köln meiden zu wollen. Sie selbst bekräftigte
dieses Versprechen mit den Worten: Solange der allerhöchste Gott gäntzliches Land und
Schloß Hardenberg in Gnaden behüte, von hier sich niemehren zu begeben. Ausdrücklich wurde
ihr allein der Kirchenbesuch erlaubt. Die Gründe der seitens der Gräfin eingegangenen
Verpflichtungen sind nicht klar ersichtlich, wahrscheinlich hat der Glaubenswechsel vom
lutherischen zum katholischen Bekentnis eine Rolle gespielt. Ihr Name taucht in den
Erbverträgen seit dem Jahre 1680 auf. Auf Grund einer Abmachung vom Mai 1682 verzichtete
sie freiwillig gegen eine Auszahlung von 15.000 Reichstalern auf sämtliche Ansprüche in Broich.
Die Teilzahlungen gingen indes so unregelmäßig ein, daß sie wiederholt bis 1700 den Klageweg
beschreiten mußte.
Trotz wiederholter Zahlungen nahmen ihre Bitten um Unterstützung kein Ende. Da teilte am 4.
Juni 1684 Anna Elisabeth mit, kein Geld mehr anweisen zu können, da sie selber über keine
Mittel mehr verfüge, und der Prozeß darüber hinaus große Summen verschlinge, auch die
täglichen Ausgaben in Broich verhinderten eine weitere Unterstützung. Der Ablehung folgten
neue Bitten. Vielleicht stammt ein undatiertes Schreiben an den Grafen Johann Ludwig zu
Leiningen aus dieser Zeit, den sie beschwört, von den ihr gebührenden 2.000 Reichstalern die
versprochene Teilzahlung von 500 Reichstalern sofort zu senden. Scheinbar handelt es sich hier
um eine versprochene Abfindungssumme. Auch aus diesem Schreiben spricht völlige
Mittellosigkeit. Der Weigerung ihrer Schwester Annlis (Anna Elisabeth), den ihr zustehenden
Betrag auszuhändigen, wird darin ebenfalls Erwähnung getan. Sie sei entschlossen, weitere
Vertröstungen nicht hinzunehmen. Sie könne so wahr Gott lebe, nicht länger warten, der
praeceptor würde nicht eher fortgehen, bis das Geld gezahlt sey." Mit Entschiedenheit wies sie
den Vorwurf der schlechten Versorgung ihrer zwei Kinder zurück. In ihrer Not bat Amalie
Sybille ihren Neffen Johann Carl August, bei der Eintreibung des ihr von Anna Elisabeth
zustehenden Geldes behilflich zu sein, da im Weigerungsfalle sie die rhänten [Renten] und
Gefälle arretieren und durch alle erdenklichen Mittel das Ausstehende beyzutreiben entschlossen
sey". Am 1. Dezember 1691 war die Not so groß, daß ihr auf inständiges Anhalten Geld auf die
Reithnerischen Gefälle aufzunehmen erlaubt wurde und solches auf drei Jahre zu engagieren".
Sie verpflichtete sich bei gräflichen Ehren diese Summe in Rechnung zu stellen oder deswegen
andern Akkord" zu machen. Nach drei Jahren sollten diese Gefälle wieder frei, los und ledig
sein".
Zahlung des Kaufpreises von Guth Wertenstein
Seite 1
Kopie
Demnach der Hochgeborene Emich Christian
Graf zu Leiningen-Dachsburg, Herr zu Aspremont,
sich mit dem Herrn von Bahr als Gevollmächtigten
des Gräfl. Frauenzimmers zu Mezam [Metz] [am] 10. Juny
1688 dergestalt verglichen, daß Er alles, was die
Hochgebohrene Amalia Sybilla Gräfin zu Falckenstein
wegen des Guths Wertenstein schuldig verblieben,
bezahlen wollte, und durch die am 28. May bemelten [besagten]
Jahres [1688] gehaltene Rechnung zu ersehen, daß gedachte
Frau Fürstin von Falckenstein noch dreytausendein-
hundert und sechzig Reichsthaler, [und] achtzehn Petermänngen
restiret [zu zahlen hat], werden selbige hier aufgeführet, nehmlichen:
3.160 Rth. 18 sols.
Und weil diese Gelder nicht zu den
veraccordirten [vereinbarten] Terminen erlegt, und
man desfalls Kosten thun müssen,
als hat ged. Herr Graf fünf [Prozent? Zinsen]
derenfalls sechzig Reichsthaler zu
erlegen versprochen: 60 Rth - - .
[zusammen] 3.220 Rth. 18 sols.
Seite 2
Diese dreitausend zweyhundert und zwanzig
[und] ein Drittel Reichsthaler sind nachfolgender Gestalt
bezahlet worden:
1.) Hat Er die von deren weyland Esther, Gräfin zu
Eberstein und Agathe Louyse Fürstin zu Leiningen
dem H. Paul versezete [verpfändet], und der Frau Gräfin So-
phien Sybillen zugehörige Kisten eingelöset, und davor
an Capital und Zensionen bezahlt: 287 Rth. 13 1/2 Sols
2.) An den Herrn Graf Carl Ludwig von
Leiningen thut Er die Ihm von der Fr. Gräfin
Agathen Louysen geschenkte 500 Rth. gut: 500 Rth - -
3.) An die Fräulein Charlotta Köcherin
thut der H. Graf wegen des gräfl.
Frauenzimmers eintausend Rth. gut: 1.000 Rth.
4.) Wegen der Fräulein Esther Juliana
hat der Herr Graf in Franckfurth zu
einem Pohlen sein Rock verkauft
man bezahlet: 11 Rth. 18 1/2 Sols
5.) Vierzehnhundert ein und zwanzig
Reichsth. 45 Petermänngen,
welche 1.421 Rth. 45 Peterm.
der Herr von Bahr dem gräflichen Frauenzimmer
bezahlet und gutgethan hat, als 1.421 Rth. 45 Sols
[zusammen:] 3.220 Rth. 18 Sols.
Seite 3
Daß also diese Abrechnung dergestalt wie ob-
stehet, richtig seye, thun wir mit eigenen Handen
und Petschaften bescheinigen und bekräftigen,
geschehen zu Guntersblum, den 13. December 1688.
Sophia Sybilla, Gräfin zu Leiningen, wittib,
Esther Juliana, Gräfin und Fräulein zu Leiningen-Westerburg,
Emich Christian, Graf zu Leiningen.
Zwei Schuldverschreibungen
1.) Daß ich zu Entsunterschriebener von meiner Mutter wegen empfangen von
ma tante [meiner Tante] Charlot hab fünf un zwanzig reinisch [rheinische Währung]
sag 25 [Gulden?] reinisch [rheinische Währung] wird hir mit beyscheinigt
Bruch [Schloss Broich], den 4. Sebtemb. [September] 1685
Johanne Luwisse [Louise] de Rossillion
2.) Je promet de payer à la fille de ma soeur, [Text durchgestrichen] Madame de Roussillon,
selon le decir de dit ma soeur Sibila [Sibylla] Comtesse de Falquenstein autres les vingt cinq
écus que je lui ai baillée pour faire en voyage cinquante écus, a pasque à Cologne [Köln], a qui
que Monsieur de Roussillon, Major de Dinant, la [les?] donnera et pour assecurer ce signe
Bruch [Schloss Broich], de 3. Decembre 1685
Charlott Auguste Comtesse de Falquenstein.
Johanna Louise von Rossillon hielt sich auch nach ihrer Heirat mit dem Freiherr Jakob von
Rossillon längere Zeit in Schloss Broich bei Mülheim/Ruhr auf. Als jung verheiratete Frau von
13 Jahren und während ihrer zahlreichen Schwangerschaften blieb sie gewiss in der Nähe ihrer
Mutter.
Fußnote III): Die Ursache seines frühen Todes, er starb mit 45 Jahren, konnte ich bisher nicht
herausfinden. Da er an seinem 45. Geburtstag starb (22.12.1745) könnte dies sogar zu
Spekulationen veranlassen, dass es nämlich außer einem großen Zufall auch Absicht, nämlich
Freitod, gewesen sein könnte. Verschiedene Umstände sprechen dafür: erstens hohe Schulden,
seine Gläubiger bedrängten ihn immer mehr, möglicherweise verschaffte er sich geldwerte
Vorteile auf Kosten seines Landesherrn, was diesem schließlich bekannt wurde; zweitens war
seine Aufgabe als oberster Werbeoffizier keine angenehme, noch dazu in Kriegszeiten, die ihn in
tiefe Schuldgefühle verstrickt haben könnte. Aber so lange keine weiteren Indizien gefunden
sind, bleibt dies reine Spekulation.
Fußnote IV): Eintrag im Taufbuch der katholischen Basilika St. Johann in Saarbrücken über
einen Bruder der Henriette Alexandrine von Roussillon:
anno domini 1743, Täufling Friedrich Carl Georg [von Roussillon] natus [geboren] am 25. Juni
1743, filius legitimus nobilis et generosi L. [Ludwig] Baron de Rossillon capitani legionis
circularis pedestis de Nassau et nobilis B[aronin] [Anna Maria de Rossillon, geb.] de Geismar.
Taufzeugen:
1. Serenissimus Graf Georg Wilhelm von Erbach [der Schwiegervater des regierenden Grafen
von Nassau - Saarbrücken], vertreten durch Baron Friedrich de Deeren [von Düren],
2. Serenissima princip. Friderica Sophia de Nassau, nata compt. d' Erpach [Gemahlin Fürst
Ludwigs], vertreten durch Baron de Bode,
3. Serneniss. comptessa Caroline von Leiningen, vertreten durch Fräulein Charlotta de Rossillon
(eine Verwandte).
Fußnote V): Genealogie der Freiherren von Geismar auf Riepen (die mütterlichen Ahnen der
Henriette Alexandrine von Roussillon)
(von Geismar: ein altes Geschlecht, das aus der Rheingegend nach Hessen, Thüringen und dann
in die Kantone Rhön und Werra kam und schon 1139, 1152, 1199 erscheint. Im Jahr 1714 war es
in den Ritterkantonen Rhön u. Werra aufgenommen und in diesem Jahre auch in den
Freiherrnstand erhoben worden. 1681 wurde der Adel für Martin v. G. bestätigt. (E. S. - v. d.
Knesebeck. - Sächs. Wppb. III.95. - Dorst, württ. Wppb. - v. Ledebur I. 250. - J. A. Tyroff, Wppb
v. Würtemberg. - Grote, hannöv. Wappenb. C. 59) Eine Linie davon hat auch nach Abgang der
Mosbach von Lindenfels deren Güter geerbt und ihr Wappen mit angenommen. (Seifert's Geneal.
115. - Biedermann, Rhön und Werra 300. - Neues geneal. Hdb. 1777, S. 82 u. f. 1778, I. 83 u. f.. -
Gauhe I. 46 u. f. - v. Hattstein I, 109 ff. - v. Hefner, hess. Adel S. 10 taf. 9. - Siebmacher I, 143 n.
11. - v. Zedlitz. - v. H.)
I. Heinemann von Geismar * 1601 + 1649
oo in II. Ehe (1630) mit Anna von Papenheim * ? + 1644
II. Martin Justus von Geismar auf Riepen* 1638 in ? + 1676 in?
oo in II. Ehe (ca 1661) mit Margaretha Sophia von Exterde ex Lüdge * ? + ?
III. Christoph Gottfried von Geismar auf Riepen (durfte den Adelstitel seiner Frau Mosbach von
Lindenfels annehmen, da die männliche Linie erloschen war)
* 8.9.1667 in Warburg, + 10. Dez. 1725 in Wetzlar
(Kanoniker in Fritzlar 1681 - 1695, 1714 Freiherrenstand mit Zufügung des Namens Mosbach v.
Lindenfels (deren Erbtochter er geheiratet hatte)
Der Grabstein ist in Wetzlar zu finden, Stiftskirche (simultan, jetzt noch)
Quellen u.a.: Bundesarchiv Frankfurt, Kartei des RKG Personals,
Staatsarchiv Darmstadt, O.R.R. F2 II Konv. 45/20 und M.R.R.B. II Konv. 44)
oo mit Elisabeth (Elise) Freiin von Mosbach von Lindenfels * ? + ?
(Tochter von Johann Heinrich III. Mosbach von Lindenfels und der Juliana Sophia, geb. Lopes
von Villanova * 1657 + 1752, 95 Jahre alt, Taufpatin bei einem Enkel, Kind des Lothar Franz
von Geismar, wohnhaft in Ingelheim am Rhein)
In der Personalakte des Reichskammergerichts von Wetzlar (IV C 6 fol. 34) stehen folgende
Informationen: (Dienstbeginn als Assessor am Reichskammergericht: 13. Februar 1711, juravit
20. Mai 1711, mit 44 Jahren)
1.) Name: Christoph Gottfried von Geismar.
2.) Eltern: Justus von Geismar und Margaretha Sophia de Höchster.
3.) non dubitat.
4.) Warburgum in principatu Paderbornensi, das Haus aber heißt Ripen.
5.) das Haus Ripen.
6.) natus anno 1667.
7.) Studium juris quando: Erfordia (Erfurt), Rindelly (Rinteln) et Colonia (Köln) per duos annos
et ultimo Praga (Prag) per integrii luadriennium et lic(entiat) per sex annos.
8.) non habet gradumo, interrogabatus ergo nobilis Rh. omnino.
9.) in servitis palatinis Heidelberga per tres et medium annum.
10.) religionis catholica.
Die Eheleute von Geismar wohnten in Mainz und in Ober-Ingelheim im sogenannten Gotischen
Haus an der Straße zur Burgkirche. Eine Tochter kam in Wetzlar zur Welt. Von einigen Kindern
konnte ich noch kein Geburtsdatum und Ort der Taufe ermitteln. Zwei Töchter heirateten in
Mainz.
Ihre Kinder (nicht vollständig):
III.1.) Lothar Franz Anton Heinrich Maria von Geismar auf Riepen,
mit Hinzufügung des Namens von Mosbach von Lindenfels
* 24. oder 25. Sept. 1707 in Mainz (Taufe: 26.09.1707, kath. Kirche St. Emmeran)
Paten: der Kurfürst von Mainz, die Bischöfe von Eichstädt und Paderborn, der Abt
von Werden und Helmstätt, Ferdinand von Geismar, Kapitular in Korvey,
+ 29.10.1772 in Ingelheim am Rhein
oo I. Ehe: 25.06.1731 in Rastatt mit Catharina Agate Eva, geb. von Kerpen zu Illingen
* 2. März 1709 + 19. Februar 1765 in Rastatt (56 Jahre alt)
oo II. Ehe: mit Anna Agnes Spies von Büllesheim, * ? + ?
III.2.) Alexander Maximilian Kasimir Friedrich Joseph Georg von Geismar
* 31.10. oder 01.11.1709 in Mainz (Taufe: 02.11.1709, kath. Kirche St. Emmeran)
+ [?]
Paten: Eugen Alexander von Taxis, Maximilian Karl Graf von Löwenstein,
Lopez de Villa Nowa (Großvater), Ferdinand Kasimir von Bassenheim,
Herr von Gise und Domina Juliana Sophia (die Großmutter)
III.3.) Sophia Maria Henrica von Geimar, verheiratete de Marotte de Montigny
* 28. Juni 1711 in Mainz + 22. April 1750 in Utweiler (Bliestal)
Paten: von Herrisheim und Mosbachin
oo 28. November 1731 in Mainz mit Johannes Franziscus Adrian Marotte de Montigny
* 1704 + 1780 in Bitsch (Frankreich)
Einziges Kind: Karl Philipp Fortunat Leopold de Marotte de Montigny
* 24.10.1744 in Zweibrücken + 16.03.1806 in München,
oo 13.10.1769 in Metz Anna de la Croix
Einziges Kind: Fortunat Johann Jakob Ludwig Wilhelm * 16.10.1771
oo in Blieskastel mit Anna Maria Kayser
III.4.) Louisa Charlotta Wilhelmina Theresia von Geismar,
* 23.05.1715 in Wetzlar, + 30.06.1768 in Gonnesweiler
oo 8. Juni 1733 mit de Latre de Feignies (siehe Genealogie de Latre de Feignies)
III.5.) Maria Anna von Geismar, verheiratete von Ro(u)ssillon,
* ? (vor 1725) + in Trier am 20.07.1782 (St. Laurentius), Beerdigung lt. Trierisches Wochen-Blättgen, Nr. 30 vom 28ten Heumonat 1782, am 23.07.1782.
oo 06.02.1738 Ludwig von Roussillon (siehe oben Genealogie von Roussillon)
Fußnote VI): Genealogie der Familie de Latre de Feignies
I. Peter Ernst de Latre,
Ritter, Herr von Haute-Feignies, Rombies, Annay usw.
oo Maria Katharina de Landas
II. Florentius de Latre de Feignies
Herr zu Ressay
oo Anna Maximiliane von Schellart
III.: Joseph Florentin de Latre de Feignies, * 1705 in ? + 18.05.1758 in Gonnesweiler
oo 08.6.1733 in Mainz mit Louisa Charlotta Wilhelmina Theresia, geb. von Geismar,
* 24.05.1715 in Wetzlar, + 30.06.1768 in Gonnesweiler
Kinder:
IV.a.: Carolina Antonia Friderica Wilhelmina Christina Maria Anna,
* 11.05.1735 in Gonnesweiler + 1804 in Kamp am Rhein
Nonne, Priorin und letzte Äbtissin des Klosters Oberwerth bei Koblenz;
IV.b.: Ludovicus Wilhelmus Johannes Nepomucus,
* 04.05.1738 in Gonnesweiler + ?
Paten: Ludovicus de Roussillon aus Wertenstein
und Wilhelmina Theresia de Montigny, geb. von Geismar,
IV.c.: Christianus Wilhelmus Franciscus Carolus Ignatius Johannes Nepamucus,
* 25.07.1741 in Gonnesweiler + 2.5.1815 auf dem Marienpforterhof
Paten: Franciscus Henricus Liber Baron de Breidebach (von Bürresheim?),
Princeps Wilhelmus aus Saarbrücken, Carolina Bipontinae,
Ludovica (Louise) de Dhaun, nata Serenissima Princeps de Nassau,
Baron de Montigny, Capit. Cohortis,
oo vor 1769 Augusta Juliana Josepha Friderica,
geb. von Gemmingen-Massenbach, * in ?, + (in Mainz?)
Kinder: IV.c.1.: Franziscus (Franz) Josephus Ludovicus Bernardus Johannes Nepomuc
Wunibaldus, * 07.01.1769 in Gonnesweiler + 14.1.1813 Marienpforterhof
Paten: Franciscus Carolus L.B. Latre de Feignies, Con-
Dominus in Gonnesweiler, Theley, Lauschied,
Josephus L.B. de Gemmingen-Massenbach,
Ludovica de Linden, Elisabetha Bernardine de Bach, geb.
Baronin de Gemmingen-Massenbach, Johannes Daniel,
Jodocus de Bach,
oo I.Ehe: Philippine Weber (Tochter des Schumachers Georg Weber)
* ? + 28.10.1811 Marienpforterhof
Kinder: IV.c.1.a.: Eva Christina Feignies * 2.9.1801 + 1849
oo Heinrich Wilhelm Barbier
IV.c.1.b.: Elisabetha Wilhelmine Feignies * 14.2.1804 + ?
oo II. Ehe: (27.2.1812) Anna Margaretha Thres * ca 1796/97 + 1827
war bei der Hochzeit 15 Jahre alt, Tochter des
Hofverwalters Johann Philipp Thres,
IV.c.2.: Christiana Franzisca Amalia, * 10.04.1774 in Gonnesweiler + ?
Paten: Freiherr von Salm-Kyrburg und Gräfin von Dhaun,
Maria Anna von Massenbach, Amalia de Feignies,
Franzisca von Massenbach, Margaretha Blandin, Tholey,
IV.c.3.: Elisabeth Henriette, * 24.7.1777 in Kirn + 12.10.1790 in Kirn
IV.d.: Charlotta Christina Maria Francisca Walburga,
* 08.02.1743 in Gonnesweiler + ? Priorin des Klosters Machern/Mosel,
Paten: Baron Carolo (Carl) de Roussillon,
Dominica libera Baronesse de Kerpen aus Illingen, nata de (Mohr) de Walt,
IV.e.: Sophia Ludovica Christina Scholastica Walburga Johanna Nepomucenus
* 31.01.1746 + ?
Paten: Christianus de Dhaun, Sophia Ludovica D'ohar (D'Hame?)
Carolina de Feignies, Gonnesweiler
IV.f.: Friedrich Fortunatus Ignatius Franciscus Xaverius Johannes Nepamucenus
* 10.07.1750 in Gonnesweiler + 29.01.1754;
Paten: Friedrich de Roussillon, Baron Fortunato de Jacob zu Hochlach,
Gerlacus Fritsch, Maria Anna de Roussillon, Witwe, geb. Baronesse de
Geismar und Weltpurg (?)
IV.g.: Maria Anna Francisca Johanna Walburga
* 26.07.1753 in Gonnesweiler + 03.01.1782 in Wadern
Paten: perilustri Maria Anna de Roussillon, vidua vices jupplente,
perilustris et gratiosa virginis Maria Anna de Walte,
canonissa de sancta Maria Metis [von Metz] et
reverendissimo et illustrissimo domino libero [Freiherr]
Barone Francisco de Schmitburg ecclesia metropolitana trevirensis canonico etc.
Jacob Emmerich, Gonnesweiler;
oo 1770 August 2. Ferdinand Franz August von Massenbach * 16.7.1743 + 23.5.1815
Kinder: IV.g.1.: Maria Johann Adam Franz * 4.7.1771 + 12.2.1826
IV.g.2.: Maria Wilhelm Josef 2. Aloys * 28.6.1773 + vor 1785 ?
IV.g.3.: Josef Anton * 17.11.1774 in Wadern + 17.10.1781 in Wadern;
IV.h.: Ludovica Charlotta Adriana Honorata,
* 22.01.1755 in Gonnesweiler + ?
Paten: Domina Hauth, Domicilla Honorata de Euler von Perfenheim,
Adriana de Latre, Jacob Emmerich, Gonnesweiler
Fußnote VII:
Das Tagebuch des Landgrafen Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt
Den 13. [Januar 1772] dieses [Monats] sind es 7 Jahr, daß Ich in Wien bin angekom[m]en. Vom
13. ist auch meine Dimission aus Wien datirt."
Den 15. [Januar 1772] dieses [Monats] sind es 7 Jahre, daß ich das Kayserliche Regiment
bekom[m]en habe."
Seitdem der Landgraf seine Dimission aus Österreichischen Militärdiensten erhalten hatte,
lebte er zurückgezogen in Pirmasens. Hier baute er sich sein eigenes privates Heerlager auf und
konnte nun seiner Militärpassion fröhnen. Es ist mehr als verwunderlich, dass er zuerst in
preußischen und dann in österreichischen Diensten stand. Wie konnte das geschehen? Die beiden
Mächte waren zu dieser Zeit unvorstellbar befeindet. Die Große Landgräfin Caroline, seine Frau,
blieb Zeit ihres Lebens dem Preußenkönig Friedrich II. eine treue Anhängerin.
Mit der Gesundheit des Landgrafen Ludwig IX. stand es nicht zum Besten. Sein Rückzug aus
allen öffentlichen und geselligen Ereignissen - offiziell blieb er jedoch regierender Landesherr -
muss einen gravierenden Grund gehabt haben. War der Landgraf ein Syphilitiker? War seine
Psyche so angegriffen und gezeichnet von der Krankheit, dass er freiwillig auf alle Regierungs-
und Repräsentations-Pflichten verzichtete oder gar gezwungener Maßen Verzicht leisten musste?
Seit mehreren Jahren hatte er Darmstadt gemieden. Er verkehrte" mit seiner Frau fast nur
noch schriftlich. Sie besuchte ihn manchmal - bei Gelegenheit auf der Durchreise - in Pirmasens,
er sie fast nie in Darmstadt. Einzige Ausnahme ist ein Zeitraum von Anfang Juli bis Anfang
Dezember 1772, währenddem er sich in der Nähe von Darmstadt aufhielt und die Landgräfin ihn
öfters besuchte, weil er schwer erkrankt war. Sie notierte Fieberanfälle ihres Mannes in ihr
Tagebuch. Caroline Flachsland schrieb an Herder (125. Brief: [Darmstadt] den 7t. August 72):
Der Landg[raf] sitzt schon etliche Wochen in der Nähe auf einem Lustschloß, und will nicht in
der Stadt wohnen, um die GeheimeRäthe nicht zu sehen, die er von seinem Angesicht verbannt
hält. Alle Lieutenants werden hinaus geladen ... " Sogar bei der Verlobung seiner Tochter Amelie
mit dem Erbprinz von Durlach in Bergzabern war er nicht anwesend. Er notierte in sein
Tagebuch:
Den 18ten Januar [1774] hat mir der Hertzog von Zweibrücken die Nachricht gebracht, daß
der Eheverspruch zwischen dem Erbprintzen von Durlach und meiner Tochter Amelie in
Bergzabern geschehen seye."
Und die folgenden Einträge im Tagebuch sind noch verwirrender:
Mittwoch 17. August [1774]: Dato hält der Cam[m]erdiener Pilger Hochzeit. Heute ist der
Pfarrer Spoor wieder abgereyßt. 28.802 Marches sind fertig."
Donnerstag 18. August [1774]: Heute sind 28.810 Marches fertig."
Freitag 19. August [1774]: Sind 28.816 Marches fertig."
Samstag 20. August [1774]: Hat die Madame purgirt. Wurden 28.823 Marches fertig."
Irgendwo steht, dass mit den Marches" Militärmärsche gemeint seien. Das heißt, am
Donnerstag hätte er 8 Märsche komponiert, am Freitag 6 Märsche und am Samstag noch einmal
7 Märsche. Nur komisch, dass kein einziger Militärmarsch erhalten geblieben ist. Da muss etwas
anderes mit Marches" gemeint gewesen sein.
Dreimal wird ein Obrist-Lieutenant von Roussillon erwähnt:
Mittwoch 7. September [1774]: Heute wurden 28.910 M. fertig. Dato ist der Obrist-Lieutenant
von Roussillon von Churpfalz einpaßirt."
Donnerstag 8. September [1774]: Wurden 28.918 Marches fertig."
Freitag 9. September [1774]: Sind 28.924 Marches fertig."
Samstag 10. September [1774]: Ist der Obrist-Lieutenant von Roussillon wieder abgereißt.
28.930 Marches fertig."
Den 15. December [1774]: Roussillon von Rodalben."
In mehreren Jahrgängen ist im Tagebuch eingetragen: Zu Bruchsal sind folgende Cavalliers:
O[ber] Amtmann zu Kislau: v. Geismar."
Nun komme ich zu dem berüchtigten Eintrag, der angeblich beweisen soll, dass das ältere
Fräulein von Roussillon, namens Sophie Henriette, Goethes Urania gewesen sein soll:
Sonntag 18. Aprilis [1773]: Dato ein Brief von der Frau Landgräfin sbr. [selber] erhalten. ...,
28 [bedeutet wohl: der 28. Brief].
Den 18ten abends um 7 Uhr ist die Fräulein v. Roussillon bei der Frau Herzogin Dchl. im 45ten
Jahr ihres Alters gestorben u. wird den 21ten begraben."
Dienstag 20. Aprilis [1773]: [...]diesen Mittag um 3 Uhr ist die Frau Landgräfin [die Große
Landgräfin - seine Ehefrau] angekom[m]en. Der 28.105te Marchs ist fertig.
Den 20ten ist der Hauptmann von Wolfsgarten von dem Fürsten von Saarbrücken expresse hier
angekom[m]en, um sich wegen meiner Kranckheit zu erkundig[en]."
Zuerst möchte ich den letzten Eintrag erläutern: Der Hauptmann von Wolfsgarten kam nicht
etwa von Saarbrücken nach Pirmasens expresse" gefahren, um sich nach dem
Gesundheitszustand des Landgrafen zu erkundigen. Die Umschreibung um sich wegen meiner
Kranckheit zu erkundigen" soll heißen um sich zu erkundigen, wie die Ärzte meine Krankheit
behandelt haben". Um welche Krankheit des Landgrafen von Hessen-Darmstadt handelte es
sich? Ich tippe auf die Syphilis. Und wer fragte an? Nicht der Hauptmann von Wolfsgarten, das
hätte dieser niemals von sich aus gewagt, sondern sein Dienstherr, der Graf Wilhelm Heinrich
von Nassau-Saarbrücken.
Am 20. April 1773 um 3 Uhr am Nachmittag kam die Große Landgräfin Caroline in Pirmasens
an. Sie stand vor dem größten Abenteuer ihres Lebens: kurz vor der Abreise zur Brautschau"
nach Petersburg, wohin eine ihrer drei Töchter an den zukünftigen Zar von Russland verheiratet
werden würde. Um jeden Verdacht eines Skandals zu vermeiden, ließ sie ihren psychisch
kranken Ehemann im Irrtum, es handele sich um das ältere Fräulein von Roussillon. Dass eine
jüngere Roussillon in die Dienste ihrer Mutter, der Herzoginwitwe Caroline von Pfalz-Zweibrücken getreten war, wusste der Landgraf nicht, weil er bereits seit Jahren nur höchst
selten in Darmstadt und noch weniger in Bergzabern bei seiner Schwiegermutter gewesen war.
Wenn der Landgraf von Hessen-Darmstadt ein Syphilitiker war, der wegen psychischer
Auffälligkeiten seit mehreren Jahren (seit seiner Rückkehr aus Wien) nur noch höchst selten
öffentlich in Erscheinung trat, der wegen der schweren psychischen und physischen
Auswirkungen (moralische Enthemmung und zugleich Neurasthenie (Nervenschwäche), was
beim Militär leicht als Feigheit ausgelegt werden konnte) seiner Krankheit den Militärdienst
(zuerst in der preußischen und dann in der k. und k. Armee) quittieren musste, so kann die Große
Landgräfin Caroline ihm auch niemals die Wahrheit über die Liebestragödie des Dichters
Wolfgang Goethe mit der adeligen Henriette Alexandrine von Roussillon erzählt und noch viel
weniger schriftlich anvertraut haben. Ich bin sogar überzeugt, sie ließ ihren kranken Gemahl
absichtlich in dem falschen Glauben, es handele sich bei der Verstorbenen um die ältere
Roussillon. Je weniger Menschen die genauen Personen und Vorgänge, die zum Tode der
Rossillon geführt haben, bekannt waren, um so weniger bestand die Gefahr eines Skandals an
ihrem Hofe. Und das noch kurz vor der Verheiratung einer ihrer Töchter an den Zarenhof in
Petersburg.
Aus diesen Gründen und Überlegungen halte ich den Eintrag des Landgrafen Ludwig IX. in
seinem Tagebuch vom 20. April 1773 für eine falsche Vermutung und keineswegs für einen
endgültigen Beweis dafür, dass die ältere Sophie Henriette von Roussillon Goethes Urania war.
 © 2002-2006 Lothar Baus
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